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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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davon. Rubella meint, das sei ein Versuch gewesen, den Chef auszuschalten. Er glaubt, daß Balbinus dahinter steckt, also hat er Petro für krank erklärt und aufs Land geschickt.«
    »Worüber der bestimmt nicht erfreut war.«
    »Er hat seine Kündigung eingereicht.«
    »Oh, Jupiter!« Für einen ruhigen Mann konnte mein alter Freund manchmal sehr starrköpfig sein.
    Martinus grinste. »Rubella hat die Tafel sofort zerbrochen und sie ihm zurückgegeben.« Der Tribun schien wenigstens ein Fünkchen Verstand zu besitzen. Aber wir würden die Sache im »Platons« ohne unseren besten Mann ausfechten müssen. »Während ich auf dem Aventin war, hab ich mit ein paar der Jungs gesprochen«, meinte Martinus vage.
    »Was soll das heißen?«
    »Sergius und vier oder fünf von den anderen kommen später vielleicht vorbei.«
    » Vier oder fünf? Kommt nicht in Frage«, erwiderte ich sofort. »Ohne ausreichende Rückendeckung können wir nicht ins ›Platons‹ rein. Sag ihnen, sie brauchten sich nicht zu bemühen.«
    »Das kannst du ihnen selbst sagen!« gab Martinus zurück. Er klang verdrießlich. Dann klopfte jemand diskret auf den Tresen, und als ich aufschaute, sah ich das lächerlich hübsche Gesicht von Sergius über mir, dem Mann, der so gern die Peitsche schwang. Er hatte ein langes Gesicht, eine gerade Nase, ein festes Kinn und blitzende, ebenmäßige Zähne. Sein Blick war auf Helena gerichtet; sie beschäftigte sich angelegentlich damit, die Olivenkerne auf meinem Teller zu zählen.
    Die Dinge entwickelten sich schneller, als es mir lieb war. Sie gerieten außer Kontrolle. Mit einem Gangster wie Balbinus konnte das tödliche Folgen haben.
    Hinter Sergius drängten sich weitere Männer der Vierten. Zumindest brauchte ich mir jetzt, wo ich wußte, daß Petro zum Landurlaub abkommandiert war, keine Gedanken mehr zu machen, daß sie ihm gegenüber treulos handelten. Sie widersetzten sich Rubella; das war in Ordnung.
    Was ich jedoch nicht akzeptieren konnte, war eine irrwitzige Übung ohne jeden Befehl, ohne Planung und Rückendeckung und ohne einen vollausgerüsteten Spähtrupp. Ich war entschlossen, Martinus darin nicht nachzugeben. Nur war hier mit gesundem Menschenverstand nichts zu machen. Die Jungs, wie er sie nannte (obwohl sie alle große, kräftige und, abgesehen von Sergius, häßliche Männer waren), hatten sich in den »Öligen Krug« gedrängt wie Schuljungen beim Überfall auf einen Konditorladen. Ich stöhnte und versuchte, mich von Helena zu verabschieden, deshalb entdeckte Sergius als erster, daß sich was tat. Er zischte und blies rasch die Lampe aus.
    Jetzt hörte auch ich die Geräusche, die ihn aufmerksam gemacht hatten. Zwei paar Füße marschierten im Gleichschritt, begleitet von dem beunruhigenden Geklirr schwerer Ketten. Sie kamen aus der Richtung des Circus. Die Füße stapften mit fröhlicher Energie in dicksohligen robusten Stiefeln.
    Die Männer, deren Füße sie so zielstrebig vorwärts trugen, waren den meisten von uns bekannt. Es waren Tibullinus und Arica, der Zenturio und sein Kumpel von der Sechsten – zwei aufrechte Offiziere, die, wie wir alle glaubten, Schmiergelder annahmen. Wie siegreiche Jäger marschierten sie ins »Platons« hinein, ihre Beute aufgehängt an der Stange über ihren Schultern. Mit Ketten an diese Stange gefesselt, hing ein Mann, den ich wiedererkannte.
    »Oh, ihr Götter!« murmelte Martinus. »Ich hab vergessen, ihm zu sagen, daß wir von der Vierten sind. Er ist mit dem verdammten Schuldschein zur Sechsten gegangen.«
    Der Gefesselte war Igullius. Er lebte noch – wenn auch nur knapp.
    »Raus hier!«
    Ich hörte meine Stimme, ohne damit gerechnet zu haben. Irgendwie brachte ich es fertig, sie alle aus dem »Öligen Krug« zu treiben, bevor die beiden Männer von der Sechsten wieder aus dem Bordell kamen, um uns zu suchen. Wir schafften es gerade noch rechtzeitig, um eine Ecke zu flitzen, dann hörten wir Getöse, als eine Gruppe aus dem Bordell die Kneipe auf den Kopf stellte, die wir gerade verlassen hatten. Helena war so schlau gewesen, die immer noch warme Schüssel mitzunehmen, aus der ich gegessen hatte.
    Tibullinus mußte den Eindruck haben, Martinus und ich hätten uns schon längst aus dem Staub gemacht. Nach kurzer Zeit gaben sie auf und zogen sich ins Bordell zurück.
    Doch wir waren immer noch da. Und natürlich hatte Petros Stellvertreter nur einen Gedanken im Kopf: »Die haben Igullius. Falls sie unsere Pläne nicht schon kennen, wird es nicht

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