Gnadenlose Gedanken (German Edition)
hätte er sich bestimmt einen anderen Lover als Laschek ausgesucht, da machte er sich nichts vor. Also, was wollte er, warum gab er sich als Reporter aus? Könnte auch sein, dass er ein ganz normaler Bauarbeiter war, (Glücklicher Vorarbeiter, wenn er so eine Maschine in seinem Trupp hatte!), der einfach nur sensationsgeil war. Der Blut gerochen hatte, und nun einfach nur etwas mehr erfahren wollte, damit er damit am abendlichen Stammtisch prahlen konnte.
Josef, Brutus, Tarzan oder wie auch immer der Knilch heißen mochte, riss ihn aus seinen Überlegungen.
„Haben Sie denn schon einen Anhaltspunkt, haben Sie schon eine Spur von dem Täter? Was man so hört, war es eine besonders ekelhafte Schweinerei, oder? Da
muss
es doch Spuren gegeben haben, nicht wahr?“
Plötzlich wusste Laschek, wen er da vor sich stehen hatte.
Er
war der Mörder!
Er
war es, der den Pfaffen auf diese bestialische Art umgebracht hatte.
Er
war es, den Laschek suchte. Aber
er
hatte ihn gefunden, nicht umgekehrt. So leicht hatte es ihm noch keiner gemacht. Der Typ war wirklich verrückt. Aber gefährlich verrückt, ohne Zweifel! Lascheks Instinkte funktionierten wieder. Jetzt musste es ihm nur noch gelingen, den Irren abzulenken und Verstärkung zu alarmieren. Dann würde er ihn einsperren, und er könnte sich dann wieder angenehmeren Mördern widmen. Solche, die ihre Ehefrauen umbrachten, weil sie das Frühstücksei zu weich gekocht hatten. Oder solche, die aus Leidenschaft töteten, was immer dies auch heißen mochte.
„Nun, wir sind immer noch dabei, die Spuren auszuwerten. Natürlich gab es eine Menge Spuren am Tatort, die gibt es immer. Aber ob sie auch brauchbar sind, zeigt sich immer erst später. Warum interessieren Sie sich denn dafür? Kannten Sie das Opfer, oder den jungen Mann, der in der Wohnung lebt?“
„Sie meinen den Krüppel im Rollstuhl? Oh, entschuldigen Sie. Meine Mutter hat mich schon immer für meine Manieren gerügt. Krüppel darf man ja nicht sagen! Nein, ich kannte den Behinderten nicht, und den Pfarrer kannte ich auch nicht. Bin nicht so besonders fromm, müssen Sie wissen. Für mich ist das ganze Gequatsche von Gott und Himmel nichts weiter als Märchenkram für Kinder. Das einzige, woran ich vielleicht noch glauben könnte, wäre die Hölle. Aber da wird der Pfarrer ja hoffentlich nicht gelandet sein. Obwohl, über die Kirchenleute hört man ja auch so einiges…!“
Jesus stand Laschek völlig entspannt gegenüber. Er schien nicht in Betracht zu ziehen, in Gefahr sein zu können. Für ihn hatte das Spiel bereits begonnen. Ein Spiel nach seinen Regeln, in dem es nur einen Gewinner geben durfte. Laschek war von diesem Selbstbewusstsein irritiert. Er war es nicht gewöhnt, dass die Leute so cool auf ihn reagierten. Normalerweise löste er bei den Menschen Ehrfurcht aus; er strahlte eine natürliche Autorität aus, der nur die Wenigsten standhalten konnten. Nun war aber
er
der Nervöse,
er
hatte die feuchten Hände. Das war für ihn neu, und er wusste nicht, wie er damit umzugehen hatte.
Jesus grinste.
„Wissen Sie, was mir an ihnen gefällt? Sie verlieren auch bei solch einem ekelhaften Fall nicht ihren Appetit. Genau wie ich. Ich kann immer und überall essen.“
„Das ist nicht zu übersehen“, antwortete Laschek.
Doch der Riese reagierte nicht auf diese Anspielung. Er war es gewohnt, mit seinem Körper für Aufsehen zu sorgen. Für ihn war es Alltag. Ihm war es schon öfter passiert, dass ihn wildfremde Frauen auf der Strasse angesprochen hatten, die kein großes Geheimnis daraus gemacht hatten, was sie gerne mit seinem Körper anstellen würden. Doch er ließ sie immer schnell wieder abblitzen. Sein Körper war rein, und so sollte es auch bleiben. Auf jeden Fall würde er ihn nicht von einem Flittchen beschmutzen lassen.
Laschek nahm seine Wurst entgegen, der Mann von der Imbissbude hatte es tatsächlich geschafft, die gesamte Portion in eine Schale zu quetschen.
„Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Sie ein paar Schritte begleiten würde? Ich bin wahnsinnig neugierig, wie Sie in dem Fall weiterkommen werden. So etwas geschieht in unserem Nest ja nicht so oft, nicht wahr?“
„Da haben Sie Recht, Herr Christmann!“
Ob das wirklich sein richtiger Name war? Es würde ihn nicht wundern. Viele Mörder waren stolz auf ihre Taten, wollten damit angeben. Viele Morde konnten alleine nur deshalb aufgeklärt werden, weil die Täter damit in der Kneipe oder auf der Arbeit prahlten. Erst
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