Glutopfer. Thriller
sie auf dem Bildschirm besser zu sehen ist.
»Sieht aus, als wäre er nicht ganz fertig geworden«, sagt Daniel. »Kann sein, dass es nur an der Auflösung liegt, aber ich glaube, wir haben ihn gestört.«
24
Sam parkt vor dem Verwaltungsgebäude der Potter Correctional Institution, legt Handy und Waffe ab und schließt Letztere samt Halfter im Handschuhfach ein. In der Justizvollzugsanstalt sind Waffen nicht erlaubt, und sie darf ihre nur mit auf das Gelände bringen, weil sie Beamtin der staatlichen Strafverfolgungsbehörde ist und hier dienstlich zu tun hat.
Während sie auf den Kontrollraum zugeht, hat sie zwei Gedanken im Kopf, einen warmen, wohltuenden, und einen kalten, der beängstigend ist.
Der erste Gedanke gilt Daniel. Sie muss feststellen, dass sie oft an ihn denkt, an ihre gemeinsam verbrachte Zeit, sowohl in Miami als auch hier, und dass sie sich darauf freut, wieder mit ihm zusammen zu sein.
Als sie sich dem Haupteingang nähert, denkt sie nicht mehr an Daniel und all die Komplikationen, die er in ihr Leben bringt, sondern an den Phönix, was eher quälend und unheimlich ist. Sie findet es aufregend, mit ihm zu reden, ist allerdings auch nervös und ängstlich. Außerdem hat sie keine Ahnung, was sie sagen soll und was sie eigentlich von ihm will. Aber sie weiß einfach nicht, was sie sonst machen könnte.
Nachdem sie sich eingetragen, Marke und Ausweis vorgezeigt und das Personenalarmgerät an ihren Gürtel geklemmt hat, wird sie durch die Fußgängerschleuse in den Sicherheitstrakt geführt. Das laute Summ-Plopp der elektronischen Schlösser geht ihr voraus, und hinter ihr schlagen metallene Türen mit ohrenbetäubendem Knall wieder zu.
Sam atmet einige Mal tief durch und versucht, jenes enge, hilflose, klaustrophobische Gefühl abzuschütteln, das sie immer überfällt, wenn sie sich unbewaffnet an solchen Orten aufhält.
Zu Beginn jeder Schicht teilt der befehlshabende Beamte ein A-Team und ein B-Team ein, die reagieren müssen, wenn Alarm ausgelöst wird. Zu diesen fünf- oder sechsköpfigen Teams gehören Vollzugsbeamte aus allen Bereichen der Institution, die zunächst in der Zone eingreifen, aus der das Alarmsignal laut Anzeige im Kontrollraum kommt. Das zweite Team ist für den Fall da, dass der Alarm in der einen Zone von einem Ausbruchsversuch in einer anderen ablenken soll oder sogar einen Hinterhalt für das erste Team darstellt.
»Gleich hier entlang, Ma’am«, sagt der weibliche Lieutenant, eine pummelige Weiße mit maskulinem Gehabe.
Sie wird durch einen langen, schmalen Korridor mit Büros, einem Lagerraum und einer Arrestzelle zum kleinen Besucherraum geführt, in dem ein Klapptisch und darum herum vier Plastikstühle stehen.
»Sie können schon mal Platz nehmen«, sagt die Beamtin. »Miss Lopez wird jeden Moment hier sein, und der Häftling wird gerade vorbereitet.«
»Danke.«
Auf ihre Frage, mit wem sie über den Phönix sprechen könnte, hatte der Wärter ihr die Psychologin DeLisa Lopez und den leitenden Geistlichen John Jordan als erste Ansprechpartner genannt. Der Geistliche ist in dieser Woche nicht in der Stadt und steht also nicht zur Verfügung, aber die Psychologin hat einem Treffen zugestimmt.
DeLisa Lopez ist eine überraschende Erscheinung. Weil sie so bunt, kubanisch und sexy aussieht, weiß Sam, dass sie nicht einfach so als Psychologin im Staatsgefängnis von Nordflorida arbeitet, und fragt sich, welche Geschichte wohl dahintersteckt. Irgendetwas hat sie dazu gebracht, einen so ungewöhnlichen und gefährlichen Job anzunehmen wie Sam.
Die beiden Frauen, die einiges gemeinsam haben, lernen sich erst einmal ein bisschen kennen.
»Warum hat der Wärter gesagt, ich soll mit dem Geistlichen über Chabon reden?«, fragt Sam. »Wird er jetzt fromm?«
Lisa lacht.
»Nein«, sagt sie. »Unser Geistlicher ist was Besonderes. War früher mal Polizist. Als Chabon geflohen ist, hat er ihn zurückgeholt.«
Sam nickt und denkt, dass sie John Jordan gern kennenlernen würde.
»Sie ermitteln gegen einen Serienbrandstifter?«, fragt Lisa.
»Es ist eine Serie, und es hat mit Feuer zu tun«, sagt sie, »aber gewöhnliche Brandstiftung ist es nicht.«
Sam erzählt von dem Fall.
»Wir wissen so wenig über diese Verbrechen«, sagt Lisa. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es gewöhnliche Brandstiftung überhaupt gibt. Unser DSM , das
Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen
, klassifiziert Brandstiftung als Störung der Impulskontrolle, aber
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