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Glutnester

Glutnester

Titel: Glutnester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Streng dich an. Wenn man will, lässt sich immer was finden.« Ben ist kurz vorm Durchdrehen.
    »Wo nichts ist, kann man nichts finden. Schon gar nicht, wenn’s sich um die Wegener handelt. Glaub’s mir, Ben. Ich hab Augen im Kopf. Und außerdem, was willst du von der? Ist die nicht ’ne Spur zu alt für dich? Attraktiv schon, versteh mich richtig. Aber die Falten um die Augen, da nützt auch keine Anti-Aging-Creme oder wie das teure Zeug heißt. Und von allein gehen die bestimmt nicht weg.«
    »Ist Sprücheklopfen neuerdings dein Ding oder ist dein Gehirn aufgeweicht? Was soll der Schwachsinn mit dem Alter? Das klingt für mich irgendwie rassistisch. So nach dem Motto: Die Jungen halten zusammen. So was in der Art. Ich hab dich nicht um einen privaten Ratschlag gebeten.«
    »Ich geb ihn dir trotzdem. Ist ja sonst kein Aushalten mit dir. Wenn du mich fragen würdest, könnte ich dir schon was sagen. Geh heute Abend mal zu ihr hin und sag ihr, was du von ihr willst. Nämlich sie in die Kiste kriegen. Oder lass, verflixt noch mal, deine Pranken von ihr. Alles andere ist Zeitverschwendung. Und an die Nieren geht’s auch. Dir und mir.«
    »Danke, darauf hätt ich selbst auch kommen können.« Ben muss sich gewaltig zurückhalten, seinem Kollegen nicht tatsächlich an die Gurgel zu gehen. In die Kiste kriegen! Klar, er hatte ja recht. Aber bei ihm klingt es – vielleicht dadurch, wie er es ausspricht oder durch seinen lüsternen Blick –, als wäre die Sache von vornherein seltsam verschmutzt. Das Ganze nimmt etwas Unanständiges an. Etwas, das man nicht tun sollte, wenn man heil davonkommen wollte.
    »Dann tu’s, Ben. Und falls nicht, nehm ich die nächsten zwei Wochen Urlaub. Bis dahin brennen bei dir nämlich endgültig die Sicherungen durch. Mit dazugehörigem Kater. Und bei dem Szenario, davon kannst du ausgehen, will ich bestimmt nicht dabei sein.«
    Ben drängt jeden weiteren Gedanken an Elsa an die Peripherie seines Gehirns. Er sieht und hört regelrecht die Raketen, die sich auf seinem emotionalen Radar zeigen. Jede einzelne durch ein Wort seines Kollegen ausgelöst und auf ihn abgefeuert. Doch seltsamerweise ist da noch etwas anderes. Ein neues, fremdartiges Gefühl. Er will Elsa vor seinem Kollegen beschützen. Was hat der bloß ständig mit ihrem Alter? Er selbst hat nie ernsthaft darüber nachgedacht. Für ihn ist Elsa alterslos. Sie ist hübsch. Ach was, das ist zu wenig. Sie ist irgendwie schön. Von einer Schönheit, die man nicht auf den ersten Blick mitkriegt. Und vermutlich auch nicht jeder. Sie ist seine Schönheit. Er will der Einzige sein, der ihre Schönheit gebührend würdigt. Aber wie’s scheint, hat sie daran kein Interesse. Nach einem kurzen Strohfeuer, einem regelrechten Kussfeuerwerk, ist sie erloschen. Wie eine Sternschnuppe. Ob Karl Degenwald dahintersteckte? Der kühle, niemanden an sich heranlassende Degenwald, der mit Frauen so gar nichts am Hut zu haben schien? Verhinderter Jurist, der bei der Kripo gelandet war. Unsinn!, würgt Ben den Gedanken im Vorfeld ab. Gerade noch rechtzeitig. So einer wie Degenwald kann ihm nicht gefährlich werden. Es muss an etwas anderem liegen. Vielleicht an ihrem Ex-Mann? Hartmut hieß er. Der Richter aus Köln. Man konnte nie wissen. Ex-Männer bereiteten ihren Nachfolgern oft gehörige Probleme. Egal, er wird sie trotzdem erobern. Die Frau des Richters. Und wenn er alle Geschütze auffahren muss. Er will Elsa. Und er wird sie bekommen. Er muss lediglich ein bisschen Geduld aufbringen. Muss sie umwerben, wie die Typen in diesen verkitschten Komödien es tun. Tausend Teelichter im Zimmer, Rosenblätter auf dem Bett verstreut, kleine Geschenke und immer ein offenes Ohr. Unnötige Verzögerung, aber anscheinend manchmal notwendig.
    »Bei der Frau fällst du auf die Nase, schlägst richtiggehend auf und blutest hinterher, Ben. Auch wenn du ansonsten ein echter Frauentyp bist. Die Wegener ist anders. Ich weiß nicht, wie genau und weshalb. Aber sie ist anders. Mein Wort drauf.«
    »Halt die Klappe, oder ich schmier dir eine.«

17. Kapitel
    Degenwald weiß, dass er um die Zeit niemanden mehr in der Redaktion der Chiemgau-Zeitung antreffen wird. Deshalb steuert er, auf gut Glück und um den Überraschungseffekt nicht zu verschenken, die Privatadresse Gerd Speckbachers an. Niederfeldweg. Das ist ganz in seiner Nähe, grübelt Degenwald. Er fährt die Unterwössener Hauptstraße entlang, biegt in die Alte Dorfstraße, dann einmal rechts weg und danach

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