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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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urteilen, hat er es vielleicht genau hier getan … ganz glatt.«
    »Kein Problem, wenn du eine Knochenschere hast. Das ist ein sehr garstiges Heinzelmännchen.«
    Er rieb sich das Gesicht. »Er ist also zurückgekommen, um zu feiern?«
    »Und um ein Zeichen zu hinterlassen.«
    Er ging zur Tür, sah zu den Bücherregalen im vorderen Zimmer hinüber und machte ein finsteres Gesicht. »Ich war zweimal hier seit dem Mord, und sonst sieht hier nichts verändert aus …«
    Er redete mehr mit sich selbst als mit mir, wohl wissend, dass man bei Tausenden von Bänden auf keinen Fall sicher sein konnte und dass das gelbe Band vor der Tür sinnlos war. Jeder hätte das Schloss aufbekommen können.
    »Der Penner, den Mrs. Krohnfeld gesehen -«, sagte ich. »Der Penner ist die Treppe hinaufgegangen, sodass ihn jeder sehen konnte, und ist weggerannt, als Mrs. Krohnfeld ihn angeschrien hat. Sie sagt, er hätte heruntergekommen ausgesehen. Meinst du nicht, unser Knabe wäre ein bisschen besser organisiert?«
    »Wie du schon sagtest, manche Leute delegieren gern.«
    »Du meinst, der Mörder beauftragt einen Irren damit, einzubrechen und eine Schachtel in eine Schublade zu legen?«
    »Warum nicht?«
    »Wenn es ein Versuch war, auf Mates Grab zu pissen, würde es dann nicht den Nervenkitzel schmälern, wenn er es jemand anderen machen lässt?«
    »Vermutlich, aber im Augenblick ist er noch vorsichtig«, sagte ich. »Und es zu delegieren könnte seinen eigenen Nervenkitzel haben: der Boss zu sein, Macht auszuüben. Es könnte sich folgendermaßen abgespielt haben: Der Mörder kennt die Gegend, weil er Mate eine Zeit lang nachgeschlichen ist. Er fährt durch Hollywood, findet einen Typen auf der Straße und gibt ihm Bargeld, damit er ein Päckchen abliefert. Die Hälfte als Vorschuss, den Rest danach. Er könnte sich selbst einen Platz an der Straße gesucht haben. Um zuzuschauen, sich einen Kick zu verschaffen und um sicher zu gehen, ob der Typ auch Nägel mit Köpfen macht. Er hat sich absichtlich jemanden ausgesucht, der verwahrlost ist, weil das noch sicherer ist: Wenn der Penner festgenommen wird, kann er nur sehr wenig preisgeben. Und als zusätzliche Versicherung hat der Mörder eine Art Verkleidung benutzt.«
    Milo blies seine Wangen auf, bevor er die Luft leise wieder entweichen ließ. Aus seiner Tasche zog er ein versiegeltes Päckchen mit Einweghandschuhen und eine Beweismitteltüte.
    »Dr. Milo macht einen Hausbesuch«, sagte er, während er seine Hände mühsam in den Latex zwängte. »Du hast es zwar angefasst, aber ich bürge für dich.« Er hob die Schachtel hoch und inspizierte sie von allen Seiten.
    »Es muss jemand sein, der sich hier in der Gegend auskennt«, sagte er. »Der Hollywood Boulevard ist voll von Ramschläden, vielleicht finde ich jemanden, der sich daran erinnert, dass er das hier vor kurzem verkauft hat.«
    »Vielleicht war die Wahl des Titels kein Zufall«, sagte ich.
    » Beowulf? «
    »Tapferer Held erschlägt das Monster.«
     
    Wir verbrachten eine weitere Stunde in der Wohnung, nahmen uns die Küche und die vorderen Zimmer vor, durchsuchten Schränke und gingen die Bücherregale nach anderen getürkten Bänden durch, ohne jedoch etwas zu finden. In einigen Büchern stieß ich auf Quittungen, die bereits Jahrzehnte alt waren, von Trödelläden in San Diego, Oakland und von ein paar in L. A.
    Draußen auf dem Treppenabsatz klebte Milo das Absperrband wieder vor die Tür, verschloss sie und wischte den Staub von den Aufschlägen seines Jacketts. Er sah eingefallen aus. Auf der anderen Straßenseite stand eine hispanische Frau mittleren Alters im armseligen Schatten eines verkümmerten Magnolienbaums. Sie hatte eine Handtasche in der Hand und eine gefaltete Zeitung unter dem Arm. Sonst war niemand zu sehen, und wie jeder Fußgänger in L. A. um die Mittagszeit fiel sie auf. Weit und breit war keine Bushaltestelle, wahrscheinlich wartete sie darauf, dass jemand sie mitnahm. Sie bemerkte, dass ich sie ansah, erwiderte meinen Blick eine Sekunde lang, hängte sich die Handtasche über die Schulter, zog die Zeitung hervor und begann zu lesen.
    »Wenn die Schachtel ein >Geschenk< ist«, sagte ich, »spricht das auch für die Mitarbeitertheorie. Jemand will sich auf Mates Stuhl setzen. Buchstäblich. Und das Schlafzimmer passt ebenfalls gut dazu: der persönlichste Raum in der Wohnung. Betrachte es als eine Art Vergewaltigung. Was wiederum zu der Verletzung von Mates Genitalien passt. Es muss jemand sein, der

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