Gnade
sich wohl oder übel den Instruktionen der drei Freunde fügen. Dallas bestand darauf, dass sie so schnell wie möglich eine Sterbeurkunde brauchten, um auf das Konto des Sowing Clubs zugreifen zu können. Da jeder in Camerons Umfeld wusste, wie orientierungslos und depressiv er aufgrund seiner bevorstehenden Scheidung war, schlug Dallas Monk vor, Cameron mit seinem eigenen Revolver zu töten und einen Abschiedsbrief zu fingieren.
Monk war nicht länger bereit, auf Kredit zu arbeiten. Immerhin waren die Risiken inzwischen sehr viel höher. Als John protestierte und behauptete, dass sie unmöglich so schnell so viel Geld in die Hände bekommen konnten, beschloss Monk zu handeln. Er wusste alles über die schmutzigen Geschäfte des Clubs sowie die Unmengen Geld, die die drei Männer erwarteten, also bot er ihnen an, diesmal nicht für ein Honorar zu arbeiten, sondern später Camerons Anteil an der Beute zu kassieren. Für John, Preston und Dallas wurde die Zeit allmählich knapp. Sie waren daher gezwungen, auf seine Bedingungen einzugehen.
Wo blieb bloß Theo Buchanan? Wenn sich die Gäste nicht in drei Reihen vor der Bar gedrängt hätten, wäre es Preston längst gelungen, ein Gespräch mit Michelle oder ihrem Vater anzufangen. Er hätte sie gefragt, wer Jake Renards Partner bei dem Turnier war – Preston hatte Buchanans Namen neben dem von Jake auf der Liste erspäht –, und sich dann beiläufig erkundigt, wo Buchanan denn steckte.
Aber im Moment war es einfach zu laut und zu voll für solch eine Aktion. Preston musste damit warten, bis sich der Betrieb etwas gelegt hatte. Er konnte sich vorstellen, dass die meisten Angler gegen zehn nach Hause gingen, weil sie schon um fünf Uhr morgens wieder im Schwan erscheinen mussten.
John und Dallas saßen derweil etwa eine Viertelmeile entfernt in einem Mietwagen. Ungeduldig warteten sie auf Prestons Anruf. Je länger sie dort untätig herumsaßen, desto nervöser und aggressiver wurden sie. Was trieben Monk und Preston nur so lange in dieser Kneipe?
John öffnete eine Wasserflasche und trank einen Schluck. »Was auch geschieht, wir erledigen das heute Nacht. Es ist mir egal, wer uns in die Quere kommt. Und wenn wir alle in der Bar umlegen müssen! Wir haben genügend Munition dabei, und ich will diese Sache jetzt so schnell wie möglich zu Ende bringen. Warum ruft Preston nicht endlich an?«
»Du hast doch die vielen Autos auf dem Parkplatz gesehen. Er wartet wahrscheinlich auf eine günstige Gelegenheit«, sagte Dallas.
Um kurz vor neun pulsierte in der Bar noch immer das Leben. Aus der Jukebox dröhnte Elvis, und die Gäste mussten schreien, um sich verständlich zu machen. Und hätte Michelle nicht gerade den Leuten, die in der Nähe des Telefons an der Bar saßen, ein Bier gebracht, hätte sie das Klingeln nicht gehört.
Sie drückte den Hörer an ihr Ohr und hielt sich das andere Ohr zu, um den Anrufer besser hören zu können. Trotzdem verstand sie überhaupt nichts und zog sich deshalb in den Vorratsraum zurück. Es war Cherry Waterson, die vom Krankenhaus aus anrief. Die Frau stand am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Michelle begriff beim besten Willen nicht, was Cherry ihr mitteilen wollte, deshalb bat sie sie, eine Krankenschwester ans Telefon zu holen.
Dreißig Sekunden später, nachdem sie mit der Schwester gesprochen und ihr etliche Anweisungen gegeben hatte, legte Michelle auf und lief eilig zu Noah hinüber. »Wir müssen sofort ins Krankenhaus fahren.«
Noah fragte nicht nach. Ein Blick in Michelles Gesicht verriet ihm, dass etwas Schlimmes passiert war. Er ließ das Geschirrtuch fallen, stieß einen Pfiff aus und gab John Paul ein Zeichen. Beide folgten Michelle in die Küche.
»Was ist das Problem?«, fragte John Paul.
»Ich brauche Ihre Autoschlüssel«, sagte Noah.
»Der kleine John Patrick ist in die Schusslinie eines Dartpfeils geraten. Der Pfeil ist in seiner Brust stecken geblieben«, sprudelte Michelle hervor und entriegelte die Hintertür. »Ich muss sofort los.«
John Paul warf Noah sofort die Schlüssel zu. Während Michelle losrannte, riss sie Noah das Handy aus der Hand und wählte die Nummer der radiologischen Abteilung. Noah bat John Paul: »Rufen Sie Theo an! Er ist auf dem Weg hierher. Sagen Sie ihm, wo wir sind.«
Preston drängelte sich durch die Menge und stand jetzt in der Nähe von Jake Renard. Er gab vor, die Liste der Turnierteilnehmer, die an der Wand hing, zu studieren, und spitzte die Ohren, um jedes Wort
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