Gnade
ist mit der Arbeiterunfallversicherung?«
»Jim hat mir gesagt, die Versicherung würde die Prämien hoch schrauben, wenn ich den Unfall melde, und sie würden sowieso nicht zahlen, weil ich an dem Unfall selbst schuld wäre.«
»Daryl macht sich Sorgen um die anderen Leute in der Mühle«, sagte Cherry. »Wenn Jim Carson zumacht, verlieren auch sie ihre Arbeit.«
Theo nickte, dann nahm er die Papiere, die Daryl gesammelt hatte, und fing an zu lesen. Die Unterhaltung verstummte sofort, und Daryl und Cherry warteten voller Spannung. Es war mucksmäuschenstill in der Küche, man hörte lediglich, wie Henry an seiner kleinen Faust lutschte.
Theo brauchte nicht lange, bis er die Unterlagen gesichtet hatte. »Haben Sie wegen Ihrer Kündigung irgendwelche Schriftstücke unterschrieben?«
»Nein«, entgegnete Daryl.
»Vergiss nicht, Mr. Buchanan von dem Anwalt zu erzählen!«, ermahnte Cherry ihren Mann.
»Dazu wollte ich gerade kommen«, sagte Daryl. »Jim hat mir Frank Tripp hergeschickt, damit er mit mir redet.«
»Alle nennen ihn den Parasiten«, warf Cherry ein. Sie stand mittlerweile am Herd und rührte in dem Eintopf, den sie als Abendessen kochte. »Das würden wir ihm auch ins Gesicht sagen«, fügte sie hinzu. »Wir gehören nicht zu denen, die hinter seinem Rücken tuscheln. Er kann ruhig wissen, wie wir über ihn denken.«
»Jetzt beruhige dich, Cherry, und lass mich weitererzählen!«, tadelte Daryl sanft. »Frank ist Anwalt in St. Claire, und wenn ich nicht in meinem eigenen Haus säße, würde ich ausspucken, nachdem ich seinen Namen in den Mund genommen habe. Er ist ein ganz gemeiner Gauner, und sein Partner Bob Greene ist nicht besser. Sie haben eine Kanzlei zusammen und bekommen eine monatliche … wie heißt das noch mal, Liebes?«
»Provision?«
»Ein Honorar«, korrigierte Theo.
»Ja, genau. Jedenfalls, sie bekommen ein monatliches Honorar von den Carsons, und es ist ihr Job, alle Probleme zu lösen, die in der Firma auftauchen – Probleme wie ich.«
»Ein reizendes Arrangement!«, bemerkte Michelle.
»Wir haben uns gefragt …«, begann Cherry und nickte Daryl zu. »Sag du’s, Schatz! Erzähl ihm, was du vorhast, genau wie Big Daddy Jake es dir geraten hat.«
»Also schön. Cherry und ich haben uns gefragt, ob Sie in dieser Sache vielleicht etwas tun könnten, da Sie ja zufällig auch Anwalt sind. Wir bezahlen Sie natürlich für Ihre Arbeit. Wir wollen nichts geschenkt haben!«
»Aber wir möchten auch nicht, dass Sie in Schwierigkeiten geraten«, fügte Cherry hinzu.
»Wieso sollte ich in Schwierigkeiten geraten?«, erkundigte sich Theo verblüfft.
»Da Sie offiziell noch beim Justizministerium angestellt sind, dürfen Sie doch keine anderen Jobs annehmen. Das hat Big Daddy uns jedenfalls so erklärt.«
»Weil Sie doch noch vom Justizministerium bezahlt werden«, führte Cherry aus. »Stimmt das? Oder hat Jake das bloß erfunden?«
»Ich muss nämlich wissen, wie hoch der Betrag ist, den ich Ihnen zu zahle habe. Damit ich mir überlegen kann, wie ich das Geld zusammenbekomme«, erklärte Daryl.
»Sie müssen nichts zahlen, ich darf augenblicklich wirklich kein Honorar als Anwalt beziehen«, sagte Theo.
»Dann stimmt es also, was Jake gesagt hat?«
»Ja«, log Theo.
»Können Sie denn irgendetwas gegen die Carsons unternehmen?«, wollte Cherry wissen. Es klang hoffnungsvoll, aber ihr Gesicht war noch immer sorgenvoll.
»Ohne dass die Carsons die Mühle schließen«, rief ihm Daryl ins Gedächtnis. »Big Daddy hat Ihr Können in den höchsten Tönen gelobt …«
»So, hat er das?« Theo hätte am liebsten laut gelacht. Es war ihm ein Rätsel, wie Jake so etwas behaupten konnte. Er und Michelles Vater hatten sich ja hauptsächlich über das Angeln unterhalten. Er konnte gar nicht wissen, ob Theo in seinem Beruf etwas taugte oder nicht und was genau er eigentlich machte.
»Ja, Sir, das hat er, und er dachte, Sie könnten vielleicht mit Jim Carson ein paar Worte wechseln. Sie wissen schon, um ihn zur Vernunft zu bringen. Sie haben uns von unserem Lohn jeden Monat so viel für die medizinische Versorgung abgezogen, und dann durfte ich die Versicherung nicht in Anspruch nehmen. Das ist doch nicht richtig!«
»Nein, da haben Sie Recht«, stimmte Theo ihm zu.
»Vielleicht sollten Sie lieber mit Jims Bruder Gary reden. Er ist der Ältere, und Jim macht alles, was Gary sagt. Gary führt auch den Betrieb«, sagte Cherry.
Theo nickte wieder. »Ich bin allerdings mit den Gesetzen
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