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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Rippen haben. Was mich anging, so lag ich jetzt auf dem Rücken, gefangen in einem Gewirr aus Kettengliedern, das Tibullinus höhnisch fester zog. Arica machte seinen verletzten Gefühlen mit einem Tritt nach meinem Gesicht Luft. Ich konnte mich gerade noch zur Seite rollen, aber sein großer Stiefel erwischte mich am Ohr und riß mir Hautfetzen und Haare ab. Sie zerrten mich über den Boden zu den Resten der Fackel, doch meine Kleider entzündeten sich nicht. Sie hatten genug Ketten um mich geschlungen, um einen wildgewordenen Elefanten zu bändigen. Während ich mich zur Wehr setzte, brüllte ich den einen oder anderen Namen in der Hoffnung, man würde mir zu Hilfe kommen. Ich hätte es besser wissen sollen. Ich heiße Didius Falco, und Hilfe ist das letzte Geschenk, das die Olympischen Götter mir zuwerfen würden.
    Am Ende schienen sie des Herumgezerres müde zu werden. Ich hätte nicht mehr sagen können, wie viele Tritte sie mir versetzt hatten. Sie stellten mich aufrecht und fesselten mich an eine Säule. Tibullinus zog seinen Zenturionenstab aus Rebenholz heraus und beschrieb mit genüßlich in anschaulichen Worten, was er mir damit anzutun gedachte. Ich tat so, als sei ich ein Perverser und könne es gar nicht abwarten. Wenn er mir nahe genug käme, könnte ich ihn wenigstens anspucken.
    Doch selbst das wurde mir verwehrt. Sie wußten, daß ich nicht allein gekommen war, versprachen mir für später ein Folterfest und verließen eiligst den Raum. Nicht lange danach flackerte die Fackel noch einmal auf und verlosch.
     
    Ich war verzweifelt, aber es kam noch schlimmer. Wie lange ich mit allmählich taub werdenden Armen in der Dunkelheit stand, kann ich nicht sagen. Genug Zeit für Helena Justina, zum Aventin zurückzulaufen und etwas zu unternehmen. Derjenige, den sie herschicken würde, mußte dann nach mir suchen, und Tibullinus mußte ihn finden und überwältigen. Als sich endlich die Tür öffnete, war die Musik draußen erst immer wilder geworden – zweifellos passend zu dem, was sich zwischen den Mädchen und ihren Kunden abspielte. Dann hatte ich jede Menge Energie darauf verschwendet, zu rufen und zu brüllen, nachdem der Lärm abgeflaut war. Wie pervers ihre Gelüste auch sein mochten, an einem gefesselten Mann hatten sie kein Interesse.
    Dann wurde die Tür geöffnet. Tibullinus hielt sich nicht damit auf, eine Fackel hereinzubringen. Er schleuderte seinen Gefangenen kopfüber hinein, versetzte ihm noch ein paar ordentliche Tritte, kettete ihn an, versprach ihm für später das gleiche wie mir und marschierte wieder hinaus.
    »Ganz schön schnell«, sagte ich in die heimelige Dunkelheit hinein. »Und tröstlich in seiner erwärmenden Vorhersehbarkeit.«
    Mein neuer Gefährte stöhnte. Vielleicht hatte er Schmerzen von den Tritten. Vielleicht war er aber auch nur froh, seine Gefangenschaft mit mir teilen zu dürfen.
    Nach ein paar Minuten hatte er sich so weit erholt, daß er losschimpfen konnte. »Das war das letzte Mal.« Seine Stimme war heiser. Er zwang sich, noch etwas auszuruhen. »Das war das letzte Mal, Falco.« Ich legte den Kopf gegen die Säule und seufzte nachdenklich. »Wenn du das nächste Mal in tödlicher Gefahr bist, bleib ich zu Hause und streichle die Katze.«
    »Vielen Dank«, sagte ich in bescheidenem, unterwürfigem Ton, der ihn verrückt machen würde. »Ich bin gerührt, daß du mir zur Hilfe kommst – obwohl es nicht viel nützt, wenn du dich dabei genauso zum Bündel schnüren läßt wie ich. Aber trotzdem vielen Dank, Lucius Petronius, mein treuer Freund.«

LXI
    Die Zeit verging.
    Irgendwas Gefährliches geschah mit meinen Armen. Ich erwähnte es Petro gegenüber. Er war nicht so eng gefesselt wie ich, vermutlich deswegen, weil man ihm erst Ketten angelegt hatte, nachdem man ihn die Treppe hinuntergeworfen, verprügelt und mittels einer großen Vase in süßen Schlummer versetzt hatte. So hatte er nicht wie ich die Gelegenheit gehabt, sich durch wilde Verrenkungen noch fester einzuschnüren. Er drückte mir sein freundliches Mitgefühl aus, gefolgt von der logischen Frage, was er bitteschön dagegen tun könnte.
    Und so verging noch mehr Zeit.
     
    »Petro, wo sind deine Männer?«
    »Welche Männer? Als Helena Justina aufgehört hat, mich auszuschimpfen, bin ich sofort hierhergerannt.«
    »Na prima.«
    »Woher hätte ich denn Verstärkung kriegen sollen? Ich bin nicht hier. Ich bin aufs Land geschickt worden.«
    »Du bist aber nicht gegangen.«
    »Worauf du wetten

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