Gnade
trat ihm kräftig auf den Fuß.
»Doch, das hast du!«, beharrte sie. »Ehrlich, Daddy, ich habe nur ein bisschen … herumgealbert.«
»Wir werden uns später noch darüber unterhalten, Michelle«, sagte Jake. Er drehte sich um und ging zurück in die Bar.
»Theo hat geflirtet?«, warf Noah ein. »Das war wohl ein Scherz!«
»Nein, er hat geflirtet!«
»Wir reden von dem Kerl, der hinter Ihnen steht, von Theo Buchanan?«
»Ja.«
»Das ist schwer zu glauben. Ich wusste gar nicht, dass er weiß, wie so etwas geht.«
»Oh, er ist ziemlich gut darin«, behauptete Michelle.
»Wirklich? Dann muss es an Ihnen liegen. Es ist das erste Mal, dass ich Theo nicht in Anzug und Krawatte sehe. Seit ich ihn kenne, ist er ein Workaholic. Vielleicht bringen Sie seine guten Seiten ans Licht«, sagte er.
Michelle machte einen Schritt zurück und prallte gegen Theo. Sie dachte nicht daran, wegzulaufen, aber es gefiel ihr nicht, dass er ihr im Weg stand. »Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?«, bat sie.
Noah hatte Mitleid mit ihr. »Selbstverständlich. Theo hat mir erzählt, dass Sie Ärztin sind.«
»Ja, das stimmt.« Nun bewegte sie sich wieder auf sicherem Grund. Vielleicht hatte Noah ja ein gesundheitliches Problem und brauchte ihren Rat. Sie hoffte es inständig.
»Welche Fachrichtung?«
»Sie ist Chirurgin«, antwortete Theo an ihrer Stelle.
Noah grinste. »Sind Sie nicht ein wenig zu jung, um mit Messern zu hantieren?«, fragte er neckisch.
»Sie hat mich operiert.«
Noah nickte anerkennend. »Tanzen Sie mit mir? Ich suche einen schönen Willie-Nelson-Song raus, und dann können wir uns in Ruhe unterhalten.«
Er legte den Arm um Michelles Schulter und führte sie in die Bar zurück. Als Theo diese vertrauliche Geste beobachtete, verdüsterte sich seine Miene. Noah war ein echter Weiberheld, er machte mehr Eroberungen als Dschingis Khan, und Theo gefiel es überhaupt nicht, dass er seinen Charme bei Michelle spielen ließ.
Michelle schaute ihn interessiert an. »Sie mögen Willie Nelson?«
»Klar! Jeder mag Willie Nelson, oder nicht?«
Sie warf Theo einen Blick zu. »Dein Freund hat einen guten Geschmack.«
Dann zog Noah erneut ihre Aufmerksamkeit auf sich. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
Sie war mehr als dankbar, dass sie der peinlichen Situation entkommen war, und sagte: »Sie dürfen mich alles fragen.«
»Ich überlege gerade …«
»Ja?«
»Gibt es noch eine andere Art von Sex als wilden?«
24
Cameron wusste, dass er es vermasselt hatte, aber er war nicht bereit, das vor den anderen zuzugeben. Während Dallas, Preston und John ihn abwechselnd zur Schnecke machten, lehnte er an der holzgetäfelten Wand in Johns Bibliothek und hielt den Kopf gesenkt.
»Was meinst du, wie lange es dauert, bis dieser Ärztin wieder einfällt, dass sie dich bei Catherines Beerdigung gesehen hat?«, fragte Preston und sprang von seinem Sessel auf. Er schlug mit der Faust auf die Sitzfläche und begann nervös auf und ab zu gehen.
»Sie wird sich schon nicht erinnern«, murmelte Cameron. »Ich bin bei der Trauerfeier gar nicht in ihre Nähe gekommen. Ich hatte dieses untätige Warten einfach satt, und ich denke, es war das Risiko wert.«
Dallas explodierte. »Wie kann ein solcher Schwachsinn das Risiko wert sein, du Arschloch? Du hast den Umschlag nicht bekommen, aber du hast die Leute erst darauf gebracht, danach zu suchen. Du bist ein Versager, Cameron! Das kommt durch den Fusel, den du ständig in dich hineinkippst. Du hast all deine Gehirnzellen versoffen.«
Preston blieb vor Cameron stehen. »Du hast uns alle in Gefahr gebracht!«, brüllte er.
»Ach, du kannst mich mal!«, schrie Cameron zurück.
»Beruhigt euch«, befahl John. »Dallas, sieh zu, dass du Monk ans Telefon bekommst. Du musst ihm diesen Bericht über Buchanan vorlesen.«
Monk saß derweil in seinem Wagen und wartete darauf, dass die Ärztin und ihr Liebhaber aus dem Schwan kamen. Sein Auto war zwischen zwei Vans versteckt, und in der Reihe vor ihm standen vier weitere Fahrzeuge. Es war heiß und schwül, aber er hatte die Klimaanlage nicht eingeschaltet. Er bevorzugte frische Luft. Alle vier Fenster waren heruntergekurbelt, und die Moskitos fraßen ihn allmählich bei lebendigem Leibe auf. Doch die letzte Nacht hatte er im Gestrüpp verbracht, um das Haus der Ärztin zu beobachten, und dabei waren ihm Käfer und anderes Getier unaufhörlich die Beine heraufgekrabbelt – verglichen damit war dies hier luxuriös.
Er
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