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Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wagner
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Supermann gefühlt, hatte im Geheimen über die Leute gelacht. Wenn sie wieder irgendeinen Mist zusammendachten, und sich dabei mächtig blamierten, ohne es zu ahnen. Damals hatte ich mich unbesiegbar gefühlt. Heute verletzten mich diese gnadenlosen Gedanken, diese dreckigen Wünsche! Ich wollte sie nicht mehr in meinem Gehirn haben. Sie machten mich krank. Ich hatte Angst, dass ich mich daran anstecken könnte. Als ich alleine in meinem Rettungsboot trieb, waren mir einige Menschen eingefallen, die eigentlich an meiner Stelle hätten sein müssen, die es viel mehr als ich verdient gehabt hätten. Waren das bereits die ersten Symptome gewesen? War ich schon infiziert mit dieser Pest? Die Menschen fühlten sich den Tieren so überlegen, weil sie in der Lage waren, zu denken. Logisch zu denken. Doch waren wir ihnen wirklich überlegen, wenn unsere Gedanken so bestialisch, so tierisch sein konnten? Vielleicht waren die Tiere die besseren Menschen, weil sie ihre Hirne nur zum Fressen und zur Fortpflanzung benutzten? Ansonsten verließen sie sich auf ihre Instinkte, und eigentlich funktionierte diese Methode doch hervorragend.

    Mein Instinkt, (aber auch mein Gehirn), sagte mir jetzt, dass ich so schnell wie möglich diesen höllischen Schulhof verlassen musste, sonst würde ich noch durchdrehen. Dann würde ich ihnen eine kleine Vorstellung davon geben, zu was ein armer Krüppel in der Lage sein konnte. Ich hatte große Lust den gesamten Schulhof zusammenzuschreien und die Umstehenden mit meinem Rollstuhl über den Haufen zu fahren. Ich war kurz davor, Amok zu laufen. Na gut, Amok zu
rollen
!

    Veronika spürte das, sie dachte bestimmt, dass mich die letzten Stunden, in denen ich es gleich mehrmals nur knapp geschafft hatte zu überleben, zu sehr mitgenommen hätten. Sie stieg aus und öffnete die hintere Tür. Sie begann sofort und wortlos die Gurte zu lösen. Unser Fahrer eilte ihr gleich zur Hilfe, doch da hatte sie mich schon befreit. Gemeinsam rollten sie mich die Rampe hinunter.

    Nun konnte ich die Gesichter der wartenden Bestien genauer erkennen. Aber ich war nicht mehr bereit, in ihnen zu lesen. Für mich waren sie potentielle Mörder, die mir den Tod wünschten. Das ließ ich sie auch durch meine Blicke spüren. Als Veronika mich in Richtung Schulgebäude schob, entstand ein Spalier, weil die Leute mir auswichen. Gut so! Kommt mir nicht zu nahe, wenn ihn nicht da enden wollt, wo ihr mich jetzt seht! Kommt mir besser nicht zu nahe!
    Ich war so wütend, dass ich mir wünschte, der Koloss würde jetzt ebenfalls dort stehen. Ich hätte ihn mir geschnappt und ihm die Gurgel zugedrückt, ich hätte ihn zerquetscht. Zumindest hatte ich das große Bedürfnis, es zu versuchen.

    Laschek hatte einige hundert Kilometer entfernt ähnliche Bedürfnisse und Wünsche. Allerdings waren seine Bedürfnisse gepaart mit anderen. Er hatte nicht nur diese Mordlust und den Hass in sich, sondern er hatte zusätzlich auch Angst. Höllische Angst und verdammte Schmerzen. Seine Beine hatte er schon seit Stunden nicht mehr gefühlt. Sie waren bereits abgestorben, - tot. Nun arbeitete sich der Tod Stück für Stück seinen Körper hinauf (hinunter, ganz wie man es betrachtete.). Nach den Füßen und den Beinen war der Tod nun im Unterleib angekommen. Dort verspürte er aber noch etwas anders als Schmerzen. So einen seltsamen Druck, als ob etwas platzen wollte. Er erinnerte sich schwach, so einen Druck schon einmal als Kind gespürt zu haben. Richtig! Seine Blase gab ihm zu verstehen, dass sie voll war. Randvoll. Mehr als randvoll, sie würde gleich überlaufen. Auf die Dose Bier zur Currywurst hätte er besser verzichten sollen. Obwohl er jetzt zu gerne noch eine getrunken hätte. Oder zwei. Oder lieber zwei Dutzend. Erstens hatte er einen furchtbaren Durst, und zweitens hätte er gerne seine Gefühle und seinen Körper betäubt. Einen Kater hatte er doch sowieso schon, dann hätte er ihm auch gerne die Existenzberechtigung gegeben. Aber noch mehr als mit seinem Durst und seinem Kater, war er mit seiner vollen Blase beschäftigt. Die war schon immer etwas schwach gewesen. Als Kind war es ihm manchmal passiert, dass er es nicht mehr rechtzeitig geschafft hatte. Seine Mutter war dann immer ziemlich böse geworden und sein Vater hatte ihn dann wochenlang deswegen ausgelacht.
    Das Problem war für ihn manchmal so schlimm gewesen, dass er an manchen Tagen völlig darauf verzichtet hatte, etwas zu trinken. Nur wenn er sich ganz sicher sein

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