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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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beizubringen.

LII
    »Das ist doch Schnee von gestern«, meinte Lalage wegwerfend. »Wen interessiert das schon, jetzt, wo Nonnius tot ist? Wen kümmert’s?«
    »Balbinus!« gab ich kurzangebunden zurück. »Und Sie sollte es auch kümmern.«
    »Ich wüßte nicht, warum.«
    »Das werden Sie schon, wenn eines Nachts eine Bande von Mördern hier reinstürmt und Sie an den Haaren rauszerrt.«
    »Dann trage ich eben für ein paar Tage eine Perücke …« Schnoddrigkeit war nicht ihr Stil. Sie kannte ihre Grenzen und hielt nicht durch. »Das hier ist ein Bordell. Ich dachte, das wäre Ihnen aufgefallen! Mit Randalierern werden wir allemal fertig.«
    »Jupiter, ich hab Ihre Sicherheitsvorkehrungen doch gesehen! Macra, die nur mit Geldzählen beschäftigt ist, und dieser verpennte Schluffi, der sich schon in die Hose macht, wenn man nur die Stimme hebt? Nonnius hatte eine gepanzerte Tür. Seine Mörder sind mit der Artillerie gekommen; es war der reinste Militäreinsatz.«
    »Tja, vielen Dank für die Warnung. Jetzt weiß ich, worauf wir uns einstellen müssen.« Sie war unbeeindruckt, streckte das Bein und ließ ihre Sandale wippen. Das zierliche Ding hatte eine dünne Sohle, aber festeres Oberleder, war aus einem einzigen Stück Leder gefertigt und mit einer Menge Schnüre verschlossen. Kein Laufschuh, aber das brauchte sie nicht zu beunruhigen. Was mich beunruhigte, war der ausgesprochen hübsche Fuß, an dem die Sandale baumelte.
    Ihr blasiertes Getue erhitzte mich noch mehr, aber auf andere Art. »Was ist los mit Ihnen, Lalage? Balbinus hat auf seinem Rachefeldzug schon mindestens zwei der Menschen ermorden lassen, die ihn vor Gericht gebracht haben. Ich war damals im Ausland, aber soviel ich gehört habe, war Nonnius nicht der einzige alte Kumpel, der die Anklage unterstützt hat. Auch Sie haben ausgesagt.«
    »Ich wurde unter Druck gesetzt.«
    »Von Petronius Longus.«
    »So hieß der Dreckskerl.«
    »Vielleicht bin ich beschränkt, aber für mich stehen Sie damit als Nächste auf Balbinus’ Abschußliste, Lalage.«
    »Sie sind beschränkt.« Sie wußte genau, was sie sagte, als sie hinterhältig hinzufügte: »Ich denke, da ist noch jemand vor mir dran.« Sie meinte Petronius. Ich hoffte, sie hatte meinen Schreck nicht bemerkt.
    »Der ist schon groß, und Schurken aus dem Weg zu gehen, ist sein Beruf. Er kann auf sich selbst aufpassen. Sie dagegen sind nach wie vor in Gefahr.«
    »Damit werde ich schon fertig.«
    »Die älteste Lüge der Welt, Lalage! Die Geschichte ist gespickt mit den Leichen von Dummköpfen, die vorher gesungen haben: ›Ich bin anders. Mir passiert nichts!‹ Oder haben Sie ihn etwa gekauft?« Dieser Gedanke machte mich wütend. »Einer der Vigiles ist ebenfalls ermordet worden. Sind Sie dafür verantwortlich? Haben Sie Linus verraten?«
    »Hab nie von ihm gehört«, sagte sie. Sie war ruhig. Ich wollte ihr glauben.
    »Haben Sie Balbinus in letzter Zeit gesehen?«
    »Nein.«
    »Er muß ein Versteck haben. Hat er Sie gebeten, ihn unterkriechen zu lassen?«
    »Kommen Sie schon wieder damit! Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Falco.«
    »Was ist mit seinen Männern? Klein-Ikarus und der Müller? Kommen die öfter hierher?«
    »Ich hab Ihnen doch schon gesagt, daß die Hausverbot haben. Allesamt.«
    »Und keiner von der alten Bande hat sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt? Was ist mit Balbinus selbst?«
    »Nein.« Es klang wie eine Lüge. Ich merkte, daß sie meine Gedanken las. »Balbinus ist ein Hai.« Ihre Stimme war hart geworden. »Glauben Sie mir, Falco, er weiß, daß er in mir eine Ebenbürtige gefunden hat. Ich bin stärker als er, und wenn er in Rom überleben will, läßt er mich besser in Ruhe. Was – ein Verbannter, der heimlich zurückgekommen ist? Was für ein Idiot. Er hat doch keine Chance.« Sie redete zuviel. Das sah Lalage nicht ähnlich. Immer noch hatte sie diesen offenen Blick einer Hure, die lügt. Das Problem mit Huren ist nur, daß sie ständig so schauen, selbst wenn sie die Wahrheit sagen.
    »Und was ist mit Nonnius? Woher zum Hades wußten Sie, daß er Alexanders Geschichte durchschaut hat?«
    »Ist Alexander der Arzt?«
    »War.«
    »Ach ja, war! Hat wohl seinen eigenen Zustand falsch diagnostiziert, was? Tja, ich weiß davon, Falco, weil Nonnius und ich die ganze Sache arrangiert haben. Belasten Sie Ihr hübsches Köpfchen nicht mit den Einzelheiten, aber als Petronius seinen Mann mit dieser hahnebüchenen Geschichte zu ihm schickte, hat Nonnius ihm nicht

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