Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)
Hände faltete, sich die Stirn rieb. Ihre Augenbrauen hoben sich an. Sie stand unter Stress und hatte Kummer.
»Dann eines Tages erzählte Cole mir, er habe Kontakt zu seinem Dad aufgenommen. Wir hatten seit Jahren nichts mehr von ihm gehört. Er wollte den Sommer dort verbringen, ohne mich.«
»Und Sie haben eingewilligt?«
»Cole wollte unbedingt hin. Kevin fuhr in seinem dicken Auto vor und hat ihn um den Finger gewickelt. Er hatte für alles eine Erklärung parat. Er habe sich nicht genug um Cole gekümmert, nur deswegen habe der Junge so große Probleme. Ein Sommer bei seinem Vater würde ihm guttun. Kevin wollte ihm beweisen, dass er ein guter Dad ist, außerdem sollte Cole seine Halbgeschwister kennenlernen. Letztendlich hätte ich sowieso kein Geld für eins dieser Camps gehabt.«
Sie hielt inne und schaute aus dem Fenster. »Ehrlich gesagt war ich nur noch kaputt. Ich habe mich abgestrampelt, um die Rechnungen bezahlen zu können, dazu noch der tägliche Kampf. Cole ist clever, er möchte studieren. Ich wüsste nicht, wie ich das bezahlen sollte. Kevin sagte, er käme dafür auf. Er wusste immer schon, was ich hören will. Ich hätte es ahnen müssen. Tief in meinem Herzen habe ich es gewusst.«
»Was?«
»Entweder man tut, was Kevin freundlich sagt, oder man stellt sich darauf ein, dass es hässlich wird.«
»Was soll das bedeuten?« Aber Jones wusste eigentlich schon, was jetzt kommen würde.
»Als der Sommer vorüber war und Cole nach Hause kommen sollte, stand Kevin allein vor meiner Tür. Er sagte, er wolle, dass Cole seinen Schulabschluss in The Hollows macht. In dem Fall komme er fürs College auf.
Ich habe abgelehnt. Ich wollte meinen Jungen zurück. Obwohl es anfänglich eine Erleichterung war, ihn nicht im Haus zu haben, hat er mir nach einer Weile schrecklich gefehlt. Es hat mir jedes Mal einen Stich ins Herz versetzt, an seinem leeren Zimmer vorbeizugehen.« Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen, aber sie bewahrte die Fassung.
»Sie haben Kinder«, sagte sie, »das sehe ich. Man hat sie so schrecklich lieb, nicht wahr? Man reibt sich auf, um sie großzuziehen, aber mein Gott, die Liebe, die man zurückbekommt, ist es wert.«
»Das stimmt«, sagte Jones. Es stimmte tatsächlich. »Wurde er rabiat, als Sie nein sagten?«
»Nein, anfangs nicht«, antwortete sie. »Er gab mir zu verstehen, dass er nur deswegen allein gekommen sei, weil Cole sich in The Hollows so wohlfühle. Er liebe Paula und die Kinder und lebe nun in geordneten Verhältnissen. Er tat so, als wolle er mich nicht verletzen, dabei war natürlich genau das seine Absicht. Es hat funktioniert. Ich war zutiefst verletzt. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, mich einverstanden zu erklären. Aber nein, Cole ist mein Sohn! Außerdem hatte er mich angerufen und gemailt. Er sagte, er vermisse mich, er wolle nach Hause kommen und sich in der Schule mehr Mühe geben. Ich kenne meinen Jungen. Wir haben viel gestritten, aber im Grunde war unsere Beziehung intakt. Liebevoll.«
Sie erzählte, Kevin habe das scheinbar akzeptiert und gesagt, er wolle am nächsten Tag mit Cole wiederkommen. Aber er kam nicht. Robin hatte versucht, Kevin im Büro oder auf dem Handy zu erreichen, war aber immer auf der Mailbox gelandet. Und dann geschahen merkwürdige Dinge. Zuerst funktionierte Coles Handynummer nicht mehr. Die E-Mails an ihn kamen nicht mehr an. Robin fürchtete, er meide sie.
Und dann wurde ihr Telefon abgestellt. Sie rief vom Nachbar aus bei der Telefongesellschaft an, wo man ihr sagte, sie habe den Anschluss selbst gekündigt. Der Anrufer habe ihre Sozialversicherungsnummer und das Passwort gekannt. Den Anschluss wieder zu aktivieren, werde mehrere Tage in Anspruch nehmen.
»Da bekam ich Angst«, sagte sie. »Ich habe mich ins Auto gesetzt, um nach The Hollows zu fahren. Ich wollte meinen Jungen zurückholen. Ich habe das Sorgerecht, ich wollte um ihn kämpfen. Ich erinnerte mich daran, wie Kevin war und warum ich ihn verlassen hatte. Er ist eiskalt. Im Herzen. Er hat keine Gefühle. Im Innersten verändern sich Menschen nicht. Wie hatte ich das nur vergessen können?«
»Wir möchten nur das Beste über die anderen denken«, sagte Jones, »das ist normal.«
Sie hörte ihn gar nicht. Ihr Gesicht war leichenblass, und es sprudelte aus ihr heraus, als habe sie sich zu lange zusammenreißen müssen.
»Mein Auto sprang nicht an. Der Mann vom Abschleppdienst kam und erklärte mir, die Hauptplatine sei zerstört, das elektronische
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