Glutopfer. Thriller
Ben. »Wird man uns ewig mit Grauen und Schmerz und Tod überziehen, bis zum Ende aller Zeiten? Wie viel können wir noch ertragen?«
»Es tut mir sehr, sehr leid.«
»Das ist eben ein wunder Punkt«, sagt er und weist mit dem Kinn auf den Monitor. »Durch die Arbeit an diesem Projekt liegen meine Nerven blank.«
Die Dokumentation sollte ein anregendes Projekt über das Überleben der Juden werden, doch viele Geschichten, die darin vorgestellt werden, sind eher deprimierend als erhebend. Viele der Interviewten fühlen sich offenbar geradezu schuldig oder schämen sich für das, was ihre Eltern und Großeltern tun mussten, damit sie selbst leben konnten. Rabbi Golds Vater zum Beispiel ist während des Holocaust Kapo gewesen und hat Aufgaben für die Nazis übernommen, um am Leben zu bleiben.«
Daniel nickt.
»Dann glaubst du, ich habe recht? Auf der Grundlage dessen, was wir über sein Vorgehen wissen?«
»Ja. Leider. Gott, die Geschichte der Menschheit ist nichts als eine Chronik der Judenverfolgung.«
»Ich weiß, dass es so aussieht.«
»Es ist so«, sagt Ben. »Und das weißt du auch.«
»Aber jetzt hast du die Chance, etwas dagegen zu tun. Hilf mir herauszufinden, wer es ist.«
»Wie denn?«
»Stell fest, ob auf der Insel jemand vermisst wird. Wenn ich recht habe, gibt es noch mehr Opfer. Wo sind sie? Wer sind sie? Warum wählt er sie aus? Warum meldet sie niemand als vermisst?«
»Die Insel ist klein«, sagt Ben. »Geschlossene Gesellschaft – gezwungenermaßen, wie du siehst. Unmöglich, dass einer von uns verschwindet, ohne dass jemand es merkt.«
Zusammen mit Männern, die speziell für eine Erstürmung mit Blendgranaten ausgebildet sind, steht Sam am Rand der unbefestigten Straße im Wald gegenüber dem Eingang zum Gelände der Jehovah Nation. Die Mitglieder des Elite SWAT -Teams des FDLE tragen eine Schutzausrüstung, zu der feuersichere Nomex-Fliegerkombis, Körperpanzer mit kugelsicheren Westen der Schutzklasse drei, Handschuhe, Helme sowie Sturmhauben oder sonstiger Gesichtsschutz gehören. Sie sind nicht nur nach militärischen Vorgaben ausgebildet und müssen strengeren Anforderungen genügen als gewöhnliche Agenten – jeder von ihnen erhält darüber hinaus an zwei Tagen pro Monat eine durchgehende Ausbildung, die spezielle Waffen und Taktiken umfasst, auch Situationen mit Geiseln und Terrorabwehr.
SWAT war früher die Abkürzung von Special Weapons Assault Team und steht inzwischen für Special Weapons and Tactics, eine Spezialeinheit, die 1967 im Los Angeles Police Department für die Durchführung gefährlicher Aktionen eingerichtet wurde, zum Beispiel hochriskante Erstürmungen wie die heutige, Einsätze bei Krawallen, gefährliche Verhaftungen, Unterstützung bei hochriskanten Durchsuchungen und allgemeine Nahkampfeinsätze.
Wenn man irgendwo reingeht, hat man diese Männer gern dabei.
Sam hatte überlegt, wegen des Verdachts auf Drogen die Drug Enforcement Administration oder wegen der Waffen auf dem Gelände das Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives hinzuzuziehen, großartige Behörden mit gut ausgebildeten Teams, aber letztlich vertraut sie keinem SWAT -Team so sehr wie dem ihres eigenen Departments.
Da die Dienststelle des Sheriffs von Pine County wie meist in kleinen Countys über kein eigenes SWAT -Team verfügt, werden dort normalerweise Teams von anderen Behörden hinzugezogen, auch das des FDLE , meistens sogar. Weil aber jeder, der vom FDLE -Team verhaftet wird, in das örtliche Gefängnis kommt, ruft man in kleineren Countys eigentlich lieber ATF und DEA , denn dann werden die Verhafteten in ein Bundesgefängnis überstellt, zum Beispiel nach Tallahassee. So bleiben kleinen Verwaltungsbezirken wie Pine County Extrakosten erspart, die entstehen, wenn man Gefangene dort im Gefängnis unterbringt. Sam hat diese Situation vor Augen und wird das ATF wegen der Waffendelikte und die DEA wegen der Drogendelikte eben hinzuziehen, nachdem die Verhaftungen erfolgt sind, und den Kollegen die Häftlinge übergeben. Man muss Preacher nicht auch noch damit belasten, dass er das Budget überzieht, weil Leute von der Jehovah Nation sein Gefängnis überrennen.
»Wir sind so weit, Ma’am«, sagt der Anführer des Teams. »Wir gehen rein, sobald Sie es anordnen.«
Sam holt tief Luft und bläst sie wieder aus.
»Keine Zeit zu verlieren«, sagt sie. »Los.«
Sie tritt ein paar Schritte zurück, setzt ihren Ohrhörer ein, hebt das Fernglas und wartet darauf, dass die
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