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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Romantiker war, hatte er vielleicht eine Vorstellung von ihrem Kummer, falls sie mich je verlieren sollte.
    Er war berühmt für seine Höflichkeit, also mußten auch jetzt noch ein paar Artigkeiten ausgetauscht werden. Ich fing damit an: »Bitte richten Sie Ihrem Vater meine Grüße aus, Hoheit.«
    »Vielen Dank. Helena Justina müßte doch in Kürze Geburtstag haben«, gab Titus zurück. Er erinnerte mich gern daran, daß er wußte, wann sie Geburtstag hatte. Einmal hatte er sogar versucht, sich trickreich in die Familienfeierlichkeiten einzuschleichen.
    »Übermorgen«, sagte ich fest, als hätte ich keinen anderen Gedanken im Kopf.
    »Bitte gratulieren Sie ihr von mir.«
    Ich zwang mir ein dankbares Lächeln ab.
    Natürlich hatte ich ihren Geburtstag nicht vergessen. Inzwischen hatte ich mir sogar das Datum gemerkt. Und es war mir auch endlich mal gelungen, ihr ein wirklich schönes Geschenk zu kaufen. Ich hatte mich bemüht, nicht daran zu denken. Neben den zahlreichen komplizierten Aufgaben, die man mir seit meiner Rückkehr nach Rom übertragen hatte, war das einfach ein Problem zuviel.
    Helenas Geschenk war zwischen dem syrischen Glas versteckt gewesen, das meinem Vater beim Überfall auf das Emporium gestohlen worden war.

XXVII
    Die Straßen waren ruhiger und dunkel. Der Herbst machte die Nächte kühler. Mir fehlte mein Umhang, aber es waren vor allem Titus’ Worte, die mich frösteln ließen.
    Ich mußte das Forum überqueren, am Palatin vorbei und den Aventin hochsteigen. Ich schritt gleichmäßig aus, hielt mich von Hauseingängen fern und warf rasche Blicke in die Gassen, an denen ich vorbeikam, hielt mich an Straßen, die ich kannte. Waren sie breit genug, blieb ich in der Mitte. Wenn ich jemanden hörte, dem meine Anwesenheit nicht entgangen sein konnte, bemühte ich mich um einen festen Schritt. Hatte er mich nicht bemerkt, ging ich leise weiter.
    Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Allein die häuslichen Ereignisse hätten ausgereicht: eine schwangere Freundin, die immer noch nicht wußte, wie sie damit umgehen wollte; ihre Familie; meine Familie. Dann die Stunden, die ich brauchen würde, um die neue Wohnung zu renovieren; die Hochzeit meiner Freundin Lenia, bei der ich den Priester spielen sollte; und jetzt noch das Baby, das ich auf meinem Müllkarren gefunden hatte. Die Herkunft des Findelkindes zu ergründen, würde mindestens eine Woche dauern – Zeit, die ich nicht hatte!
    Außerdem mußte ich noch einen Ersatz für Helenas Geburtstagsgeschenk finden. Ich war ein bißchen knapp bei Kasse (was mit daran lag, daß ich so viel für das inzwischen gestohlene erste Geschenk ausgegeben hatte). Natürlich gab es dafür eine einfache Lösung, die mir aber nicht paßte: Ich konnte Papa bitten, mir eine geschmackvolle Antiquität aus seinem Lager auszusuchen – eine, die er mir zum Einkaufspreis überlassen würde. Für Helena würde er das vermutlich tun – und für Helena wäre ich auch ohne allzugroßes Gezeter dazu bereit –, aber das Ganze würde schrecklich werden. Allein die Vorstellung, was ich dabei mit Papa durchmachen mußte, ließ mich schaudern.
    Und jetzt hatte Titus mich gebeten, Petronius’ Vertrauen zu mißbrauchen. Der Gedanke machte mich krank. Außerdem war ich wütend, daß ich die Sache allein durchziehen sollte. Der einzige, der über meinen schmutzigen Auftrag informiert sein würde, war der Tribun Marcus Rubella – nicht gerade der Typ, den ich mir für ein gemütliches kleines Schwätzchen ausgesucht hätte. Doch selbst wenn ich das gewollt hätte, konnte ich nicht so ohne weiteres zu ihm. Wenn ich in das Büro des Tribuns schlüpfte, um mit ihm durchzukauen, was ich herausgefunden hatte, würden sofort alle möglichen Gerüchte die Runde machen.
    Zum Glück konnte ich mit Helena reden. Obwohl Titus mir befohlen hatte, mit niemandem darüber zu sprechen, gab es eine Ausnahme. Allen Witzen über ignorante Ehefrauen zum Trotz erwartet ein Römer von seiner häuslichen Partnerin, daß sie seine Kinder austrägt, seinen Speisekammerschlüssel verwahrt, mit seiner Mutter streitet und, wenn nötig, sein Vertrauen hat. Die Tatsache, daß Brutus Porcia nicht in seine Pläne für die Iden des März einweihte, erklärt, warum er mausetot in Philippi endete.
    Helena und ich hatten immer unsere Gedanken ausgetauscht. Sie erzählte mir von Gefühlen, derer sie niemand für fähig gehalten hätte. Ich sprach selten von meinen Gefühlen, weil sie die sowieso erriet. Ich

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