Gnade
»Ungefähr vier Millionen Dollar.«
»Drei Millionen und neunhundertachtundsiebzigtausend, um ganz genau zu sein.« Dallas las die Zahl aus dem Ordner vor.
»Lieber Gott, das kann nicht wahr sein!«, entfuhr es Preston. »Und uns hat er weisgemacht … Er hat uns erzählt, er habe Catherine in die Mayo-Klinik gebracht, und dort könnten sie nichts mehr für sie tun. Erinnerst du dich, Cameron? Er hat gesagt …«
»Er hat uns nach Strich und Faden belogen, und wir haben ihm vertraut und ihm jedes Wort abgenommen. Denk doch mal darüber nach, Preston: Wann haben wir Catherine zum letzten Mal gesehen? Vor zwei Jahren? Kurz bevor sie in der Mayo-Klinik war, nicht wahr? Wir haben alle bemerkt, wie schlecht sie ausgesehen hat. Und als sie zurückkam, sagte John, dass sie keinen Besuch mehr haben will. Wir haben diesen Wunsch natürlich respektiert. Zwei Jahre lang hat John uns über ihren Zustand auf dem Laufenden gehalten: dass sie immer mehr verfällt und unendlich leidet. Und die ganze Zeit über hat er gelogen.«
Alle starrten John an und warteten auf eine Erklärung. Der hob die Hände, als wolle er sich ergeben, und lächelte spöttisch. »Ich schätze, das Spiel ist vorbei«, sagte er.
Es folgte lähmende Stille.
»Du gibst es also zu?«, hakte Preston schließlich nach.
»Ja«, erwiderte John schlicht. »Im Grunde ist es eine Erleichterung, euch nichts mehr vormachen zu müssen. Cameron hat Recht. Ich habe das Ganze von langer Hand geplant. Seit vier Jahren«, prahlte er. »Nun werdet ihr mich natürlich fragen, ob ich Catherine jemals geliebt habe. Vielleicht am Anfang, bevor sie sich in einen Vielfraß verwandelt hat und ständig neue Ansprüche stellte. Es ist doch komisch, wie schnell Liebe in Hass umschlagen kann. Auf jeden Fall habe ich ihr Vermögen geliebt!«
Dallas ließ vor Schreck das Glas fallen. Es landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Teppich. »Was hast du uns nur angetan?« Die Frage war ein leises Flüstern.
»Ich habe getan, was ich tun musste«, verteidigte sich John. »Und ich bereue nichts. Nein, das stimmt nicht ganz. Ich bereue, Lindsey angeboten zu haben, zu mir zu ziehen. Versteht mich nicht falsch, ich habe jede Minute mit ihr genossen. Sie macht im Bett alles, wirklich alles, was ich von ihr verlange. Sie möchte mir eben unbedingt gefallen. Aber allmählich wird sie ein bisschen zu anhänglich, und ich werde mich ganz bestimmt nicht noch einmal an die Kette legen lassen.«
»Du mieses Schwein!«, knurrte Cameron.
»Nenn mich, wie du willst.« John zuckte mit den Schultern. »Wisst ihr, was abgesehen von dem Vermögen des Vielfraßes das Beste ist? Es war so verdammt leicht.«
»Du hast sie ermordet!« Dallas klappte den Ordner zu.
John lehnte sich auf dem Stuhl nach hinten. »Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Nicht ich – wir haben sie umgebracht.«
»Ich glaube, mir wird schlecht«, stammelte Dallas und eilte zur Toilette.
John schien sich köstlich über diese Reaktion zu amüsieren. Er gab dem Kellner ein Zeichen, damit er ihnen noch eine Runde brachte.
Die drei saßen wie Fremde zusammen, und jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach. Nachdem der Kellner die Drinks gebracht hatte, sagte John: »Ich wette, du hättest große Lust, mich mit bloßen Händen zu erwürgen, was, Cameron?«
»Ich würde das liebend gern übernehmen«, schaltete sich Preston ein.
John schüttelte den Kopf. »Du bist ein Hitzkopf, Preston. Das warst du schon immer. Und mit deinen Muskeln könntest du mir mit Leichtigkeit jeden Knochen im Leib brechen. Aber wenn ich nicht gewesen wäre«, setzte er hinzu, »würdest du längst im Gefängnis schmoren. Du durchdenkst die Dinge nicht gründlich genug und hast nicht das Zeug dazu, solche Coups durchzuziehen. Du bist eben einfach nicht mit einem logischen Verstand gesegnet. Wir mussten dich zu jeder wichtigen Entscheidung drängen. Und wir haben dir deine Einwilligung, dass Monk Catherine gegen Bezahlung tötet, geradezu abgeluchst.« Er machte eine Pause. »Cameron hingegen ist wirklich begabt.«
Cameron krümmte sich innerlich. »Ich wusste, dass du kein Gewissen hast, aber ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass du uns so hintergehst! Wir sind alles, was du hast, John. Ohne uns bist du ein Nichts!«
»Wir waren Freunde, und ich habe dir immer vertraut«, klagte Preston.
»Wir sind immer noch Freunde«, behauptete John. »Nichts hat sich geändert.«
»Das hättest du wohl gern! Alles ist anders geworden«, sagte
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