Gnadenlos (Sara Cooper)
Affäre mit Claire nicht einmal zu überraschen, es war wohl nicht seine erste gewesen. Trotzdem hielt sie zu ihrem Mann. Sie fand für alles, was Rick getan hatte, eine passende Ausrede. Mia hingegen hatte sich total zurückgezogen, wollte niemanden sehen oder hören. Einzig und alleine ihre Grandma, Dana Webber, hat einen Zugang zu ihr gefunden. Sara war sich nicht sicher, ob ihre Mutter in einem solchen Moment die beste Vertraute war, aber für Mia schien sie es zu sein. Das Mädchen musste erst den Tod ihres Vaters verarbeiten, dann würde sie sich mit den anderen Dingen auseinander setzen, die sie erlebt hatte. Zumindest durfte sie sich der Liebe ihres Vaters immer sicher sein – das war aber auch der einzige Trost.
Tom. Niemals hätte Sara gedacht, dass dieser Mann sie so hinters Licht führte. Diese Tatsache schmerzte sehr. Sie hatte ihm vertraut und er hatte ihr Vertrauen auf voller Linie ausgenutzt. Es waren noch keine Details zu seinem Tod bekannt, aber das sollte in den nächsten Tagen folgen. Es hieß, er wäre bei dem Versuch zu fliehen erschossen worden.
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und ging den Bericht noch mal durch. Geoffrey, Lydias Mann, war mittlerweile wieder aus dem Koma erwacht und hatte ausgesagt, Rick habe damals bei ihm vor der Tür gestanden. Rick hatte ihn so zugerichtet, als er ihm verweigerte, mit Lydia zu sprechen. Es musste eine Kurzschlussreaktion gewesen sein. Rick wusste, dass Lydia ihn und Claire damals in dem Café gesehen hatte. Er wollte ihr und Geoffrey einfach nur klar machen, dass sie die Sache besser für sich behielten. Er war verzweifelt und wollte die Eheleute einschüchtern. Wie hätte er ahnen können, dass Lydia Rick nicht mal erkannt hatte, und dass sie ihrem Mann gar nichts von der Begegnung erzählt hatte? Claire wohnte mittlerweile wieder bei Lydia und Geoffrey, das Baby wollte sie bekommen und mit Hilfe ihrer Familie großziehen. Todd würde dabei sicher auch eine Rolle spielen, dachte Sara. Auch Philip ging es besser, er zog seinen Entzug bis heute durch und hatte immerhin eine Chance, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ob er sie nutzte, würde sich zeigen. Sara schloss die Augen. Sie freute sich, dass zumindest Familie Reynolds die Chance für einen Neuanfang bekam. „Sara.“ Erneut ertönte eine Stimme hinter ihr. Wieder Miller.
„Entschuldigen Sie, Sara. Ich hab da noch was für Sie. Kommen Sie kurz mit in mein Büro.“
Sara zuckte mit den Schultern. Sie folgte ihm schweigend und schloss die schwere Glastür hinter sich. Miller blieb vor seinem Schreibtisch stehen und nahm etwas in die Hand.
Er drehte sich zu Sara um und blickte sie an. „Es gibt neue Erkenntnisse über Tom Jacksons Tod. Möchten Sie sie hören?“, fragte er vorsichtig.
Sara stockte, sie wusste nicht, ob sie dafür bereit war, nickte aber schließlich aus Angst, ihre Stimme könnte versagen.
„Tom ist nicht bei einem Fluchtversuch erschossen worden, sondern als er aufgeben wollte“, sein Kiefermuskel verspannte sich.
„Wie bitte?“ Sara riss die Augen auf.
„Warten Sie“, mahnte sie Miller. Er war noch nicht am Ende seiner Ausführungen.
Konzentriert lauschte Sara.
„Er wollte den kleinen Jungen, den er zuvor entführt hatte, bei der Polizei abgeben. Dabei ist er erkannt worden.“
„Er wollte was? Ich glaub es nicht!“ Sara konnte es nicht fassen.
„Tom zielte zwar auf die Polizisten, aber seine Waffe war schon wieder gesichert. Er muss sich zu schnell bewegt haben. Einer der Männer, ein ganz junger Kerl, hat abgedrückt und Tom mitten ins Herz getroffen. Er war sofort tot.“
Sara wich zurück und Miller zog einen Stuhl heran. „Hier, setzen Sie sich.“
Sie schnappte nach Luft. „Ich versteh das alles nicht. Er wollte aufgeben?!“, erwiderte sie nur.
Miller gab ihr den Umschlag, den er in der Hand hielt. „Vielleicht finden Sie hier die Antworten.“
„Was ist das?“
„Das ist ein Brief, an Sie adressiert. Den hat er dem Jungen mitgegeben, zusammen mit ziemlich viel Geld, umgerechnet 5.000 Dollar. Für seine Großmutter. Fragen Sie mich jetzt bitte nicht, warum. Lesen Sie einfach.“ Miller nickte Sara zu und legte seine Hand auf ihre Schultern. Es war eine beruhigende Geste. Sie atmete tief ein, und ihr Chef verließ das Büro. Der Brief lag in ihrer zitternden Hand. Sie faltete das Blatt auseinander, und der Gedanke, dass diese Zeilen von Tom stammten, ließ sie zusammenzucken.
Kapitel 75
Liebe Sara,
wenn Du diese Zeilen
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