Gnadentod
Das einzige Problem ist, dass er vielleicht seine Kinder aus der Bahn geworfen hat, weil er so durcheinander im Kopf ist. Mit seinen lässlichen Sünden kommt er schon selbst klar. Aber bei seinen Kindern, da braucht er jemanden, der ihm hilft.«
Auftragsmord als lässliche Sünde.
Ich sagte: »Wissen seine Kinder, was er getan hat?«
»Er hat es ihnen nicht gesagt, aber es sind kluge Kinder, sie könnten schon dahintergekommen sein.«
»Könnten.«
Er nickte.
Ich sagte: »Beabsichtigt er, es ihnen zu sagen?«
»Er sieht nicht ganz, was das bringen soll.«
»Also will er, dass ein anderer es ihnen sagt.«
»Nein«, sagte er mit plötzlich erhobener Stimme. Eine zarte Röte kam unter seinem Hemdkragen zum Vorschein und stieg bis zu seinen Ohrläppchen, während sie langsam den Farbton von Portwein annahm. »Das will er definitiv nicht, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, ihnen durch diese schwierige Zeit zu helfen. Ich - er braucht jemanden, der sie unterstützt, bis sich die Dinge wieder beruhigen.«
»Er geht davon aus, dass sich die Dinge wieder beruhigen«, sagte ich.
Er lächelte. »Die näheren Umstände geben Anlass zum Optimismus. Haben wir demnach ein Einvernehmen darüber erzielt, was jetzt ansteht?«
»Den Kindern nicht sagen, was geschehen ist, ihnen das Händchen halten, bis ihr Vater aus dem Gröbsten raus ist. Klingt nach teurem Babysitten.«
Die Röte verdunkelte sein gesamtes Gesicht, seine Brust hob und senkte sich, und seine Augen traten hervor. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der ihm das Blut in den Kopf stieg, zog ich mich instinktiv zurück. Dieses Phänomen kann man häufig bei Menschen beobachten, die ein ernsthaftes Problem mit der Wut haben. Ich dachte an Erics Ausbruch im Polizeirevier.
Dies war eine Seite an Richard, die mir neu war. Bisher war er unverkennbar streitlustig gewesen, manchmal verärgert, aber immer cool.
Er bemühte sich darum, seine Fassung wiederzuerlangen, und legte eine Hand auf die Sofalehne, die andere auf ein Knie, als wolle er den Vorgang damit beschleunigen. Er tippte mit dem Zeigefinger im Sekundentakt. »Na schön«, sagte er zehn Tipps später in dem Ton, den man bei einem begriffsstutzigen Schüler anwenden würde. »Nennen wir es Babysitten. Durch einen gut ausgebildeten, gut bezahlten Babysitter. Die Hauptsache ist, dass die Kinder bekommen, was sie brauchen.«
»Bis die Dinge sich beruhigen.«
»Keine Sorge«, sagte er. »Das werden sie. Das Lustige daran ist, trotz seiner Fehleinschätzung hat er eigentlich nichts getan.«
»Einen Mord in Auftrag zu geben ist nicht nichts - hypothetisch gesprochen.«
Seine Augenlider senkten sich. Er stand auf und trat näher zu meinem Sessel. Ich roch Pfefferminz in seinem Atem, Eau de Cologne und alten Schweiß. »Es ist nichts passiert.«
» Okay«, sagte ich.
»Nichts. Diese Person hat aus ihrem Fehler gelernt.«
»Und es nicht noch mal versucht.«
Er zeigte mit einem Finger auf mich hinab. »Genau.« Sein Tonfall war lässig, obwohl sein Gesicht noch immer dieselbe tiefe Röte aufwies. Er stand einen Moment lang vor mir, bevor er schließlich zum Sofa zurückging. »Okay, dann sind wir also einer Meinung.«
»Was genau soll ich Ihren Kindern sagen, Richard?«
»Dass alles wieder gut wird.« Er machte keinen Versuch, die hypothetische dritte Person wieder einzuführen. »Dass ich vielleicht eine Weile … indisponiert bin. Aber nur kurzfristig. Das müssen sie wissen. Ich bin der einzige Elternteil, den sie noch haben. Sie brauchen mich, und ich brauche Sie, um mir die Sache zu erleichtern.«
»Also gut«, sagte ich. »Aber wir sollten uns auch anderweitig nach Unterstützung umsehen. Gibt es irgendwelche Familienmitglieder, die -«
»Nein«, sagte er. »Niemanden. Meine Mutter ist tot, und mein Vater ist zweiundneunzig Jahre alt und lebt in einem Heim in New Jersey.«
»Was ist mit Joannes Seite?«
»Nichts«, sagte er. »Ihre beiden Eltern sind tot, und sie war ein Einzelkind. Abgesehen davon brauche ich keine Laien, die ihren Senf dazugeben, sondern einen Fachmann. Kein schlechtes Geschäft für Sie. Ich werde Sie genauso bezahlen, wie ich Safer bezahle - Fahrtzeit, Denkzeit, jede Sekunde, die in Rechnung gestellt werden kann.«
Ich antwortete nicht.
Er sagte: »Warum ist das immer so zwischen Ihnen und mir, dass alles in einen Ringkampf ausartet?«
Darauf gab es eine Menge Antworten, und keine von ihnen war gut. »Richard, wir sind in einem Punkt einer Meinung: Meine Rolle
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