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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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freundlich und ließ die Schriftrolle zwischen seinen sauber manikürten Fingern baumeln. »Sie leisten uns stets gute Dienste, Falco. Mein Vater und ich haben eine hohe Meinung von Ihrer Urteilskraft und Zuverlässigkeit.« In Wirklichkeit konnten sie Ermittler nicht ausstehen und benutzten mich nur, wenn es nicht anders ging. Da mußte was im Busch sein. »Wollen Sie mir von dem Problem erzählen, auf das Sie gestoßen sind?«
    Es war eine Aufforderung, Anacrites eins reinzuwürgen. Natürlich mußte ich aus reiner Dämlichkeit wieder so tun, als stände ich über den Dingen. »Das ist nicht wichtig, Cäsar. Ich hab’s überlebt.«
    »Ich halte es aber für wichtig.« Womit Titus einräumte, daß Spione in fremden, feindlich gesinnten Königreichen rasch abgeurteilt werden. »Sie reisten inkognito, und jemand hat Sie versehentlich bloßgestellt.«
    »Absichtlich bloßgestellt«, verbesserte ich sanft.
    »Wollen Sie, daß das untersucht wird?«
    »Lieber nicht«, meinte ich sarkastisch. »Anacrites zu entlassen, ist zu gefährlich. Eine Degradierung wäre besser: Man könnte ihn zum Beispiel eine umfassende Untersuchung der Bestellmethoden für Klopapier im öffentlichen Dienst leiten lassen.«
    Insgeheim hatte Titus meinen Zynismus immer gemocht. Er fuhr sich mit beiden Händen durch das ordentlich gekämmte Haar. »Warum frage ich mich eigentlich bei jedem Gespräch mit Ihnen, ob mir der Ton gefällt, Falco?« Er kannte den Grund. Er war der Sohn des Kaisers und würde eines Tages selbst Kaiser sein. Nur wenige würden es je wieder wagen, ihn in eine anständige Auseinandersetzung zu verwickeln.
    »Ich bin ein erstklassiger Debattierer, Cäsar.«
    »Und so bescheiden!«
    Ich zuckte großmütig mit den Schultern. »Und der einzige Idiot, der das Risiko eingeht, Ihr Mißfallen zu erregen.« Er nahm es hin und lachte.
    »Sind Sie für Ihre Arbeit bezahlt worden?« fragte er schnell. Was immer Vespasian und er von mir wollten, mußte außergewöhnlich unerfreulich sein.
    »Bitte machen Sie sich darum keine Gedanken. Wenn die Omen für die kleinen Buchhalternasen am Zahlschalter richtig stehen, werde ich mein Standardhonorar einstreichen, Cäsar.«
    »Es wird erhöht werden«, bemerkte Titus.
    »Das ist äußerst freundlich.« Ich war überzeugt, daß irgendwas Großes auf mich zukam.
    Der Freundlichkeiten war damit Genüge getan. Titus gab zu, daß ich nicht ohne Grund spätabends und ohne Protokollant herzitiert worden war. Er meinte, die Angelegenheit sei vertraulich und delikat; darauf wäre ich auch so gekommen. Aber auf das, was er mir dann antrug, war ich nicht vorbereitet. Und als ich es erfahren hatte, wurde mir fast schlecht.
     
    »Was ich Ihnen zu sagen habe, muß ein absolutes Geheimnis bleiben. Niemand – niemand , Falco, egal, wie nahe er Ihnen steht – darf davon erfahren.«
    Ich nickte. Man akzeptiert solchen Schwachsinn wie ein Lamm. Das ist das Problem mit Geheimnissen. Wie soll man wissen, ob man einverstanden ist, wenn man sie nicht kennt?
    »Marcus Rubella«, fuhr Titus in knappem Ton fort, »ist erst vor kurzem in das Tribunat der Vigiles berufen worden.« Stimmt. Vespasians Mann. Die Stadtkohorten mußten als ziemlich loyal gelten, weil selbst unter der Regierung seines Vorgängers und Rivalen Vitellius Vespasians Bruder Sabinus Stadtpräfekt gewesen war. Sabinus, ein beliebter Mann, der in unmöglichen Zeiten den Frieden zu sichern versuchte, hatte sich anhaltenden Respekt verdient. Um das zu verstärken, wurden die Offiziere der zivilen Institutionen in Rom und in den Legionen jetzt ausgetauscht. Der neue Kaiser belohnte und verteilte Posten.
    »Ich habe Rubella kurz kennengelernt«, warf ich im Plauderton ein.
    »Das weiß ich«, sagte Titus. Ein mieses Gefühl überkam mich.
    »Scheint ein interessanter Zeitgenosse zu sein.«
    Titus lächelte. »Das muß eine Art umsichtiger Kurzfassung sein – Rubella sagte ungefähr das gleiche über Sie.« Obwohl ich erst am Morgen bei ihm gewesen war, hatte Marcus Rubella, der Tribun von Petros Kohorte, also bereits mit Titus gesprochen. Eine weitere böse Vorahnung machte sich in meinem Magen breit.
    »Die Sache ist ziemlich unerfreulich«, erklärte Titus unerbittlich. »Rubella macht sich Sorgen wegen der laxen Moral seiner Männer.«
    Natürlich hatte ich es kommen sehen, holte aber doch tief Luft. »Rubella meint, die Vierte nimmt Bestechungsgelder an?«
    »Überrascht Sie das, Falco?«
    »Ich kenne einen von ihnen«, gestand ich.
    »Das ist mir

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