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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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ein Freund.«
    »Du hast mich weggeschickt«, entgegnete er. Er klang böse und verbittert. »Nur, um mit ihm allein zu sein!«
    Er sah die Scham in ihrem Gesicht. Gleichzeitig war sie wütend.
    »Michael«, sagte sie, »ich bin deine Mutter. Rede nicht in diesem Ton mit mir.«
    Da tauchte in der Einfahrt das Scheinwerferlicht des Autos von Michaels Vater auf. In Michael regte sich eine träge, köchelnde Wut. Er kannte das Gefühl – er hatte es als kleiner Junge vor einem Wutanfall verspürt, vor Keilereien auf dem Pausenhof, während der lautstarken Auseinandersetzungen mit seinem Vater. Aber noch nie hatte es ihn im Beisein seiner Mutter angefallen, nie hatte es sich gegen sie gerichtet. Sie war immer diejenige gewesen, die ihn beruhigt hatte. Atmen, Schätzchen, tief durchatmen.
    Sein Vater kam herein, seine Mutter wich zurück.
    »Was ist hier los?«, fragte Mack und legte Mantel und Aktentasche auf dem Sofa ab. Er sah müde aus.
    »Sie hatte einen Mann zu Besuch«, sagte Michael, »er hat sie umarmt. Sie ist eine Hure, so wie du immer gesagt hast.«
    Mack hatte das Wort tatsächlich gesagt, unzählige Male. Michael hatte gehört, wie er es im Streit brüllte und am Essenstisch flüsterte. Michael hatte stets aufbegehrt, seine Mutter verteidigt und beschützt. Aber Mack hatte recht.
    Der stechende Schmerz der Ohrfeige, die seine Mutter ihm verpasste, brachte Michael zum Taumeln. Er traf ihn wie ein Blitz, setzte ihn unter Strom. Dann rannte sie die Treppe hinauf, Mack stürzte hinterher. Michael hörte sie kreischen.
    » Ich hasse dich! Ich hasse dieses Haus! Ich hasse mein Leben!«
    Michael stand wie betäubt da. Die Hitze stieg ihm ins Gesicht, während er seine Eltern streiten hörte. Was warfen sie sich an den Kopf? Er konnte die Worte nicht verstehen. Er spürte, wie sich der Zorn in seinem Unterleib zusammenballte, aufkochte, ihm bis ins Hirn stieg. Sie hatte ihn geschlagen . Sie hatte ihm ihre Liebe entzogen. Sie würde ihn verlassen, ihn, ihren Michael.
    Als Marla wieder herunterkam, hielt sie einen Koffer in der Hand. Michael schlug ihn aus ihrer Hand, und ihre Kleider landeten auf dem Boden … Spitzenunterwäsche, ein Paar Schuhe, Röcke und Blusen. Er musste sie aufhalten. Er packte sie bei den Schultern.
    »Verlass mich nicht«, schluchzte er.
    »Michael«, sagte sie und riss die Augen auf, »lass mich los. Ich komme bald zurück, um dich und deine Schwester nachzuholen.«
    Sie log. Er wusste es. Sie würde Cara holen, aber nicht ihn, nun, da sie wusste, wie er wirklich war, dass seine Wut selbst vor ihr nicht Halt machte. Er war mindestens zwanzig Kilo schwerer als sie und überragte sie trotz seiner vierzehn Jahre. Sie würde es nie schaffen, ihn unter Kontrolle zu halten.
    »Michael«, keuchte sie, »du tust mir weh.«
    Mack ging dazwischen.
    »Michael, es reicht.«
    Aber Michael konnte nicht anders. Er würde sie nicht loslassen. Sein Griff wurde so fest, dass Marla aufheulte. Im Handgemenge konnte sie sich losreißen. Sie rannte zur Hintertür hinaus und verschwand im Wald, in jenem Wald, den er heute durchstreifte.
    Sie war schnell gewesen. Jahrelang hatte er sie auf dem Fahrrad beim Joggen begleitet. Er nahm die Verfolgung auf, dachte an nichts Böses. Er wollte nur bei ihr sein, sie durfte ihn nicht verlassen.
    Auf der Lichtung drehte sie sich zu ihm um. Er war dicht hinter ihr. Mack hatte ihn schnell eingeholt. Sein Vater packte ihn mit aller Kraft, wollte ihn zurückhalten.
    »Hör auf, Junge«, sagte er und hustete. Sein Atem ging stoßweise, der Schweiß lief ihm über Gesicht und Hals. »Was tust du da? Beruhige dich!«
    Mack hielt Michaels Handgelenke fest umklammert. In einer jähen Bewegung rammte Michael ihm ein Knie in den Unterleib, woraufhin er zusammenklappte und zu Boden ging. Er wälzte sich stöhnend auf dem Waldboden, während Michael zur Kapelle jagte. Drinnen war es stockfinster, er konnte nichts erkennen. Er konnte nur ihr Weinen hören.
    »Mom«, sagte er, »Mommy, nicht weinen.«
    Er dachte an die vielen Nächte, die er in ihrem Bett gelegen hatte, wenn Mack bei der Arbeit war oder nach einem Streit auf dem Sofa schlief. Dann lag Michael neben ihr, stellte sich schlafend und hörte sie weinen. Sie suchte Wärme und Trost, kuschelte sich an ihn. Er liebte diese Momente, denn dann gehörte sie ihm allein. Er konnte sehen, dass sie Cara weniger brauchte als ihn, dass Cara ihr nicht denselben Trost spendete. Sie brauchte ihn. Sie durfte ihn nicht verlassen. Wer war er

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