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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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ausgenutzt!
    Aber ein nagender Zweifel blieb. Wenn alles so harmlos war, warum hatte John seinen Freunden nicht davon erzählt? Warum verheimlichte er ihnen diese Liebschaft?
    Vielleicht, weil die Asche seiner Frau noch nicht mal ganz erkaltet war. Ja, das war’s! John wusste, dass es kein gutes Licht auf ihn warf, wenn er sich so kurz nach Catherines Tod mit einer anderen Frau einließ. Die Leute würden es bestimmt merkwürdig finden und anfangen zu tratschen und zu spekulieren, und das war gewiss nicht im Sinne des Clubs. John war schlau genug, sich unauffällig zu verhalten.
    Cameron war beinahe davon überzeugt, dass seine Beobachtung harmlos war, aber er fühlte sich dennoch verpflichtet, sich Gewissheit zu verschaffen. Er sorgte dafür, dass John ihn nicht bemerkte, bezahlte seinen Whisky und schlüpfte aus dem Restaurant. Er bat den Türsteher, seinen Ford Taunus zu holen, den er gezwungenermaßen seit einiger Zeit fuhr – seine zukünftige Exfrau hatte seinen geliebten Jaguar bereits konfisziert, die blöde Kuh! Er fuhr bis zum nächsten Block und wendete, dann rutschte er tiefer in seinen Sitz und nahm die Eingangstür ins Visier, damit er das Pärchen nicht verpasste, wenn es das Restaurant verließ. Mit dem Handy rief er seinen Anwalt an, um das gemeinsame Essen abzusagen.
    Die beiden kamen etwa zwanzig Minuten später aus dem Lokal. Sie standen sich im Abstand von etwa anderthalb Metern auf dem Gehsteig gegenüber und benahmen sich äußerst formell, als wären sie sich beinahe fremd. John hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben, die Blondine drückte ihre Handtasche und den Terminplaner an sich. Als ihr Wagen vorfuhr, klemmte sie sich die Tasche unter den Arm und schüttelte John die Hand. Der Türsteher hielt ihr die Tür des knallroten Hondas auf, sie stieg ein und brauste ohne einen Blick zurück davon. Für einen zufälligen Beobachter mutete diese Szene zweifellos sehr geschäftsmäßig an.
    Eine Minute später wurde Johns BMW-Cabrio gebracht. John ließ sich Zeit, er zog sein Anzugjackett aus, faltete es zusammen und legte es sorgfältig auf den Beifahrersitz. Der Anzug von Valentino saß perfekt. John trug ausschließlich Kleider von diesem Designer. Cameron hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Vor sechs Monaten noch hatte auch er einen ganzen Schrank voller Anzüge von Joseph Abboud, Calvin Klein und Valentino besessen, aber dann hatte sich seine betrunkene Frau in blindem Zorn mit einem Fleischermesser auf die Sachen gestürzt und alles zerfetzt. Bei diesem Wutanfall waren Kleider im Wert von fünfzigtausend Dollar draufgegangen!
    Wie sehr er sich danach sehnte, es ihr heimzuzahlen! In manchen Nächten lag er wach und dachte sich verschiedene Möglichkeiten aus, sie umzubringen. Das wichtigste Element in diesen Tagträumen war der Schmerz. Er wollte, dass das Miststück litt, bevor sie starb. Seine liebste Fantasie sah folgendermaßen aus: Er packte ihren Kopf und zertrümmerte damit eine Fensterscheibe. Anschließend sah er zu, wie die Schlampe langsam verblutete. In seiner Vorstellung hatte eine Scherbe ihre Arterie lediglich angeritzt …
    O ja, Cameron wollte, dass sie so sehr litt, wie sie ihn leiden ließ, und sich dafür rächen, dass sie ihm sein Leben zerstört hatte. Sie hatte alle Konten geräumt, und er wusste schon jetzt, wie die Scheidungsverhandlung ausging: Seine Frau würde ihm nichts zurückzahlen müssen.
    Aber sie wusste nichts vom Sowing Club oder den Geldern, die die Freunde beiseite geschafft hatten. Niemand wusste davon. Der Anwalt seiner Frau konnte das Geld gar nicht finden, selbst wenn er danach suchte. Die Millionen befanden sich auf einem Offshore-Konto, und kein Mensch würde es mit ihm in Verbindung bringen.
    Aber im Augenblick spielte es gar keine Rolle, wie viel Geld er noch in petto hatte. Er konnte es ohnehin erst nach seinem vierzigsten Geburtstag anrühren. Das war die Vereinbarung, die die vier Freunde getroffen hatten, und Cameron wusste, dass die anderen ihm nicht erlauben würden, vorab etwas von dem Kapital abzuzweigen. Es war einfach zu riskant, und deshalb musste er die Kröte wohl oder übel schlucken und die nächsten fünf Jahre wie ein armer Mann zubringen.
    John hingegen war ein echter Glückspilz. Jetzt, da Catherine tot war, stand ihm der Rest ihres Treuhandvermögens zur Verfügung, und er musste es mit niemandem teilen.
    Als Cameron beobachtete, wie sein Freund die Baseballkappe der Saints aufsetzte, wurde er von seinen

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