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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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hat nicht gebetet. Er hat sich geweigert, selbst als Mom ihn darum bat. Er hat gesagt, er wäre kein Heuchler. Wenn man nichts hat, woran man glaubt, kann einem ein solcher Anblick einen großen Schreck einjagen.«
    Sie schob sich das letzte Stück Torte in den Mund.
    »Können Sie uns irgendetwas sagen, das uns dabei helfen könnte, den Mörder Ihres Mannes zu fassen?«, fragte Milo.
    »Ich würde sagen, es war jemand, dem nicht gefallen hat, was Eldon getan hat.«
    »Sprechen Sie von jemand Bestimmtem?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich denke nur laut … Es muss jede Menge Leute gegeben haben, die keine hohe Meinung von Eldon hatten. Keine gottesfürchtigen Leute, nein, die laufen nicht herum und bringen andere um. Aber vielleicht jemand …« Sie lächelte. »Wissen Sie, es könnte jemand sein, der Eldon ähnlich ist. Er ist nicht religiös, und in ihm wächst ein großer Hass auf Eldon. Eldon war nämlich ein schwieriger Mann - er sagte, was er wollte und wie er es wollte. Wenigstens war das damals so, als wir verheiratet waren. Er hat nie ein Blatt vor den Mund genommen - wenn er jetzt in diesem Laden hier wäre, würde er sich über das Essen beschweren, zum Geschäftsführer marschieren und einen Streit mit ihm anfangen. Vielleicht ist er an den Falschen geraten, und der hat sich gesagt: Sieh dir nur an, womit er ungestraft davonkommt, klar, es ist okay, jemand umzubringen, praktisch dasselbe, als wenn ich mir die Schuhe zubinde. Denn, machen wir uns nichts vor, wenn du nicht an eine Welt im Jenseits glaubst, was hält dich dann davon ab, jemanden zu töten oder zu vergewaltigen oder zu berauben oder alles zu tun, wonach dir der Sinn steht?«
    Milo saß da und stocherte mit seiner Gabel am Rand seines Kuchens herum. Ich fragte mich, ob er dasselbe dachte wie ich: eine Menge Einsicht für eine so kurze Rede.
    »Also«, sagte sie, »mit wem rede ich über diese Pension? Und was ist mit dem Testament?«
     
    Als wir wieder im Wagen saßen, erledigte Milo einige Anrufe und besorgte ihr die Nummer des Pensionsvereins der Army.
    »Was das Testament betrifft«, sagte er zu ihr, »wir versuchen immer noch, Dr. Mates Anwalt zu erreichen. Einen Mann namens Roy Haiseiden. Hat er Sie je angerufen?«
    »Dieser große fette Typ, der immer mit Eldon im Fernsehen auftritt? Nein - glauben Sie, der hat das Testament?«
    »Wenn es eins gibt, dann könnte er es haben. Bei der Bezirksverwaltung ist nichts hinterlegt worden. Wenn ich etwas höre, lasse ich Sie’s wissen.«
    »Danke. Ich schätze, ich bleibe ein paar Tage in der Stadt und sehe zu, was ich herausfinden kann. Kennen Sie irgendwelche sauberen, billigen Unterkunftsmöglichkeiten?«
    »Hollywood ist ein heißes Pflaster, Ma’am. Und Sie werden nichts Anständiges finden, das sonderlich billig ist.«
    »Na ja«, sagte sie, »ich sage ja nicht, dass ich kein Geld habe. Ich arbeite, und ich habe zweihundert Dollar dabei. Ich will nur nicht mehr ausgeben als unbedingt nötig.«
    Wir brachten sie zu einem West Coast Inn an der Fairfax Avenue in der Nähe des Beverly Boulevard. Sie bezahlte mit einer Hundert-Dollar-Note, und als wir sie zu ihrem Zimmer im Erdgeschoss begleiteten und Milo sie davor warnte, auf der Straße Bargeld sehen zu lassen, gab sie zurück: »Ich bin nicht blöd.«
    Das Zimmer war klein, sauber, laut und ging auf die Fairfax hinaus: Wagen rauschten vorbei, und die modernen Linien der CBS-Studios waren am Horizont zu sehen.
    »Vielleicht sehe ich mir eine Spielshow an«, sagte sie und zog die Vorhänge auseinander. Sie zog ein weiteres geblümtes Kleid aus dem Makrameebeutel und ging zum Schrank. »Okay, danke für alles.«
    Milo gab ihr seine Karte. »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen irgendwas einfällt, Ma’am - übrigens, wo ist Ihr Sohn?«
    Sie stand mit dem Rücken zu uns, öffnete die Schranktür und ließ sich mit dem Aufhängen des Kleides viel Zeit. Auf dem obersten Bord war ein Extrakissen, das sie herausnahm, aufschüttelte, zusammendrückte und erneut aufschüttelte.
    »Ma’am?«
    »Ich weiß nicht, wo Donny ist«, sagte sie. Sie boxte in das Kissen. Auf einmal sah sie klein und gebeugt aus. »Donny ist richtig klug, genau wie Eldon, er war ein Jahr lang auf der San Francisco State. Ich dachte immer, er würde auch Arzt werden. Er hatte gute Noten, Naturwissenschaften lagen ihm.«
    Sie stand da und umarmte das Kissen.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    Ihre Schultern hoben und senkten sich.
    Ich ging hinüber und stellte mich neben sie. Sie

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