Glut und Asche
Frau? Was haben sie vor?«
Andrej bemühte sich, eine Antwort zu formulieren, ve r schluckte sich an einem Klumpen schleimigen Blutes und wäre um ein Haar tatsächlich erstickt, hätte er sich nicht würgend und qualvoll übergeben. Marcus wich dem übel riechenden Strahl hastig aus, machte ein angeekeltes Gesicht und wandte sich dann an einen der beiden Soldaten. »Machen Sie weiter.«
Der Mann streckte die Hand nach einer Zange aus, die in e i ner Schale voller glühender Kohle lag, drehte sich aber dann noch einmal zu Marcus um. »Vielleicht ... sollten wir ihm eine Pause gönnen, Sir«, sagte er widerstrebend und ohne Marcus dabei direkt anzusehen. »Dieser Mann hat-«
»Sie sollen weitermachen, habe ich gesagt!«, unterbrach ihn Marcus schneidend. Der Mann zögerte noch einmal, griff aber dann doch nach dem mit einem rußigen Lappen umwickelten Griff der Zange, und Andrej begann erneut zu schreien.
Wieder waren rufende Stimmen und Laute allgemeiner fe r ner Aufregung das Erste, was an sein Bewusstsein drang und auch dann wieder der Gestank von verbranntem Fleisch - die s mal eindeutig seines eigenen. Er brauchte länger, um die roten Schleier vor seinen Augen wegzublinzeln, und korrigierte sich müde: Er war in der Hölle. Marcus und seine beiden Folte r knechte waren ebenfalls noch da, doch die beiden Männer ha t ten nicht mehr die Kraft, ihm in die Augen zu sehen.
»Das kann jetzt so lange so weitergehen, wie Sie es wollen, Mister Delany «, sagte Marcus. »Reden Sie! Wo ist Ihr Freund? Wo versteckt sich die Frau, und was haben sie vor?«
Andrej spuckte ihn an - die einzige Antwort, zu der er i m stande war. Marcus versuchte nicht einmal auszuweichen, so n dern schloss nur für einen Moment die Augen, bevor er sich mit dem Handrücken durchs Gesicht fuhr und eine angewiderte Grimasse zog. »Ganz, wie Sie meinen«, sagte er kalt. »Macht weiter.«
Einer der Männer griff nach einem Messer, doch der andere schüttelte voller Angst den Kopf, aber auch sehr entschlossen. »Ich kann das nicht mehr, Sir«, sagte er »Es tut mir leid.«
»Sie können nicht mehr?«, sagte Marcus. »Ich verstehe. Dieser Mann tut Ihnen leid, ist es so? Er ist ein Verbrecher. Muss ich Sie daran erinnern?«
»Aber er ist auch ein Mensch, Sir«, erwiderte der Mann.
»Ein Mensch?« Marcus machte ein Gesicht, als müsse er über diese Eröffnung nachdenken. »Wenn Sie das glauben ...« Er wandte sich an den zweiten Mann. »Holen Sie den Jungen. Er ist in meinem Büro. Wenn er schon schläft, dann wecken Sie ihn.«
Der Mann verschwand, sichtlich erleichtert, diesem Ort des Grauens wenigstens kurzzeitig entkommen zu können. Andrej wusste nicht, wie lange er fortblieb, vielleicht nur Augenblicke, vielleicht eine Ewigkeit. Sein Bewusstsein zog sich in einen schmalen Bereich zwischen dem Hier und dem Nirgendwo z u rück, in dem nichts mehr eine Rolle spielte, nicht einmal mehr die Zeit. Er litt immer noch Schmerzen, als hätte die endlose Folter irgendetwas in ihm zu ebenso furchtbarem wie unau f haltsamem Eigenleben erweckt.
Das Geräusch der Tür riss ihn wieder in den Albtraum der Wirklichkeit zurück. Der Soldat war wieder da, und er hatte jemanden mitgebracht. »Frederic?«, murmelte er schwach.
»Ben«, antwortete der Junge. Er wandte sich an Marcus. »Er sagt immer Frederic zu mir, Sir. Ich weiß nicht warum.«
»Schon gut, mein Junge«, antwortete Marcus. »Erzähl uns doch einfach, was er deiner Freundin angetan hat. Dem Mä d chen.«
»Bess?«
»Wenn das ihr Name war.«
»Er hat sie getötet, Sir«, antwortete Frederic, perfekt im quengeligen Ton eines Kindes, das vergeblich versucht, seine Angst zu überspielen.
»Das wissen wir. mein Junge«, sagte Marcus beinahe sanft. »Erzähl uns, was er vorher mit ihr getan hat. Was hat er von ihr gewollt?«
»Sie ... sie musste sich immer für ihn schön machen«, an t wortete Frederic. »Er... er hat ihr... Kleider geschickt. Schöne Kleider, wie die einer richtigen Frau, nur viel kleiner. Und Schminkzeug. Sie musste sich immer schminken, bevor die Kutsche kam.«
»Welche Kutsche?«, fragte Marcus.
Frederic zuckte die Achseln. »Er hat sie immer mit einer Kutsche abholen lassen, wie eine richtig feine Lady. Und wenn sie zurückkam, dann hatte sie Geld. Eine Menge Geld.«
Marcus warf Andrej einen verächtlichen Blick zu, lächelte dann aber wieder gezwungen. »Und wofür hat er ihr dieses Geld gegeben, mein Junge?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Frederic. »Aber
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