Gnade
vornehmen und die Lorbeeren dafür einheimsen.«
Theo hörte, wie sein Name über Lautsprecher ausgerufen wurde. Jemand wünschte ihn am Telefon zu sprechen. Er entdeckte das Wandtelefon gegenüber den Aufzügen und ging eiligen Schrittes hinüber. Sobald er seinen Namen genannt hatte, verband ihn die Telefonistin mit dem Anrufer. Es war Detective Underwood.
Das Gespräch war sehr aufschlussreich. Am Ende sagte Theo: »Natürlich werde ich warten. Sagen Sie mir auf jeden Fall Bescheid!« Er legte auf und wandte sich an Noah. »›Preston‹ und ›Dallas‹!« Ein triumphierendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
»Das ging ja schnell.«
»Einer der Detectives hat die Namen bei Johns Exfreundin herausbekommen – eine Frau namens Lindsey. Sie betrat gerade Johns Haus, um ein paar Sachen dort abzuholen. Sie erzählte dem Polizisten, dass sie Cameron persönlich kennen gelernt hat, den anderen hingegen ist sie nie begegnet. Aber sie hat des Öfteren gehört, wie John mit ihnen telefonierte. Angeblich haben die beiden sehr oft angerufen.«
»Und die Nachnamen?«
»Die kennen wir noch nicht. Und jetzt halt dich fest! Ein weiterer Mann hat sich einmal bei John gemeldet und nach Dallas gefragt. Sein Name war Monk! Lindsey ist dieses spezielle Telefonat im Gedächtnis geblieben, weil sich John so überaus respektvoll gab, als habe er Angst vor dem Mann.«
»Interessant«, bestätigte Noah. »Hat Lindsey jemals mit ihm oder den anderen am Telefon gesprochen?«
»Nein«, antwortete Theo. »Sie durfte nie ans Telefon gehen. Sie sagte, John wollte auf keinen Fall publik machen, dass er schon so kurz nach dem Tod seiner Frau mit ihr zusammenlebte. Außerdem hat sie dem Detective erzählt, dass sie eigentlich heiraten wollten, aber vor zwei Tagen sei John abends nach Hause gekommen und habe ihr gesagt, sie solle so schnell wie möglich ihre Sachen packen und verschwinden. Er war nicht gerade freundlich.«
»Und deshalb ist sie jetzt so gesprächig?«
»Genau. Ich kann mir vorstellen, dass die Polizei Preston und Dallas noch vor Mitternacht an der Angel hat.«
»Vielleicht sogar früher«, mutmaßte Noah. »Wie konnte Detective Underwood dich eigentlich so schnell informieren?«
»Ich habe ihm gesagt, dass ich entweder über Handy oder im Schwan erreichbar bin. John Paul oder Jake haben ihm offenbar gesagt, dass ich Michelle in die Klinik begleitet habe.«
»Also brauchen wir nichts weiter zu tun, als abzuwarten. Die Sache ist bald vorbei.«
Theo gähnte laut und rieb sich den Nacken. »Ich brauche dringend Koffein.«
»Es gibt einen Kaffeeautomaten im Warteraum.«
»Gut«, sagte Theo. »Ich schaue zuerst, was Michelle macht. Meinst du, ich kann da einfach reingehen?«, fragte er und deutete mit dem Kopf auf die breite Doppeltür mit dem Schild »Kein Zugang«.
»Ich habe es jedenfalls getan. Du kannst Mike durchs Fenster sehen. Sie ist im OP links um die Ecke. Lass dich nur von niemandem erwischen! Die Schwestern neigen dazu, einen sofort hysterisch anzuschreien. Ich erledige inzwischen ein paar Telefonate.« Er machte sich auf den Weg zum Warteraum. »Soll ich dir einen Kaffee mitbringen?«
»Nein«, gab Theo zurück. »Ich hole mir nachher selbst einen.« Er legte die Hand auf die Klinke, hielt aber plötzlich inne und drehte sich noch einmal um. »Noah, weißt du, was wirklich eigenartig ist?«
»Nein, was denn?«
»Dass Catherine die Aufzeichnungen an eine ahnungslose Verwandte geschickt hat, die sie gar nicht persönlich kannte.«
»John Paul hat mir erzählt, dass sie ein komisches Huhn war.«
»Das stimmt.«
»Vielleicht ist das des Pudels Kern.«
»Ja, vielleicht«, sagte Theo, aber er war nicht überzeugt.
Er stieß die Tür auf und betrat den verbotenen Bereich. Er kam sich vor wie ein Kind, das sich im Kino in einen Film für Erwachsene schleicht. Er rechnete fast damit, dass ihn plötzlich jemand anbrüllen und von hinten am Schlafittchen packen würde, um ihn rauszuschmeißen.
Theo stand in einem breiten Flur mit etlichen Schwingtüren und einem Aufzug. Er ging nach links um die Ecke. Am Ende des Flurs stand eine Liege mit Rollen. Zu seiner Rechten befand sich der OP, in dem Michelle gerade beschäftigt war.
Hier war es viel kälter als draußen. Als sich Theo dem Raum näherte, hörte er Musik und erkannte sofort die Stimme des Sängers. Der gute alte Willie Nelson, Michelles Liebling. In Theo regte sich eine Erinnerung, aber sie war so flüchtig, dass er sie nicht zu fassen
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