Gnadenlose Gedanken (German Edition)
geraten waren, weil sie als Säugling zu wenig Muttermilch abbekommen hatten, oder weil ihre Väter Säufer gewesen waren. Und das Fatale daran war, dass die Juristen mit dieser Masche meistens sogar Erfolg hatten! Wie viele Prozesse hatte Laschek schon als Zeuge oder Zuschauer beobachtet?! Und wie oft hatte er mit ansehen müssen, wie ein weicher Richter die dreckigsten Schweine laufen ließ, nur weil diese von schmierigen Anwälten freigequasselt worden waren! Manchmal fragte er sich, warum er diese ganze Scheiße überhaupt noch mitmachte. Er riss sich den Arsch auf, um diese Schweine zu finden und zu verhaften, aber bevor er den nächsten Fall aufgenommen hatte, wurden sie schon wieder freigelassen. Was für einen Sinn hatte da noch seine Arbeit? Es war wie ein Kinderspiel, wo vorher bereits festgelegt wurde, wer der Sieger sein würde. Trotzdem konnte er damit nicht aufhören. Es war wie eine Sucht für ihn. Wenn er einmal ein paar Tage Urlaub hatte, lief er unruhig durch sein Apartment, und wusste nichts mit sich anzufangen. Dann aß er noch mehr als sonst, und nach dem Urlaub hatte er regelmäßig wieder fünf Kilo zugelegt. Er hätte natürlich auch verreisen können. Aber wohin? Und was sollte er dort unternehmen? In einem fremden Land würde er sich doch nur über die schlechte Küche und das dreckige Hotel aufregen. Da blieb er dann doch lieber zu Hause und wartete darauf, dass sein Urlaub endlich zu Ende ging.
Ob der Vater von dem Rollstuhlfahrer auch so ein schleimiger Anwalt war? Er hatte in seiner langen Laufbahn selten einen Anwalt erlebt, der aufrichtig und fair gewesen war. Vielleicht neigte Laschek ja auch zu Vorurteilen, aber er fand, die Anwälte gehörten, zusammen mit ihren verrotzten Klienten, eingesperrt.
Es war an der Zeit die Wohnung wieder zu verlassen. Sonst würde er noch Sodbrennen bekommen. Das erwischte ihn immer, wenn er sich zu lange über ein Thema aufregte. Und im Moment hatte er sowieso nichts Besseres zu tun, als über Anwälte zu fluchen. Da konnte er sich auch schon einmal wie ein Terrier festbeißen. Also einen schnellen Ortswechsel und etwas Nahrung aufnehmen.
Jesus hatte den halben Tag auf seinem Posten gestanden. Bis auf die kleine Zwischenmahlzeit hatte er noch keinen Bissen gegessen. Die kleine Zunge war schneller zerkaut gewesen als es Jesus gewollt hatte. Die Gier war halt noch größer gewesen als der Wunsch nach Genuss.
Selbst das Pinkeln hatte er sich verkniffen. Er wollte den dicken Polizisten auf gar keinen Fall verpassen. Er könnte ihn vielleicht zu der Ratte führen, ihm einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben. Außerdem war es gut, wenn er dem Dicken immer einen Schritt voraus war. So konnte er feststellen, ob er doch seine Fährte aufgenommen hatte.
Der dicke Polizist trat vor die Haustür. Unsicher blickte er zu allen Seiten, scheinbar zweifelte er, welche Richtung er einschlagen sollte. So sah niemand aus, der eine heiße Spur verfolgte. Der Dicke wirkte eher so, als sei er auf Nahrungssuche. Aber bevor er sich für eine Richtung entscheiden konnte, ging die Pressemeute schon auf ihn los, die genauso geduldig wie Jesus gewartet hatte. Obwohl die Journalisten natürlich weniger Zeit als Jesus hatten.
Er
hatte keine Zeitung zu füllen. Er musste lediglich GOTTES Mission erfüllen, von einer Frist war nie die Rede gewesen.
Die Presseleute stürzten sich auf den Kommissar, wie die Hyänen auf ein lahmendes Zebra. Laschek hatte keine Chance zu fliehen.
„Was können Sie Neues zu dem Fall sagen? Was ist das Motiv? Gibt es bereits Hinweise, wer der Täter war?“
Die Fragen stürmten auf ihn ein, wie die Wogen einer Sturmflut auf eine durchgeweichte Deichmauer.
„Kein Kommentar!“, war seine einzige Reaktion.
Nicht neu, aber immer wieder effektiv.
„Kommissar Laschek, Sie sind ein erfahrener Ermittler, der schon viele Jahre im Morddezernat erfolgreich arbeitet.“
Da versuchte es jemand mit Schleimen und Arschkriechen.
„Haben Sie schon jemals so einen brutalen Fall erlebt, der weitab von normalen Mordfällen ist?“
Was war an einem Mord denn schon normal? Schon richtig, bei den Tieren gehörte das Töten zum Überleben dazu. Im Tierreich wäre wohl jede Spezies bereits vernichtet gewesen, wenn sie nicht selber gemordet hätte, sähe man von den Vegetariern unter den Viechern einmal ab. Aber bei den Menschen? Wir waren doch keine Kannibalen! Bei uns gab es doch keine
normalen
Morde! Bei uns war jede Tat, die mit Gewalt und
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