Glutopfer. Thriller
Bombe platzt.
Und sie platzt sofort.
Wumm.
Die Tür wird zertrümmert.
Zisch.
Peng.
Die Einsatzkräfte dringen nacheinander mit der Waffe im Anschlag durch die Öffnung ein, werfen Blendgranaten, schreien.
Das plötzliche gleißende Licht einer Blendgranate entspricht einer Million Candela und geht mit einem ohrenbetäubenden Knall zwischen 170 und 180 Dezibel einher, was jeden Menschen außer Gefecht setzt, ohne ihn ernstlich zu verletzen.
Blend- oder Schockgranaten wurden ursprünglich für den British Special Air Service entwickelt und können potenziell gefährliche Gegner bis zu fünf Sekunden lang verwirren, desorientieren oder ablenken, wobei deren Handlungsfähigkeit danach bis zu einer Minute erheblich eingeschränkt sein kann.
»Polizei«, schreit jemand. »Hände hoch.«
Es fallen Schüsse.
Sam weiß nicht, ob Leute aus ihrem Team oder Mitglieder der Nation schießen, vermutet aber Letzteres.
Bretter brechen. Knacken. Splittern.
Wieder Explosionen.
Wieder Schreie.
Minutenlang.
»Gesichert«, brüllt jemand.
»Gesichert«, brüllt noch jemand.
Eine Weile herrscht Funkstille, man hört kaum etwas hinter dem Zaun, dann eine Salve Schüsse und eine Explosion.
»Feuer«, brüllt jemand. »Feuer. Feuer.«
Daniel breitet auf dem langen Holztisch in Bens Räumlichkeiten eine große Karte aus.
Der kleine Konferenzbereich wird auch Einsatzzentrale genannt, denn hier halten Ben und seine Mitarbeiter Produktionsbesprechungen ab und empfangen Darsteller oder Kunden. Es ist dämmrig wie überall in den Büroräumen, nur Spots sind auf den Tisch und Strahler auf die Wände gerichtet. Schwarze Lederstühle stehen um den dunklen Holztisch herum, in dessen Mitte eine runde Freisprechanlage thront.
An einem Ende des Tischs steht Bens großer Lederchefsessel, am anderen steht kein Stuhl, denn dort hängt ein Flachbildschirm an der Wand. Eine der Längswände des Raums besteht aus Fenstern mit geschlossenen Jalousien, die andere ist mit Storyboards und Bildmaterial aus verschiedenen von der Firma produzierten Projekten bedeckt.
»Könnte sein, dass deine Theorie Fehler hat«, sagt Ben ohne große Vorrede, als er in den Raum kommt, wo Daniel die Karte studiert.
»Wieso?«
»Hier wird niemand vermisst. Hab ich dir ja gesagt. Die Insel ist klein. Wir wüssten das.«
»Danke, dass du es überprüft hast.«
»Du klingst nicht besonders überrascht.«
»Es ist nicht das erste Mal, dass eine Theorie von mir falsch ist. Dieser Ermittlungsscheiß ist schwieriger, als er aussieht.«
»Wo hast du noch falschgelegen?«
»Ich habe gedacht, er bringt während der Tage der Ehrfurcht zweimal täglich Brandopfer dar. Morgens und abends, wie im Erscheinungszelt, aber da ist nichts.«
»Wenn noch keine gefunden wurden, heißt das noch lange nicht, dass es keine gibt.«
»Das stimmt, aber die anderen waren so auffällig, so … Ich glaube, er würde wollen, dass wir sie finden.«
Ben nickt.
»Stimmt. Du bist wirklich eine Pfeife. Was machst du da?«
»Ich studiere die Gegend, wo der Mörder gesehen wurde.«
»Und wieso machst du das hier?«
»Ich dachte mir, du willst helfen. Schließlich werden hier deine Leute getötet.«
»Und ich dachte, das hätten wir gerade widerlegt.«
»Das ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um sich mit Details aufzuhalten.«
Die Jagd- und Fischereikarte stammt aus einem örtlichen Laden für Anglerbedarf und sieht aus, als hätte jemand ein von Flüssen, Bächen und Seitenarmen durchzogenes Gebiet mit der Hand gezeichnet. Es gibt keinen Maßstab, und die Karte bildet einen so kleinen Ausschnitt von Pine County ab, dass man kaum etwas erkennt. Daniel findet sie chaotisch und verwirrend, glaubt aber, dass er mit ihr umgehen kann.
Die Karte zeigt den Verlauf des Death River zwischen dem Indian Swamp auf der einen und Ford’s Hell auf der anderen Seite. Die äußerste Spitze des dichten, gnadenlosen, als Ford’s Hell bezeichneten Flusssumpfs liegt im North Florida Wildlife Preserve, wo die erste Leiche in dem alten Depot bei den Eisenbahngleisen gefunden wurde. Auf der anderen Seite des Dead River wurde die Leiche des Jungen entdeckt, am Rand des Indian Swamp. Die beiden Stellen sind durch das breite Gewässer getrennt, liegen aber nur wenige Meilen voneinander entfernt.
Die Leiche auf dem Kupfernen Altar, die in der Nähe seiner Lodge gefunden wurde, war über zehn Meilen weit weg.
Ben streicht mit dem Finger über die Karte, von der Louisiana Lodge bis hinüber zu Ford’s
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