Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
Vom Netzwerk:
könnte auch sagen, dass er Angst hat, auf den Gleisen oder in der Nähe seines Hauses zu laufen, und das wäre nicht mal gelogen, doch diese guten Gründe sind nicht seine primäre Motivation. Wenn es ihm wirklich um die Wahrheit ginge, würde die lauten, dass er keineswegs zu müde zum Schlafen ist. Tatsächlich will er nur eines mehr als schlafen – und das ist Sam sehen.
    Der teils hinter dünnen Wolkenfetzen verborgene Halbmond beleuchtet den Strand und spiegelt sich in der glatten Wasserfläche des Golfs wie in Glas. Die Nacht ist warm, aber nicht heiß, und der Sand fühlt sich kühl an unter seinen bloßen Füßen.
    Die Wellen schlagen sanft ans Ufer, fast ohne Rauschen oder Klatschen, und bringen das leise Flüstern der Golfbrise mit.
    Nach dem Aufwärmen hat er nun ein gutes Tempo erreicht, seine langen Schritte hinterlassen kleine Kuhlen im Sand, doch er wird langsamer, als er sich dem Driftwood nähert.
    Sam hat ein Laken von dem Zusatzbett in ihrem Zimmer genommen, liegt nun eingehüllt in einem Plastikliegestuhl auf dem Balkon und genießt das leise Geräusch der sanften Brandung.
    Kaum zu glauben, dass sie noch nicht schläft. Das braucht sie inzwischen mehr als alles andere. Wie soll sie auch nur die Chance haben, diesen Kerl zu schnappen, wenn sie nicht in Bestform ist, und wie soll sie in Bestform sein, wenn sie sich so übernächtigt fühlt, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen oder irgendeine Form des inneren Zwiegesprächs durchhalten kann?
    Sie war in ihr Zimmer gekommen, hatte geduscht und sich halbwegs abgetrocknet, um dann sofort ins Bett zu fallen. Eine Stunde später war sie aufgewacht und hatte nicht wieder einschlafen können. Nachdem sie anschließend fast eine Stunde lang versucht hatte, wieder wegzunicken, hat sie ihren nackten Körper in das frische weiße Laken von dem Doppelbett gehüllt, das ihrem gegenüber steht, und ist hinaus auf den Balkon gestolpert. Die Geräusche des Meeres hatten sofort so beruhigend ­gewirkt, dass sie sich fragte, warum sie es nicht gleich ­damit versucht hatte.
    Jetzt liegt sie schon eine ganze Weile da, und ihre Lider werden schwer, was bedeutet, dass der Schlaf allmählich kommt. Sie kämpft kurz dagegen an und will gerade aufgeben, die Augen schließen und träumen, dass sie auf der glatten Wasserfläche des Golfs treibt, als sie ihn sieht.
    Da, weiter hinten, läuft Daniel Davis wie ein Trugbild der Phantasie über den Strand auf sie zu.
    Als er aufblickt und sie sieht, muss er eine Entscheidung treffen. Er kann entweder weiterlaufen, darauf hoffen, dass sie ihn nach oben einlädt und den ersten Schritt somit ihr überlassen, weil sie es schließlich war, die ihm zuvor einen Korb gegeben hat, oder er kann ein Risiko eingehen, seine Angst überwinden, einfach hinauf zu ihrem Zimmer laufen und notfalls die Tür einrennen.
    Es ist mehr als nur eine Entscheidung zwischen Bindung und Einsamkeit, Liebe und Angst. Es ist eine Entscheidung zwischen Leben und Tod, bei der es darum geht, ob er mit dem Rest seines Lebens etwas anfängt oder weiter in ängstlicher Erstarrung verharrt.
    Er trifft seine Entscheidung, dreht sich um, rennt zum Hotel, durch den Eingang zur Treppe, die Treppe hinauf und zu ihrer Zimmertür, die für ihn offen steht.
    Sie ist da und erwartet ihn, nackte, helle Schultern ragen aus dem weißen Laken, das sie umhüllt.
    Ohne ein Wort zu sagen nimmt er ihr Gesicht in beide Hände, küsst sie leidenschaftlich auf den Mund, und tritt dabei die Tür hinter sich zu.
    Sie erwidert seinen Kuss, und er lässt nicht nach.
    Als er die Hände von ihrem Gesicht löst, um den Rest ihres Körpers zu erkunden, stellt er zu seiner ungeheuren Freude fest, dass sie unter dem Laken nackt ist. Mit zärtlichen, aber erwartungsvollen Händen tastet er sich vor.
    »Warte«, sagt sie und tritt einen Schritt zurück.
    »Was ist denn?«
    Sie greift nach der Lampe neben dem Fernseher und knipst sie an.
    »Ich muss dir zuerst etwas sagen.«
    Aha. Jetzt kommt der Test. Wird er bestehen? Ach bitte, lieber Gott.
    »Okay.«
    »Über mich«, sagt sie. »Über meinen Körper.«

41
    »Solange du kein Kerl bist«, sagt er, »haben wir kein Problem.«
    Sie versucht zu lächeln, kann aber nicht.
    »Meine Großmutter und Mutter sind beide an Brustkrebs gestorben«, sagt sie. »Auch aus diesem Grund nehme ich Frances Rainys Rat an und gebe dem nach, was ich für dich empfinde.«
    »Ich glaube, ich kann dir nicht folgen.«
    »Das Leben ist kurz. Wir dürfen nicht

Weitere Kostenlose Bücher