Gnade
mit Noah verabredet, dass er mein Partner wird. Jetzt kannst du einen ganzen Tag allein mit Theo verbringen. Du solltest glücklich sein!«
Jakes Gerede machte Michelle ärgerlich. »Mit anderen Worten, du hältst Noah für den besseren Angler?«
»Er hat erwähnt, dass er in den letzten vier Jahren sehr oft beim Angeln war, viel häufiger als Theo. Aber das ist nicht der Grund für den Tausch«, setzte er hastig hinzu, als er das Funkeln in den Augen seiner Tochter sah. »Du brauchst gar nicht sauer zu werden, freu dich lieber, dass ich das Startgeld für dich bezahle!«
»Ich will aber am Samstag nicht angeln gehen! Ich habe tausend andere Dinge zu erledigen.«
»Aber du hast gute Chancen, den Preis zu gewinnen. Jeder weiß, dass du besser bist als ich.«
Diese Schmeichelei ließ Michelle kalt. »Das stimmt nicht, und das weißt du auch. Versuchst du den Kuppler zu spielen? Willst du mich deswegen mit Theo in ein Boot setzen?«
»Nach allem, was du vorhin zu ihm gesagt hast? Da brauche ich dich ja wohl nicht mehr zu verkuppeln. In diesem Punkt kommst du anscheinend sehr gut allein zurecht.«
»Daddy, ich habe ihn auf den Arm genommen …«
Jake tat, als hätte er das nicht gehört. »Vielleicht hilft Noah ein wenig nach. Er behauptet, er habe noch nie erlebt, dass sich Theo so benimmt.«
Diese Bemerkung weckte Michelles Aufmerksamkeit. Ihr Vater nickte bekräftigend, dann ging er zum Kühlschrank und holte eine Tüte Milch heraus. Er goss sich ein Glas ein und nahm einen großen Schluck.
»Was genau sagte Noah?«, wollte sie wissen.
»Theo habe ständig ein Lächeln im Gesicht, und das käme ansonsten nicht sehr oft bei ihm vor.«
»Der Mann hat ein paar Tage Urlaub, deshalb ist er entspannt und lächelt. Macht dir dein Darm Schwierigkeiten? Du trinkst doch nur Milch, wenn du Verdauungsbeschwerden hast.«
»Meinem Darm geht es prima«, gab er ungeduldig zurück und kam sofort wieder auf das Wesentliche zu sprechen. »Wenn es um Theo geht, findest du für alles eine Erklärung. Beantworte mir doch mal folgende Frage: Wie kommt’s, dass er den Blick nicht von dir wenden kann? Noah ist das auch aufgefallen.« Ehe sie etwas sagen konnte, fügte er hinzu: »Wusstest du eigentlich, dass Noah für das FBI arbeitet? Er trägt eine Waffe, genau wie Theo. Ich habe gesehen, dass sie an seinem Hosenbund hängt. Ich sage dir, Theo hat echt einflussreiche Freunde.«
»Und du kennst eine Menge Leute, die Hilfe von einflussreichen Freunden gebrauchen können.«
Jake trank seine Milch aus und stellte das Glas ins Spülbecken. Als er sich umdrehte, erkannte Michelle in dem grellen Licht der Deckenlampe, wie müde er war.
»Warum gehst du nicht nach Hause und lässt mich und Theo den Laden schließen?«
»Ich kann mich sehr gut selbst darum kümmern.«
»Ich weiß, dass du das kannst, aber die nächsten Tage werden ziemlich hektisch. Es kommen bestimmt ständig Leute rein, um sich in die Liste einzutragen und etwas zu essen, und du weißt, wie voll die Bar donnerstags und freitags ohnehin immer ist. Geh heim, Daddy! Leg dich hin und ruh dich ein bisschen aus.«
»Du brauchst doch auch deine Nachtruhe. Du musst immerhin morgen die Praxis aufräumen.«
»Ich habe ja tatkräftige Hilfe.«
»Also gut«, gab er nach. »Ich bin wirklich müde. Du kannst aber heute ruhig schon um eins zumachen.«
Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Wange. »Wir sehen uns dann morgen.«
Jake öffnete die Hintertür und machte sie sofort wieder zu. »Oh, ich habe vergessen, dir zu erzählen, dass Ben Nelson angerufen und nach dir gefragt hat. Er hat immer noch niemanden in Verdacht, aber er hält die Augen offen, für den Fall, dass noch etwas Schlimmes passiert. Gibt es vielleicht etwas, das du deinem Vater anvertrauen möchtest?«
Michelle schüttelte den Kopf. »Nein, ich wüsste nicht, was.«
»Ben hat mir eine Höllenangst eingejagt. Zum Glück ist ja Theo bei dir. Verriegle heute Nacht alle Türen, ja?« Damit trat er hinaus in die Nacht. »Es ist wirklich beruhigend.«
»Was ist beruhigend?«
»Zu wissen, dass Theo bei dir im Haus ist.«
Michelle nickte. Theos Anwesenheit erleichterte sie ebenfalls. Sie schloss die Hintertür ab, knipste das Licht in der Küche aus und ging in die Bar zurück. Theo und Noah hatten ihre Teller zu einem der runden Tische gebracht und aßen die Sandwiches mit großem Appetit.
Ein Stammgast verlangte noch ein Bier. Michelle bemerkte seine glasigen Augen und fragte: »Fährst
Weitere Kostenlose Bücher