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Gnade

Gnade

Titel: Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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einfache Gerichte geht, deine Biskuits zum Beispiel sind wirklich wunderbar leicht und locker! Aber wir müssen diesen Mann becircen. Wie ich schon sagte, Liebe …«
    »Ja, ja. Das ist übrigens absoluter Blödsinn.«
    »Ach, wirklich? Und was meinst du, wie deine Mutter mich geködert hat?«
    Wann würde sie endlich lernen, dass sie bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Vater nie gewinnen konnte, gleichgültig, welche Argumente sie vorbrachte? Schließlich gab sie sich geschlagen. »Mit ihrem weltberühmten Napfkuchen.«
    »Ganz recht.«
    »Ich will Theo aber nicht auf die Art ködern, wie Mama dich geködert hat.«
    »Das weiß ich. Aber der ganze Ort will ihn ködern.«
    »Okay, ich leiste meinen Beitrag, versprochen. Mal sehen, ob ich alles richtig verstanden habe. Ich darf also nichts kochen und muss lügen wegen des Gumbos, Theo soll denken, dass ich ihn gemacht habe. Und, o ja, ich muss freundlich zu ihm sein. Soll ich ihm jeden Abend ein Stück Schokolade aufs Kopfkissen legen?«
    Jake schlang die Arme um sie und druckte sie ungestüm an sich. »Das wäre vielleicht ein wenig übertrieben. So, jetzt setz dich an die Bar. Ich bringe dir und Theo etwas zu essen.«
     
    In den nächsten drei Stunden hatte Michelle keine ruhige Minute. Nachdem sie und Theo gegessen hatten, band sie sich eine Schürze um, räumte die Tische ab und half, das Bier zu servieren. Theo saß an der Bar zwischen zwei Männern, die die ganze Zeit über irgendwelche Papiere in den Händen hielten. Die anderen standen geradezu Schlange, um mit ihm zu sprechen. Jake beugte sich ständig über die Bar, um ihn mit den Leuten bekannt zu machen.
    Kostenlose juristische Beratungsstunde, dachte Michelle bei sich. Myron war schon vor über einer Stunde verschwunden, und da ihr Vater vollauf damit beschäftigt war, Theo zu umgarnen, bediente sie an der Bar.
    Um halb elf wurde die Küche offiziell geschlossen und sauber gemacht. Der Betrieb ließ allmählich nach. Als Michelle schließlich die Schürze auszog und zur Jukebox hinüberging, saßen nur noch etwa ein Dutzend Menschen im Schwan. Sie steckte einen Vierteldollar, den sie aus der Kasse genommen hatte, in den Schlitz und drückte auf einen Knopf. Dann setzte sie sich an einen Tisch in der Ecke, den sie gerade abgeräumt und feucht gewischt hatte, stützte den Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Handfläche.
    Ihr Blick wanderte immer wieder zu Theo. Dieser Mistkerl sah schlichtweg hinreißend aus in dem grauen T-Shirt und der Jeans. Warum musste er so sexy sein? Und wieso konnte sie nicht irgendeinen Makel an ihm finden, an dem sie sich festbeißen konnte, um ihm zu widerstehen? Sie konnte an nichts anderes mehr denken als daran, mit ihm zu schlafen. Bedeutete das, dass der Mann sie im Handumdrehen in ein Flittchen verwandelte? Es war bestimmt wunderbar, ihn zu lieben. Hör endlich auf damit!, ermahnte sie sich.
    Schlagartig fiel ihr etwas ein, was sogar noch deprimierender war. Wenn er abreiste – und er reiste ganz bestimmt über kurz oder lang ab –, dann würde ganz Bowen ihr die Schuld daran geben. Die Leute sprachen es sicher nicht aus, aber sie alle würden denken, dass sie es vermasselt hatte, dass sie nicht zuvorkommend genug gewesen war.
    Sie fragte sich, was die Leute wohl von ihr hielten, wenn sie wüssten, wie zuvorkommend sie gern wäre. Gib’s zu, du bemitleidest dich selbst, weil er bald nach Boston zurückfliegt und dort sein ach so weltgewandtes Leben weiterführt, während du dir nichts sehnlicher wünschst, als dass er bei dir in Bowen bleibt. Am liebsten für immer!
    Wie konnte ihr das bloß passieren? Sie hätte sich für ihre Dummheit ohrfeigen können. Hatte sie sich nicht immer wieder all die Gründe vor Augen geführt, weshalb sie sich nicht in ihn verlieben durfte? Zählten die denn auf einmal gar nicht mehr? Sie war offensichtlich zu naiv gewesen und hatte ihre eigenen Vorsichtsmaßnahmen ignoriert. Sie war doch eine starke Frau, warum war sie dann nicht im Stande, sich vor ihm in Acht zu nehmen? Liebte sie ihn etwa? Was sollte nur aus ihr werden, wenn das wirklich zutraf? Das war doch unmöglich, entschied sie. Liebe entwickelte sich nicht so schnell – oder vielleicht doch?
    Michelle war so sehr damit beschäftigt, sich den Kopf zu zerbrechen, dass sie gar nicht merkte, wie Theo auf sie zukam.
    »Du siehst aus, als hättest du gerade deinen besten Freund verloren. Komm, tanz mit mir!«
    Geh weg und lass mich in meinem Selbstmitleid baden! »

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