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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Spielzeug-Injektionsspritze, herg. v. TommyToy, Taiwan, Orig. Bestandteil des Kastens Der kleine Medikus, importiert 1989-95. Fundort: Erdboden, 1,4 m von l. Hand des Opfers entfernt, keine Fingerabdrücke, keine organischen Rückstände.
     
    Keine Rückstände, das konnte bedeuten, dass man sie erst vor kurzem dort hingelegt hatte, aber genauso gut hätte der Regen sämtliche Rückstände abwaschen können. Ich las den Rest der Bonpaine-Dokumente, fand jedoch keinerlei Hinweis, dass jemand sich das Spielzeug genauer angesehen hatte. Eine Durchsicht der anderen Fälle in Washington ergab keine weiteren medizinischen Spielzeuge.
    Marissa Bonpaine war das letzte Opfer in Washington. Ihre Leiche war am 2. Juli gefunden worden, aber man nahm an, dass ihre Entführung um den 17. Juni herum stattgefunden hatte. Ich blätterte rasch weiter. Michael Burke hatte am 12. Juni seinen Dr. med. gemacht.
    Eine Promotionsfeier?
    Ich bin ein Doktor, hier ist meine Nadel! Ich bin der Doktor!
    Stethoskop, Injektionsspritze. Das eine kaputt, die andere intakt. Ich wusste, was Milo sagen würde. Prima, aber was bringt uns das?
    Vielleicht hatte er Recht - bis jetzt hatte er mit allem verdammt richtig gelegen -, und die Spritze war nichts weiter als ein Stück Abfall, vielleicht von einem Kind liegen gelassen, das mit seinen Eltern durch den Wald gewandert war.
    Trotzdem ließ es mich nicht los.
    Eine Botschaft… eine nach der anderen.
    An Marissa: Ich bin der Doktor.
    An Mate: Ich bin der Doktor und nicht du.
    Ich las noch einmal Fuscos Notizen, ohne jedoch auf eine Erwähnung des Spielzeugs zu stoßen.
    Vielleicht würde ich es Milo sagen. Falls er und ich in nächster Zeit eine Gelegenheit hätten, miteinander zu reden.
    Ich blätterte zurück zum Anfang des ersten Hefters, in dem die verschiedenen Inkarnationen Michael Burkes festgehalten waren, und studierte jeden Gesichtszug auf jedem Foto.
    Ein Psychopath mit hohem IQ, Lustmörder, Meister der Euthanasie, Tröster Todkranker, brutaler Killer gesunder Frauen, der eine saubere Aufteilung liebte, was bei Mord ebenso hilfreich war wie in der Politik.
    Vielleicht auch im Immobiliengeschäft, in der Welt maroder Immobilien.
    Milo hatte seinen Hauptbelastungszeugen, und ich hatte zwei Spielzeuge. Trotzdem: die Wunden passten. Und Milo hatte mich gebeten, die Akten zu studieren.
    Bei unserer Unterredung mit Alice Zoghbie hatten wir sie nach Verbündeten gefragt, und sie hatte praktisch zugegeben, dass es welche gab, sich aber geweigert, weitere Informationen preiszugeben. Und sie hatte die Möglichkeit verächtlich abgetan, dass jemand, der Mate nahe stand, ihn hätte zerfleischen können.
    Eldon war hochintelligent. Er hätte nicht jedem vertraut.
    Aber Mate hätte die Vorstellung, einen promovierten Mediziner als Handlanger zu haben, brillant gefunden. Es hätte seiner Seriosität weiteren Auftrieb gegeben - einen Assistenzarzt in Sachen zellularer Stillstand auszubilden.
    Alice Zoghbie war einen weiteren Versuch wert. Sie hatte Mate verehrt und wollte, dass sein Mörder zur Rechenschaft gezogen wurde. Jetzt hatte ich einen Namen, den ich ihr vorhalten konnte, und eine allgemeine Beschreibung. Ich würde sie am späteren Vormittag anrufen. Schlimmstenfalls würde sie mir sagen, ich solle mich zum Teufel scheren.
    Im günstigsten Fall würde ich etwas erfahren, das mich vielleicht weiterbringen würde auf der Suche nach einem neuen Tatverdächtigen.
    Jemand anders als Richard. Jeder außer Richard.
    Ich lege mich auf das alte Ledersofa, deckte mich mit einem Überwurf aus Wolle zu und starrte an die Decke. Mir war klar, dass ich nie wieder einschlafen würde.
    Als ich wach wurde, war es kurz nach sieben, und Robin stand vor mir.
    »Was für ein Mann«, sagte sie, »legt sich sogar dann auf die Couch, wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen.« Sie setzte sich auf den Rand des Sofas und fuhr mir durch die Haare.
    »Guten Morgen«, sagte ich.
    Sie sah auf den Aktenordner. »Büffelst du für die große Prüfung?«
    »Was soll ich sagen? Ich war schon immer ein Streber.«
    »Und vergiss nicht, was es dir gebracht hat.«
    »Was?«
    »Ruhm, ein Vermögen. Mich. Raus aus den Federn!
    Bring dich auf Vordermann, damit ich mich um dich kümmern kann - das scheine ich in letzter Zeit häufiger zu tun, nicht wahr?«
     
    Eine Dusche und eine Rasur ließen eine Fassade der Menschenhaftigkeit entstehen, aber mein Magen revoltierte bei dem Gedanken an Frühstück, also saß ich da und sah zu,

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