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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Natrium!«
    Während sie ihn von einer unbeschilderten Straße zur nächsten dirigierte, stritten sie über ihre Ernährungsgewohnheiten. »Machen Sie denn nie eine Ausnahme?«
    »Nein, ich bin schließlich Ärztin.«
    »Ärzte dürfen also nichts essen, was gut schmeckt?«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass mein Gast derartig rumjammern kann. Daddy liebt Junkfood, Sie können ja zu ihm ziehen.«
    Sie befürchtete, bei Theo einen gar zu streitlustigen Eindruck zu hinterlassen. Doch er gab ihr im nächsten Moment die Möglichkeit zu beweisen, dass sie nicht durch und durch besserwisserisch und prüde war. »Was tun die Leute hier, wenn sie sich ein bisschen amüsieren wollen?«, erkundigte er sich.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Oh, ganz normale Dinge: Sie gehen ins Kino, erzählen sich Anglergeschichten bei einem Bier im Schwan, organisieren Grillabende vor dem Gemeindehaus, besuchen Nachbarn, um zu sehen, ob sie auch eine so gute Tomatenernte hatten – und außerdem frönen sie der schönsten Sache der Welt: dem Sex.«
    »Was?« , fragte er, weil er glaubte, sich verhört zu haben.
    »Sex«, wiederholte sie unschuldig. »Sie haben Sex. Und zwar oft.«
    Er lachte. »Ich wusste doch, dass mir dieser Ort gefallen wird!«

15
    »Da, am Ende der Straße ist Daryls Haus«, sagte Michelle.
    Theo parkte normalerweise an der Bordsteinkante, aber hier gab es gar keine. Er konnte auch keine Auffahrt entdecken, deshalb fuhr er auf die grasbewachsene Böschung und stellte seinen Mietwagen neben einem alten, verbeulten Chevy ab. Das zweistöckige Holzhaus war stark reparaturbedürftig. Die ausgetretenen Stufen sahen aus, als würden sie jeden Moment durchbrechen.
    Daryls Frau Cherry stand hinter der Fliegengittertür und beobachtete Theo und Michelle. Sobald sie aus dem Auto stiegen, kam Cherry auf die Veranda und winkte ihnen zu.
    »Nett, dass Sie vorbeikommen, Dr. Mike! Daryl wird noch verrückt mit dieser Hand. Er beklagt sich zwar nicht, aber ich sehe ja, dass er höllische Schmerzen hat.«
    Theo nahm Michelles Arzttasche und folgte den beiden Frauen ins Haus. Nachdem Cherry ihre Hände an der Schürze abgewischt hatte, begrüßte sie ihn mit einem kräftigen Handschlag. Sie war eine einfache Frau mit wettergegerbter Haut. Theo schätzte sie auf Anfang bis Mitte vierzig, und wenn sie lächelte, sah sie sehr hübsch aus. Den Spitznamen Cherry hatte ihr offenbar ihr hellrotes Haar eingebracht.
    »Ich habe von unserem Elliott schon einiges über Sie gehört. Ich glaube nicht, dass ich ihn schon mal so aufgeregt erlebt habe«, sagte Cherry. »Sie haben ihn sehr beeindruckt«, setzte sie mit einem Nicken hinzu. »Kommen Sie rein! Ich wollte gerade den Tisch fürs Abendessen decken. Oh, bevor ich es vergesse – vielleicht kommt Mr. Freeland gleich vorbei, um kurz Hallo zu sagen. Er hat vor ungefähr zwanzig Minuten angerufen.«
    »Mr. Freeland?« Der Name kam Theo bekannt vor, aber er wusste nicht, wo er ihn schon einmal gehört hatte.
    »Das ist der Musiklehrer von der Highschool«, erklärte Michelle, und sofort fiel Theo ein, dass Kevin ihn erwähnt hatte.
    Cherry führte Theo durchs Wohnzimmer zur Essecke in der Küche. Die spärlichen Möbel sahen abgenutzt aus. Der kleine Raum war mit einem langen Eichentisch und zehn unterschiedlichen Stühlen voll gestellt.
    Daryl erwartete sie bereits. Er saß an der Stirnseite des Tisches und fütterte ein Baby, das in einem Hochstuhl neben ihm saß, mit Bananenbrei. Das Gesicht und die Hände des kleinen Jungen waren voll davon. Als er seine Mutter entdeckte, lachte er und zeigte seine zahnlosen Kiefer. Dann sah er Michelle und verzog sofort das Gesicht. Seine Unterlippe fing an zu zittern.
    Michelle hielt bewusst Abstand zu dem Kleinen. »Heute gibt’s keine Spritze, Henry«, versprach sie ihm. Das Kind brach dennoch in Tränen aus. Cherry tätschelte ihm die Hand und besänftigte es mit ein paar Spielsachen, die auf dem Tisch lagen.
    »Jedes Mal, wenn Henry mich gesehen hat, musste ich ihm wehtun«, sagte Michelle. »Sobald ich es mir leisten kann, stelle ich eine Krankenschwester ein, die den Kindern die Spritzen gibt.«
    »Achten Sie gar nicht auf Henry! Er beruhigt sich schnell wieder. Und er wird schon kapieren, dass Sie ihm heute nichts tun werden«, sagte Cherry.
    Als Michelle Theo vorstellte, erhob sich Daryl und streckte ihm die Hand entgegen. Daryls linker Arm sowie die Hand waren bis zum Ellbogen verbunden.
    »Warum setzen Sie sich nicht und sehen sich diese Papiere an,

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