Glut in samtbraunen Augen
Schicksals, dass sie ihr größtes Glück ausgerechnet ihrem Onkel, der nie etwas für jemand anderen tat als sich selbst, zu verdanken hatte?
Vergisst du da nicht eine Kleinigkeit? meldete sich plötzlich eine leise, aber eindringliche innere Stimme. Eine wichtige Kleinigkeit, die du deinem geliebten Ehemann bisher verschwiegen hast?
Mit einem Mal schien sich eine eiserne Faust um ihr Herz zu legen, und sie schloss gequält die Augen, als ihr klar wurde, wie vergänglich das Glück war, das sie augenblicklich mit Cesare erlebte.
Was, wenn er erfuhr, dass sie ihn die ganze Zeit über belogen hatte? Dass sie die Komplizin ihres Onkels war, seine gefährlichste Waffe, die ihn am Ende über Cesare triumphieren lassen würde?
Dass sie mit dem Wissen mit ihm vor den Traualtar getreten war, niemals Kinder bekommen zu können?
Er wird mich hassen, beantwortete sie sich ihre Fragen selbst, und ein Gefühl unendlicher Traurigkeit breitete sich in ihr aus. Er wird mich hassen und trotzdem bei mir bleiben, und das nur, um Fatto in CaSa nicht zu verlieren.
Sie schluckte. Was hatte sie da nur angerichtet?
10. KAPITEL
Am nächsten Tag saß Vanessa schon früh auf der Terrasse der Villa, während Cesare sich in seinem Arbeitszimmer um einige geschäftliche Angelegenheiten kümmerte.
Nachdem sie mitten in der Nacht mit der Etruria wieder im Hafen von Populonia eingelaufen waren, hatten sie sich auf den Rückweg nach Fornaci gemacht, ohne noch einmal über das zu sprechen, was auf der Jacht zwischen ihnen vorgefallen war.
Doch Vanessas Gedanken kreisten seitdem eigentlich nur noch um dieses Thema.
Die Erkenntnis, dass sie Cesare liebte, machte zu ihrer Verzweiflung alles nur noch schwieriger. Was sollte sie jetzt bloß tun? Mit jeder Faser ihres Herzens wünschte sie sich, Cesare endlich die Wahrheit sagen zu können. Er sollte das, was sie ihm verschwiegen hatte – dass sie niemals würde Kinder bekommen können –, endlich erfahren.
Doch das ging nicht. Sie musste an Grace und Sam denken. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass ihr Onkel seine Drohung, die Fünfjährige aus der Obhut ihres Ziehvaters zu reißen, wahr machen würde. Und bisher hatte Carl Mason, wie sie durch Sams Anruf vor Kurzem wusste, noch keinerlei Anstalten gemacht, seine Ansprüche auf Grace zurückzuziehen. Obwohl er seine Tochter kaum kannte, bestand die Gefahr, dass ihm die Kleine vom Gericht tatsächlich zugesprochen wurde, wenn er es darauf anlegte.
Vor allem, wenn er einen einflussreichen Mann wie Charles Carlisle auf seiner Seite hatte.
Doch dazu durfte es auf keinen Fall kommen! So sehr sie Cesare auch liebte, sie würde ihr eigenes Glück nicht über das ihrer kleinen Nichte stellen. Andererseits wusste sie nicht, wie lange sie diese Lüge weiter aufrechterhalten konnte, und sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, wie Cesare reagierte, wenn er die Wahrheit erfuhr.
„Spielst du mit mir?“
Vanessa blinzelte die Tränen fort, die ihr in den Augen standen, und zwang sich zu einem Lächeln, als sie Felicia erblickte. Die Kleine wirkte noch immer zu blass und zu ernst für ihr Alter, aber dass sie wieder sprach und offenbar Vertrauen zu ihr gefasst hatte, war schon ein großartiger Fortschritt, den sie nicht aufs Spiel setzen wollte, nur weil sie von persönlichen Sorgen und Problemen gequält wurde.
„Was möchtest du denn spielen?“, fragte sie und klopfte einladend auf die Sitzfläche des freien Stuhls neben sich. „Mensch ärgere dich nicht? Oder was hältst du von Halma?“
Felicia schüttelte den Kopf. „Nein, darauf habe ich keine Lust?“
„Und worauf hast du Lust?“
Das Mädchen dachte einen Moment lang angestrengt nach. „Mit Luigi spiele ich manchmal Fußball, und im Kindergarten spielen wir immer ein Spiel, das heißt Lügen haben kurze Beine. Eigentlich ist es aber gar kein richtiges Spiel, weil überhaupt niemand gewinnt.“ Sie sah Vanessa aus ihren dunklen Augen ernst an. „Signorina Giulia sagt, dass es genau das ist, was wir lernen sollen: Wer lügt, ist am Ende immer der Verlierer, ganz egal, warum er es tut.“
Vanessa schluckte hart, dann stand sie hastig auf und trat ans Terrassengeländer, damit Felicia die Tränen, die ihr unweigerlich in die Augen getreten waren, nicht bemerkte. Sie konnte es sich selbst nicht genau erklären, aber die Worte dieses unschuldigen kleinen Mädchens hatten sie bis in die Grundfesten ihrer Seele erschüttert, und das aus einem ganz einfachen Grund: Weil sie eine
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