Glut der Versuchung
Zärtlichkeit hatte sie in ehrfürchtiges Staunen versetzt. Zugleich war sie schockiert, wie bereitwillig sie sich ihm hingab. Ihr Verlangen war so stark gewesen, dass es sie beinahe zum Weinen brachte.
Arden weckte eine unvorstellbare Leidenschaft in ihr. Kein Wunder, dass sich die Frauen überschlugen, um mit ihm das Bett zu teilen.
Dennoch war es keineswegs sein Können als Liebhaber, das sie erschütterte. Es war vielmehr seine Zärtlichkeit.
Roslyn schloss die Augen und genoss das Gefühl, von seinen starken Armen gehalten zu werden. Der Regen hatte ein wenig nachgelassen und war nur noch ein leises Tröpfeln. Auch der Wind heulte nicht mehr ums Haus. Trotzdem wollte Roslyn nicht gehen. Und vor allem wollte sie sich nicht der Ungeheuerlichkeit dessen stellen, was sie getan hatte.
Sie hatte ihm ihre Unschuld geschenkt.
Eigentlich sollte sie es zutiefst bereuen, denn damit hatte sie ihre langgehegten Pläne endgültig verworfen. Nun konnte sie Lord Haviland nicht mehr heiraten. Gentlemen wollten jungfräuliche Bräute.
Aber seltsamerweise war sie nicht so verzweifelt, wie sie es sein sollte. Vielleicht weil sie schon entschieden hatte, dass sie Haviland nicht heiraten wollte.
Wo sie allerdings mit dem Duke stand, war schwer zu sagen. Sie vermutete, dass er seinen Antrag wiederholen würde. Schließlich hatte sie die Zufriedenheit in seinem Gesicht gesehen, als er sie ...
Ein lautes Klopfen an der Tür ließ Roslyn aufschrecken. Arden erstarrte. Als es ein zweites Mal klopfte, löste sich rasch aus ihrer Umarmung und warf ihr die Decke über, bevor er aufsprang.
»Geh ins Schlafzimmer«, flüsterte er, während er sich die Kniebundhose zuknöpfte. »Wer das auch sein mag, ich schicke ihn weg. «
Aber es war zu spät. Er warf sich gerade die andere Decke über die Schultern und ging zur Tür, als sie weit aufschwang.
Der stattliche Gentleman, der hereinkam, blieb wie versteinert stehen. Sein Blick wanderte von Arden zu Roslyn, die gerade erst aufgestanden war.
Als sie Squire Goodey erkannte, einen der größten Landeigner in der Gegend, wollte Roslyn im Boden versinken. Wenigstens hatte sie es geschafft, ihr Hemd hochzuziehen und sich fest in den Quilt zu hüllen; aber ihr Haar war furchtbar zerzaust, und unten lugten ihre nackten Füße aus der Decke, von ihrer übrigen Kleidung und der des Dukes ganz zu schweigen, die an den Wandhaken hingen.
Der Squire riss die Augen weit auf, als er sie ebenfalls erkannte. »Miss Loring! Was in aller ... «
Arden stellte sich schützend vor sie, doch Roslyn sah, wie das ohnehin gerötete Gesicht des Squires dunkelviolett anlief, als er begriff, dass er ein Schäferstündchen unterbrochen hatte.
»D-Durchlaucht ... Ver-vergeben Sie mir«, stotterte en
»Mr. Goodey, nicht wahr?«, sagte der Duke gelassen. »Ich glaube, wir sind uns gestern Abend auf dem Haviland-Ball begegnet. «
»Ja, Sir ... Durchlaucht. Ich wollte nicht ... Meine Frau und ich sahen einen Zweispänner am Weg stehen und dann Rauch aus dem Schornstein aufsteigen. Da wollte ich mal nachsehen. Sie wartet in der Kutsche ... «
Was sie offenbar nicht tat, denn nun tauchte eine rundliche Matrone im Türrahmen auf, die sich den Regen aus ihrem Umhang schüttelte. »Ralph, wieso dauert das ... Oh mein Gott! «
Roslyn wollte sterben. Was für ein furchtbares Unglück, ausgerechnet von Mrs Goodey entdeckt zu werden. Die Gattin des Squires war das größte Klatschweib zwischen London und Richmond. Sie hielt sich für einen Pfeiler der hiesigen Gesellschaft und hatte schon immer ihre große Nase über die Loring-Schwestern gerümpft - und das nicht bloß wegen der Skandale in ihrer Familie, sondern weil sie sich ihr tägliches Brot mit dem Unterrichten von Töchtern einfacher Kaufleute verdienen mussten.
Da sie überdies noch mit einem gänzlich unangemessenen Dünkel gesegnet war, erkannte sie ihre Heuchelei nicht einmal. Squire Goodeys Frau war die Erste gewesen, die vor dem neuen Earl of Danvers katzbuckelte und vorgab, froh zu sein, dessen Mündel wieder in die feinen Kreise aufnehmen zu dürfen.
Ihr Entsetzen war von einer unverkennbaren Schadenfreude getragen, als sie nun Roslyn sah. Die dichten Brauen hoben sich fast bis zum Haaransatz angesichts der Entdeckung des reserviertesten und vornehmsten der Loring-Mädchen, das soeben einen neuen Skandal lieferte. »Miss Loring ... ich traue meinen Augen nicht! «
Roslyns Bauch krampfte sich zusammen, kaum dass ihr die Folgen ihres Verhaltens
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