Glutopfer. Thriller
verletzt und wehrlos, alles auf einmal, und sie spürt, wie sie erstarrt, sich verhärtet und sich wappnet.
»Wo zum Teufel habe ich dich da reingeritten?«
»In einiges.«
»Alles okay? Ich habe gehört, was Chabon mit dir angestellt hat.«
»Es geht mir gut. Bin nur müde.«
»Ich höre, bei dir werden ein Sheriff und ein Detective vermisst? Geht wohl alles ziemlich rasant.«
Was gerade passiert ist, weiß er noch gar nicht.
»Du brauchst Unterstützung bei dieser Sache«, sagt er. »Ich komme selbst.«
Sie braucht Unterstützung. Das hat sie ihm schon gesagt, aber ihn selbst will sie hier nicht haben.
»Gib mir noch ein paar Tage und ein paar Agenten aus Tallahassee. Wir kommen weiter.«
»Wer ist
wir
?«, fragt er. »Ich dachte, es ist niemand da, der dich unterstützt.«
»Ich nutze alle Ressourcen, die ich finden kann – Polizisten, Deputys, Feuerwehrleute. Wir kriegen ihn. Mit ein paar Agenten geht es wahrscheinlich schneller. Ich dachte, du wolltest mir welche schicken?«
»Ich arbeite daran. Es ist deine Ermittlung. Führ sie, wie du willst. Ich mache den Agenten aus Tallahassee Beine, aber vielleicht komme ich trotzdem. Nur, um dich zu sehen. Du fehlst mir. Ich habe viel über uns nachgedacht.«
»Ich muss los«, sagt sie. »Wir reden später.«
Brian lehnt seinen Kopf mit der frisch genähten Wunde vorsichtig an den Rücksitz und erzählt Sam und Daniel auf der Rückfahrt nach Pine Key, was passiert ist.
»Ich kam gerade aus dem Postamt. Hatte Werbematerial losgeschickt, das gestern schon hätte rausgehen müssen. Ich war allein. Gebäude und Parkplatz waren leer. Ich ging zum Wagen. Ich weiß noch, dass ich die Tür öffnen wollte, aber dann nichts mehr, bis ich in der Toilette im botanischen Garten wieder zu mir kam.«
»War er mit Ihnen in der Toilette?«, fragt Sam.
»Als ich aufgewacht bin, hat er mich gerade mit einer Videokamera gefilmt. Er war ganz in Schwarz – Handschuhe, Skimaske, Stiefel –, aber ich habe seine Augen gesehen. Sie waren … Ich weiß nicht, es lag bestimmt an dem Schlag auf den Kopf und an den Benzindämpfen, aber sie schienen zu glühen. Ich weiß, es ist verrückt, aber sie waren sehr dunkel und schienen trotzdem zu glühen.«
»Wie groß war er? Welche Statur?«
»Ungefähr meine Statur, würde ich sagen. Mindestens so groß wie ich. Vielleicht ein bisschen dünner. Schwer zu schätzen, wegen der Sachen, die er anhatte.«
»Fällt Ihnen noch was ein? Wie er sich bewegt hat, wie er roch, was er gesagt hat.«
Brian schüttelt den Kopf.
»Meinen Sie, er kommt noch mal zurück?«, fragt er.
»Eher nicht«, sagt sie, »aber wir behalten Sie im Auge.«
»Warum tut er mir das an?«
»Das wissen wir nicht genau, aber vielleicht hat er Sie und Ben wegen Ihrer Beziehung zu Daniel ausgesucht.«
»Wenn der Deputy nicht in diesem Moment gekommen wäre …«
Daniel lächelt.
»Dann wärst du jetzt weg vom Fenster.«
33
Sams Sondereinheit besteht jetzt noch aus zwei Polizisten von der Dienststelle in Bayshore, zwei Deputys aus Pine County und einem Mann von der Freiwilligen Feuerwehr, der Brandermittler werden will. Es wäre komisch, wenn es nicht so jämmerlich wäre.
Sie beschließt spontan, ihnen nichts von Brians Entführung und dem Abenteuer in der Nacht zuvor zu erzählen. Es würde sie nur ablenken, und sie sollen sich auf ihre Aufgaben konzentrieren.
Steve und Preacher werden noch immer vermisst, und nach wie vor sucht fast das ganze Department nach ihnen.
Sam schüttelt den Kopf. Wir werden ihn niemals fassen.
Natürlich müsste Stan mehr Unterstützung schicken, aber die ist noch nicht da, und mit zusätzlicher Unterstützung oder ohne – sie muss den Mörder festsetzen, und zwar schnell.
»Okay. Wir haben nicht viel Zeit. Wir haben nicht viele Ressourcen, aber wir können es schaffen. Wir, die wir jetzt gerade in diesem Raum sind. Wir dürfen nur nicht nachlassen.«
Die kleine Gruppe hört zu und nickt, aber Sam weiß nicht, ob sie zu allen vordringt. Der triste, fabrikartig trostlose Besprechungsraum wirkt weit weniger klein als bei der letzten Sitzung der Sondereinheit.
»Wir haben mehrere Ermittlungsansätze, die gute Chancen verheißen, sind aber nicht mehr so viele Leute. Also müssen wir die Aufgaben aufteilen und hart daran arbeiten, dass wir alles so weit verfolgen wie nötig. Denken Sie daran, es sind nur Anhaltspunkte, nur Vermutungen.«
Sie zögert einen Moment, doch als niemand etwas sagt, fährt sie fort.
»Zunächst haben
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