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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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an Schuld und Sühne.«
    Seine Schultern bebten, als hätte ich ihn geschüttelt. »Ich. Habe. Abstrakt. Geredet.«
    »Haben Sie das?«
    Er schien kurz davor zu sein, aus dem Sessel zu springen. Doch dann ließ er sich zurücksinken und fing an zu lachen. »Sie haben also eine Menge Bösewichter kennen gelernt, nicht wahr?«
    »Mehr als mir lieb ist.«
    »Mörder?«
    »Unter anderem.«
    »Serienmörder?«
    »Auch das.«
    Er lachte wieder. »Und Sie glauben, in deren Club passe ich nicht?«
    »Nennen wir es eine fundierte Vermutung, Eric. Obwohl Sie Recht haben: Ich kenne Sie nicht wirklich. Außerdem vermute ich, dass Schuld mehr als eine Abstraktion für Sie ist. Ihr Vater und Ihre Schwester haben mir beide erzählt, wie viel Zeit Sie mit Ihrer Mutter während ihrer Krankheit verbracht haben. Sie haben ein Urlaubssemester eingelegt -«
    »Und jetzt werde ich dafür bestraft? Muss mir diesen ganzen verdammten Scheißdreck anhören?«
    »Hier zu sein, ist keine Strafe.«
    »Doch, wenn es gegen Ihren Willen ist.«
    »Hätte Ihr Vater Sie wirklich zwingen können?«
    Er antwortete nicht.
    »Es ist Ihre Entscheidung«, sagte ich. »Ihr freier Wille. Und da dies hier auf eine Sitzung beschränkt bleibt, kann ich nicht mehr tun, als Ihnen einen guten Rat mit auf den Weg zu geben.«
    »Mein Rat ist, vergessen Sie’s - vergeuden Sie nicht Ihre Mittelwestliche Zeit. Ich hätte gar nicht hierher kommen sollen. Ich hätte mich nicht in Stacys Therapie hineindrängen sollen.«
    »Stacy hat nichts dagegen -«
    »Das sagt sie nur so. So fängt es immer bei ihr an, der Weg des geringsten Widerstands, alles ist prima. Aber glauben Sie mir, Sie wird sich irgendwann darüber ärgern, es ist nur eine Frage der Zeit. Im Grunde hasst sie mich. Ich werfe einen Schatten über ihr Leben, und mein Weggehen war das Beste, was ihr passieren konnte. Sie sollte auf gar keinen Fall nach Stanford gehen, aber da Dad ihr einen derartigen Druck macht, wird sie wieder mal nachgeben - der Weg des geringsten Widerstands, wie ich schon sagte. Sie wird dorthin gehen, mit mir zusammen sein wollen und wieder anfangen, mich zu hassen.«
    »Sie hört auf, Sie zu hassen, wenn Sie beide getrennt sind?«
    »Abwesenheit lässt die Liebe im Herzen größer werden.«
    »Manchmal lässt Abwesenheit die Leere im Herzen größer werden.«
    »Tiefgründig«, sagte er. »All diese verdammte Tiefgründigkeit so früh am Morgen.«
    »Glauben Sie wirklich, dass Stacy Sie hasst?«
    »Isch wissen, dass so iis. Nicht, dass ich was dagegen tun könnte. An der Reihenfolge der Geburt lässt sich nun mal nichts ändern, sie muss sich einfach damit abfinden, dass sie die Nummer zwei ist.«
    »Und Sie müssen sich damit abfinden, dass Sie die Nummer eins sind.«
    »Die Bürde des Erstgeborenen.« Er zog den Ärmel seines Hemds ein Stück hoch. »O Mann, ich habe meine Uhr in meinem Zimmer im Wohnheim liegen lassen … Hoffentlich hat sie niemand geklaut - ich muss wirklich zusehen, dass ich zurückkomme und mich um mein Studium kümmere. Wie viel Zeit haben wir noch?«
    »Noch zehn Minuten.«
    Er sah sich erneut im Zimmer um, als sein Blick auf die Spielecke und das Bücherregal mit dem Stapel von Brettspielen fiel. »Hey, spielen wir doch Schlaraffenland. Mal sehen, wer zuerst oben auf dem großen Kandiszuckerberg ankommt.«
    »Es spricht nichts dagegen«, sagte ich, »ein süßes Leben zu haben.«
    Er wirbelte herum und starrte mich mit offenem Mund an. Ich konnte keine Tränen in seinen Augen sehen, aber die hektische Art, mit der er sich über das Gesicht fuhr, verriet mir, dass sie da waren. »Für Sie ist alles nur eine Pointe - um Ihr verdammtes Argument an den Mann zu bringen. Nun ja, vielen Dank für all die verdammten Einsichten, Doc.«
    Die Klingel läutete. Acht Minuten zu früh.
    Ich nahm das Telefon ab und drückte den Knopf für die Gegensprechanlage an der Seitentür.
    »Ich bin es«, sagte Richard. »Ich bitte die Störung zu entschuldigen, aber wir haben hier draußen ein kleines Problem.«
     
    Eric und ich liefen zur Tür. Richard stand neben Stacy auf der Veranda. Zwei große Männer waren hinter ihnen.
    Die Detectives Korn und Demetri.
    Richard sagte: »Diese Herren wollen, dass ich sie auf das Polizeirevier begleite.«
    Korn sagte: »Hey, Doc. Nettes Haus.«
    Richard sagte: »Sie kennen die beiden?«
    »Was ist hier los?«, fragte ich.
    Korn sagte: »Wie Mr. Doss gesagt hat, ist seine Anwesenheit auf dem Revier erforderlich.«
    »Wozu?«
    »Zu einer

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