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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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stellte die Teller auf den Tisch, holte zwei Löffel und setzte sich. »Ihm sind nur zwei Patienten eingefallen, die ihm Ärger gemacht haben. Ich lasse beide überprüfen. Ein alter Mann namens George Everett war recht schwierig. Kennst du ihn, Mike?«
    »Nein.«
    »Everett weigerte sich, die Rechnung zu bezahlen, weil Robinson seine Verdauungsbeschwerden nicht geheilt hat. Er erklärte, dass er sich jeden Abend nur deshalb sinnlos betrinkt, weil er so schreckliche Schmerzen hat. Jedenfalls hat Robinson die Rechnung einer Inkassostelle übergeben, und das gefiel Everett natürlich gar nicht. Er wurde fuchsteufelswild und drohte dem Doktor.«
    »Und was ist mit dem anderen?«, fragte Theo.
    »Er hat sich bei Robinson unter dem Namen John Thompson angemeldet, aber ich bezweifle, dass er wirklich so heißt. Er war nur einmal bei Robinson, und zwar wenige Tage bevor Robinson die Praxis zugemacht und seine Akten Mike überlassen hat. Thompson ist ein Junkie und stammt aus New Orleans. Er ist wohl nach Bowen gekommen, weil er hoffte, dass die Ärzte hier leichtfertiger starke Medikamente verschreiben. Jedenfalls hat er bei Robinson über schlimme Schmerzen geklagt und ein Rezept für Schmerzmittel verlangt. Er wollte richtig starkes Zeug und wusste offenbar genau, wonach er fragen musste. Als sich Robinson weigerte, ihm ein Rezept zu geben, wurde der Junkie ärgerlich und stieß wüste Drohungen aus.«
    »Hat Robinson die Polizei verständigt?«
    Noah trank einen Schluck Bier. »Das hätte er eigentlich tun müssen. Aber sein Umzug stand kurz bevor, und der Aufwand war ihm zu groß. Das hat er mir jedenfalls so erklärt.«
    »Ich wette, Thompson hat es auch bei anderen Ärzten in St. Claire probiert«, sagte Michelle.
    »Das habe ich auch sofort gedacht«, sagte Noah. »Deshalb habe ich es überprüft.« Er grinste. »Ich liebe es, Ärzte früh am Morgen aus dem Bett zu holen. Auf alle Fälle muss Thompson einen anderen Namen benutzt haben, wenn er weitere Ärzte aufgesucht hat. Niemand erinnert sich an einen aggressiven Junkie.«
    »Mit anderen Worten: eine Sackgasse.«
    »Ich finde, es ist an der Zeit, dass ihr diesen Fall zu den Akten legt«, sagte Michelle. »Hört auf, euch Gedanken darum zu machen. Ich bringe meine Praxis in Ordnung, lasse ordentliche Schlösser an den Türen und Fenstern anbringen und mache weiter wie bisher. Und ich würde vorschlagen, ihr tut dasselbe.«
    Da ihr weder Theo noch Noah widersprach, nahm sie an, dass sie beide zu eigensinnig waren, um ihr Recht zu geben.
    »Es wird übrigens bald regnen«, prophezeite Theo und aß mit großem Appetit von dem Gumbo.
    »Aber die Sonne scheint doch, und es ist kein Wölkchen am Himmel«, bemerkte Noah.
    »Ja, aber mein Knie tut weh, also wird es heute noch einen Wetterumschwung geben. Meine Schulter schmerzt auch.«
    Noah lachte. »Ihr beide seid wie füreinander geschaffen, ehrlich. Ein Hypochonder und ein Arzt. Diese Verbindung wurde bestimmt im Himmel geknüpft.«
    »Ich bin kein Arzt«, gab Theo trocken zurück.
    Noah ignorierte die Bemerkung. »Mike, warst du eigentlich jemals in Boston?«
    »Nein.«
    »Es wird dir gefallen.«
    Sie dachte ein paar Sekunden lang nach, dann antwortete sie: »Das glaube ich auch – wenn ich jemals zu einem Ärztekongress oder einfach in den Ferien hinfahren sollte.«
    Noahs Blick wanderte zwischen Theo und Michelle hin und her. Sie klang abweisend, aber er bemerkte die Traurigkeit in ihren Augen. Sie gibt auf, bevor es richtig angefangen hat, dachte er bei sich. Theos Reaktion war ebenfalls interessant. Sein ganzer Körper spannte sich plötzlich an.
    »Also seid ihr zwei Schiffe, die nachts aneinander vorbeifahren?«
    »So ähnlich«, bestätigte Michelle.
    »Lass es gut sein, Noah!«
    Er nickte und wechselte schnell das Thema. »Sagt mal, gehen wir auch angeln, wenn es am Samstag regnet?«
    »Sicher, die Fische beißen bei Regen viel besser«, erklärte Michelle.
    »Wer sagt das?«, wollte Noah wissen.
    »John Paul.«
    »Werde ich deinen Bruder kennen lernen?«, fragte Theo.
    »Das bezweifle ich. Du fährst am Montag wieder fort, schon vergessen?«
    Theos Abreise war wie ein kranker Zahn, den man immer wieder berühren muss. Dabei hatte Theo sie keineswegs damit überrumpelt. Michelle war von Anfang an bewusst gewesen, dass er Bowen wieder verlassen würde. Warum war sie jetzt derart am Boden zerstört?
    »Du wirst ihren Bruder am Freitag im Schwan zu Gesicht bekommen«, schaltete sich Noah ein. »Jake hat mir

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