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Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wagner
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nicht ertragen, selbst mit Gottes Hilfe nicht!]

    „Nun denn, Herr Braun. Ihre Frau Mutter hat mich gebeten, ihnen ein zweites Mal ins Gewissen zu reden. Und ich muss ihnen gestehen, nach unserem ersten Zusammentreffen bin ich zu dem Schluss gekommen, das Sie
wirklich
etwas Unterstützung und Führung nötig haben. Sie sind noch sehr jung, und es ist sicherlich nicht einfach, in solch jungen Jahren alleine zurechtzukommen. Selbst, wenn man nicht an einen Rollstuhl gefesselt ist.“

    „Sie irren sich, Herr Pfarrer. Ich hatte in den wenigen Jahren, die ich nun auf Gottes Erde leben durfte, genügend Gelegenheiten, meine Erfahrungen zu sammeln. Außerdem bin ich
nicht
an meinem Rollstuhl gefesselt! Oder sehen Sie hier irgendwo Ketten oder Seile, oder etwas in der Art? Bitte seien Sie ein wenig vorsichtiger bei der Wahl ihrer Worte. Sie könnten sich schnell als Eigentore herausstellen!“

    Es hatte ein wenig wie eine Drohung geklungen, und genau das war auch meine Absicht gewesen. Er sollte von Anfang an wissen, dass
ich
den Ton unserer Unterhaltung bestimmen würde, niemand sonst!

    [Er macht es schon wieder!], dachte meine Mutter.
    [Warum kann er nicht mehr Respekt zeigen? Schließlich bleibt der Pfarrer ein Kirchenmann, auch wen er gesündigt hat. Vielleicht hatte er eine schwache Sekunde, als er das Geld nahm. Sind wir nicht alle solchen Versuchungen ausgesetzt?]

    Jetzt wusste ich es! Deshalb kuschte er so vor meiner Mutter! Sie hatte ihn beim Klauen erwischt. Das war ja ein starkes Stück! Da musste man doch schleunigst das Thema wechseln!

    „Bitte nehmen Sie meine Worte doch nicht so persönlich. Ich möchte ihnen doch nur helfen. Wissen Sie, die Kirche hat viele Möglichkeiten, um hilfsbedürftigen Menschen beizustehen. Sie müssen auch bedenken, dass dieser Pfleger mit seiner Arbeit überfordert ist. Er muss Sie den gesamten Tag betreuen, hat kaum Freizeit. Ich könnte ihnen ehrenamtliche Helfer schicken, die sich bei ihrer Pflege abwechseln könnten. Dies wäre auch bestimmt für ihr Wohlbefinden förderlich. Ihr derzeitiger Pfleger
kann
es doch alleine gar nicht bewältigen!“

    Um seinen letzten Worten Nachdruck zu verleihen, hatte er jede Silbe mit einem Faustschlag auf den Tisch begleitet. Er war nun scheinbar ganz in seinem Element. Ihm war seine Lautstärke nicht bewusst, die erschrockenen Blicke der anderen Gäste nahm er nicht wahr.

    „Da muss ich Sie leider berichtigen. Manfred macht seine Arbeit wirklich sehr gut und pflichtbewusst. Er ist wie eine
Mutter
zu mir. Außerdem hat er seinerzeit selber diese Arbeitszeiten vorgeschlagen. Er war der Meinung, dass er diese Aufgabe nur dann hundertprozentig meistern könnte, wenn er
ständig
bei mir ist. Außerdem hat er ja nachts frei. Wie Sie vielleicht wissen, werde ich dann von einem ehemaligen Krankenpfleger betreut, der sich so seine magere Rente ein wenig aufbessert, wenn er den Babysitter für mich spielt. Das funktioniert sehr gut so. Außerdem kann ich es mir beim besten Willen nicht vorstellen, mir meinen Arsch von einer verkalkten Witwe abwischen zu lassen.“

    „Robert! Unterlasse diese Fäkalausdrücke! Die Damen unserer Gemeinde leisten wirklich sehr gute Arbeit, und sie nehmen ihre karitativen Aufgaben sehr ernst. Ohne sie wäre so mancher Mensch unserer Stadt hilflos, und den Widrigkeiten unseres modernen Lebens ausgeliefert. Ich wünschte mir mehr Respekt von dir!“

    „Wie kannst du von mir Respekt verlangen, wenn dieser fromme Mann da sich in mein Leben einmischen will? Wo er doch offensichtlich noch nicht einmal sein eigenes im Griff hat?!“

    [Hat sie es ihm gesagt? Sie hatte es mir doch geschworen! Sie wollte es niemanden erzählen! Ich musste ihr versprechen, das Geld zurückzulegen, dafür hatte sie mir absolute Diskretion zugesagt! Wenn sie es schon ihrem missratenen Sohn erzählt hat, wem sonst noch? Oh Gott, ihr Gatte ist Anwalt!!! Was habe ich nur getan? Warum konnte ich denn dieser Versuchung nicht widerstehen? Gott, verzeih mir meine Schwäche!]

    Der fromme Mann geriet langsam in Panik, und das bereits vor dem Hauptgang. Ich hatte überhaupt kein Mitleid mit ihm. Warum auch? Schließlich hatte ich ihn nicht darum gebeten, sich in mein Leben einzumischen. Noch nicht einmal meine Mutter hatte ihn darum gebeten, sie hatte ihn gezwungen! Er hatte scheinbar in die Kollekte gegriffen, und meine Mutter hatte ihn dabei ertappt. Dumm gelaufen, Kirchenmann!
    Meine Mutter schaute den Pfaffen herausfordernd an, sie war mit

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