Glutopfer. Thriller
gehabt, Spielchen gemacht, uns immer wieder abgelenkt.«
»Dieser Kerl macht mir wirklich Angst«, sagt Ben.
»Mir auch.«
Kennedy Todd Whitman, der legendäre Brandermittler, tritt in Sams Ermittlung ein, als wäre er überzeugt, von Gott selbst gesandt zu sein.
»Hallöchen, junge Dame«, sagt er, als er sich vor ihr aufbaut und ihr seine riesige Hand hinhält. »Ich bin Kennedy Todd Whitman, und ich bin die Erfüllung Ihrer Gebete.«
Seine Stimme ist tief und respekteinflößend, was zu dem schweren Zweimetermann passt, doch weil er jahrelang Feuer – in Form von Verbrechen und Zigaretten – geatmet hat, ist sie auch rau und grollend, als käme sie aus einem rauchigen Brunnen tief in ihm.
Der Bürstenschnitt unter dem riesigen Cowboyhut ist steif und stachlig und militärisch präzise, und die dunkle Haut, die aus seinem Hemd im Westernstil blitzt, wirkt fleischig und glänzt durch eine Spur Fett und Schweiß.
»Wenn das stimmt, hat Gott einen ziemlich fiesen Humor«, sagt sie.
»Couragiert. Das gefällt mir.«
»Na, da bin ich aber erleichtert.«
»Ach, verdammt, Jungs, das Fohlen hier ist ja nicht mal eingeritten.«
»Ich bin auf dem Weg zum Krankenhaus«, sagt sie. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich kann was für Sie tun. Ich hab über Feuer schon mehr vergessen, als das kleine Grillwürstchen, hinter dem ihr da her seid, je erfahren wird. Stan hat mich geschickt. Meinte, er schickt in den nächsten Tagen noch ein paar Agenten, aber ganz unter uns, das wird nicht nötig sein. Dann habe ich das kleine Arschloch schon längst in Gewahrsam.«
Stan will mich wohl verarschen.
»Die Akte liegt im Besprechungsraum«, sagt sie. »Machen Sie sich mit allem vertraut, und wenn ich zurück bin, können wir reden.«
»Wird gemacht, aber wundern Sie sich nicht, wenn der Fall gelöst ist, bevor Sie zurück sind, Schätzchen«, sagt er, dreht sich um und geht mit klackenden Cowboystiefeln über den Fliesenboden davon.
34
Er legt den Hammer auf der Werkbank ab, geht an den großen Elektrowerkzeugen vorbei, verlässt seine Werkstatt, die für ihn so etwas wie ein Zwischenspeicher ist, und betritt seine Galerie.
Der riesige Raum ist praktisch, hat aber sonst keine Bedeutung, ist nur eine Hülse. Doch was darin ist, das Werk seiner Hände, das ist von unschätzbarem Wert.
Er macht noch ein paar Schritte, aber nur ein paar. Wenn er zu nahe herangeht, sieht er den Umfang nicht mehr, das ungeheure Ausmaß dessen, was er geschaffen hat.
Der Raum wird von brennenden Fackeln und Kerzen erhellt, was nicht nur für Licht und Wärme sorgt, sondern das Gebäude und alles darin zum Leben erweckt, weil die Flammen auf jeder Fläche im Raum flackern und tanzen.
Genieße das Werk deiner Hände. Sei nie so beschäftigt, so ganz und gar konzentriert auf diese Mission, dass du kein Wohlgefallen mehr findest an jenem Gewaltigen, das der Herr durch dich tut.
Es ist gewaltig. Inspirierend. Bedeutungsvoll. Doch wird man es jemals erblicken?
Der Gedanke, dass er vielleicht als Einziger dieses Ehrfurcht gebietende Spektakel in all seiner Glorie sehen wird, beeinträchtigt die Erregung und die Freude dieses Moments. Natürlich, irgendjemand wird schließlich darüber stolpern, doch er will, dass es jene bald sehen, die sein Werk so aufmerksam studieren, und dass sie zur festgesetzten Zeit auch kommen.
Er hat ihnen alle Hinweise gegeben, die sie brauchen. Warum sind sie noch immer so weit davon entfernt, die Botschaft zu verstehen? Daniel Davis ist in dieser Hinsicht eine besonders große Enttäuschung. Er hat ihn für einen würdigen Dechiffrierer gehalten, war ganz sicher gewesen, doch bislang wirkt der Mann so beschränkt und unzulänglich wie alle anderen auch.
Sam wundert sich, dass Frances Rainy in Preacher Gibsons Zimmer ist. Schließlich liegt er im Koma. Was also kann sie für ihn tun?
Sie steht auf der anderen Seite des Betts und beugt sich gerade über ihn. Sam geht zu ihr hin, sodass sie sich gegenüberstehen.
»Irgendwelche Veränderungen?«, flüstert Sam.
Frances Rainy schüttelt den Kopf und spricht dann mit lauter Stimme zu Preacher.
»Er ruht sich nur aus und sammelt neue Kraft. Er wird bald ausgeruht aufwachen, dann geht es ihm gut.«
Sie richtet den Rand des Lakens über seiner Brust, drückt dann den Handrücken an seine Stirn und lässt ihn über die Wange gleiten.
Sie ist nicht als Therapeutin oder Angestellte des County gekommen. Sondern privat.
»Er ist ein wirklich guter Mensch«, sagt
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