Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
Vom Netzwerk:
sollen Einfluss auf Gottes Entscheidung nehmen. Es ist eine Zeit, in der man die Sünden der Vergangenheit bereut, Sühne leistet, sich Gott weiht und ihm Liebe und künftigen Gottesdienst verspricht.«
    Er geht zum Ofen zurück und sieht noch einmal durch das Fenster.
    »Leistet er Sühne für seine Sünden oder verurteilt er seine Opfer für ihre?«, fragt sie.
    »Vielleicht beides, obwohl ich mir vorstellen könnte, dass er sich für sündenfrei und gottähnlich hält. Und glaubt, dass er in göttlicher Mission unterwegs ist.«
    »Aber warum sucht er sich jüdische Feiertage aus, um Juden zu töten?«
    »Könnte sein, dass er sich für den wahren Diener Gottes hält und sie für die falschen, und dass er deshalb ihre Feiertage verhöhnt«, sagt er. »Vielleicht glaubt er auch, dass er die Mosaischen Gesetze befolgt, und bestraft sie, weil sie das nicht tun oder weil sie seiner Ansicht nach den Messias zurückgewiesen haben oder aus irgendeinem anderen weniger logischen Grund.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Religion, oh Mann.«
    »Allerdings.«
    »Wie kommt es, dass du dich damit beschäftigst? Du wirkst nicht besonders religiös.«
    »Als meine Eltern starben, habe ich gespürt, dass etwas Spirituelles da war, und zwar so greifbar, dass ich es nicht leugnen konnte. Das hat mich getragen. Es war geheimnisvoll und subtil, ich wollte es verstehen und habe dem mein Leben gewidmet. Also habe ich Religion studiert und schließlich gelehrt, aber das hat nur verdunkelt, was ich damals so deutlich spüren konnte.«
    »Bist du nun religiös oder nicht?«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Nicht so, dass die meisten Menschen etwas damit anfangen könnten, aber auf meine eigene Art – zumindest ein wenig. Ich versuche, das Beste von dem zu praktizieren, was ich aus allen Religionen gelernt habe. Es ist eine Lebensweise, eine Seinsweise – kein Dogma, nichts Äußerliches, das andere sehen könnten. Ich versuche, in Harmonie mit meinem Weg zu leben, zu fließen, zu atmen, zu sein.«
    Sie nickt.
    »Ich weiß, was du damit sagen willst – dass du dich nach innen ausrichtest und nicht wie diese ignoranten, großmäuligen Arschlöcher –«
    »Im Daodejing heißt es, dass jene, die sagen, nicht wissen«, sagt er.
    »Genau, und jene, die wissen, sagen nicht, aber du irrst dich, wenn du meinst, dass andere das nicht merken. Du hast so eine … ich weiß nicht, eine Aura. Es ist so … Es ist schwer zu erklären, aber du bist so offensichtlich anders – ich weiß nicht, irgendwie tiefer, oder … oder so. Das ist dann wohl spirituell. Mir gefällt nur das Wort nicht.«
    Was sie sagt, berührt ihn wirklich, er fühlt sich sichtlich unwohl, und als er wegsieht, sind seine Augen feucht.
    »Danke«, sagt er, und dann schweigen sie lange.
    »Also, wann war Rosch ha-Schana?«, fragt sie.
    »Am dreiundzwanzigsten September«, sagt er. »Im Grunde hat es am Freitag, dem zweiundzwanzigsten bei Sonnenuntergang begonnen.«
    »Und Jom Kippur?«
    »Beginnt bei Sonnenuntergang am Sonntag, dem ersten Oktober.«
    »Wir haben also nur ein paar Tage. Kein Wunder, dass alles so schnell geht. Kommt mir vor, als würden wir seit Wochen daran arbeiten.«
    Er schaltet den Ofen aus, und als er das Blech hervorholt, strömt süßes Zimtaroma durch den Raum.
    »An welchem Tag haben wir den Kupfernen Altar gefunden?«
    »Es waren die Tage der Ehrfurcht«, sagt er. »Sie beginnen mit Rosch ha-Schana und enden mit Jom Kippur.«
    »Na toll«, sagt sie. »Oh verdammt, Tage der Ehrfurcht?«
    »Ich glaube, er wird während der Tage der Ehrfurcht täglich zwei Brandopfer darbringen. Und neun an Jom Kippur.«
    »Neun? Scheiße. Gott, muss das ausgerechnet mir passieren.«
    »Für seine Opfer ist es auch ziemlich übel«, sagt er lächelnd.
    Sie lacht.
    »Na also«, sagt sie. »Allmählich hast du es raus. Aber wo sind die ganzen Opfer?«
    »Ich weiß nicht«, sagt er. »Irgendwas entgeht mir wohl. Könnte auch sein, dass ich völlig falschliege. Wenn euer Labor Blut von mehreren Menschen auf dem Altar findet, wissen wir es.«
    »Aber wenn du recht hast, warum kommen dann keine Vermisstenanzeigen rein?«
    »Wir müssen mit Ben reden«, sagt sie. »Wenn unser Mann Juden tötet, dann stammen sie aus Pine Key.«

44
    »Warum tut er das?«
    »Da bin ich nicht sicher, aber ich glaube, ich weiß endlich, was er da tut – oder zumindest zum Teil.«
    »Sag’s mir.«
    Daniel erzählt Ben, zu welchen Schlüssen er gekommen ist und warum.
    »Hört das denn nie auf?«, fragt

Weitere Kostenlose Bücher