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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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habe ich daran gedacht, mir einen Anwalt zu nehmen.«
    »Gab es einen Grund, warum Sie die Scheidung nicht eingereicht haben?«, fragte ich.
    »Was hätte das gebracht?«, sagte sie. »Es gab keinen anderen Mann, der mich interessiert hätte, und Eldon schickte mir seine Pension von der Army. Sie wissen doch, wie das ist.«
    »Wie ist es denn?«, sagte Milo.
    »Wenn man nicht am Anfang gleich etwas unternimmt, passiert nichts. Er hat mir jeden Monat den Scheck geschickt, das reichte mir. Als er dann anfing, sein Geld mit dem Töten zu verdienen, wusste ich, ich konnte von Glück sagen, dass er gegangen war. Wer würde mit so was leben wollen? Ich meine, als ich davon gehört habe, wurde mir schlecht, richtig schlecht. Ich erinnere mich noch genau daran. Ich hab’s im Fernseher gesehen. Eldon stand da - ich hatte ihn seit Jahren nicht mehr gesehen, und jetzt war er im Fernsehen. Er sah älter aus, hatte weniger Haare, aber dasselbe Gesicht, dieselbe Stimme. Und er hat mit seinen Taten geprahlt. Ich dachte, jetzt ist er vollkommen verrückt geworden. Am nächsten Tag habe ich meinen Namen bei der Sozialversicherung geändert, und bei allem anderen, das ich finden konnte.«
    »Also haben Sie mit ihm nie über seine neue Karriere gesprochen?«
    »Ich habe mit ihm über gar nichts gesprochen«, sagte sie. »Habe ich Ihnen das nicht gerade gesagt?« Sie schob ihren Teller beiseite. Sie zog erneut Limonade durch die Strohhalme nach oben, aber bevor die braune Flüssigkeit ihre Lippen erreichte, ließ sie los, sodass sie wie eine Blase in der Wasserwaage eines Schreiners abfiel.
    »Selbst wenn es ihn tatsächlich reich gemacht hat, wie würde es aussehen, wenn ich plötzlich auftauchen würde und mehr haben wollte?« Sie berührte den Griff ihres Buttermessers. »Das war schmutziges Geld. Ich habe mein ganzes Leben lang gearbeitet und hatte mein Auskommen - sagen Sie mir eines, ist er wirklich durch das Töten reich geworden?«
    »Sieht nicht so aus«, sagte Milo.
    »Worum ging es ihm dann?«
    »Er hat behauptet, er würde den Menschen helfen.«
    »Der Teufel behauptet auch, er wäre ein Engel. Damals, als ich Eldon gut kannte, war er nicht daran interessiert, jemand anderem zu helfen außer sich selbst.«
    »Er war egoistisch?«, fragte ich.
    »Und wie. Immer in seiner eigenen Welt, tat immer, was er wollte. Und das hieß Lesen, immer Lesen.«
    »Warum sind Sie hierher gekommen, Ma’am?«, wollte Milo wissen.
    Sie hielt die Hände auf, als erwarte sie ein Geschenk. Ihre Handflächen waren bleich geschrubbt und von einem Kreuzmuster brauner Linien durchzogen. »Das habe ich Ihnen doch gesagt. Ich dachte einfach, ich sollte kommen - ich schätze, ich war neugierig.«
    »Worauf?«
    Sie lehnte sich wieder zurück. »Auf Eldon. Wo er gelebt hat und was mit ihm geschehen war. Ich bin nie aus ihm schlau geworden.«
    »Wie haben Sie beide sich kennen gelernt?«, fragte ich.
    Sie lächelte, strich ihr Kleid glatt und saugte wieder an den beiden Strohhalmen. »Was? Weil er Arzt war und ich eine braune Lady?«
    »Nein -«
    »Macht nichts, daran bin ich gewöhnt. Als wir noch zusammengelebt haben und ich Donny im Kinderwagen herumgefahren habe, dachten die Leute, ich sei das Hausmädchen. Donny hat Eldons helle Haut, er ist ihm tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten, aber Eldon hat ihn trotzdem nicht gemocht. Das soll einer begreifen. Aber solche Sachen kümmern mich nicht mehr, für mich spielt nur noch eine Rolle, dass ich es Jesus recht mache - das ist der wahre Grund, warum ich nie einen Anspruch auf Eldons Todesgeld erhoben habe. Jesus würde weinen. Und ich weiß, dass Sie denken werden, ich wäre eine religiöse Spinnerin, weil ich das sage, aber mein Glaube ist stark, und wenn du für Jesus lebst, ist deine Seele voller Reichtümer.«
    Sie lachte. »Ein leckeres Essen dann und wann ist natürlich auch nicht schlecht.«
    »Wie wär’s mit einem Dessert?«, sagte Milo.
    Sie tat so, als würde sie das Angebot überdenken. »Wenn Sie eins nehmen.«
    Er winkte die Kellnerin herbei. »Apfelkuchen. Heiß, ä la mode. Und für die Lady …«
    »Da wir gerade von Kuchen reden, junge Frau: Haben Sie Schokoladencremetorte?«, sagte Guillerma Mate.
    »Klar«, gab die Kellnerin zurück, notierte die Bestellung und sah mich an. Als ich den Kopf schüttelte, ging sie.
    »Eldon hat nicht an Jesus geglaubt, das war das Problem«, sagte Guillerma und tupfte ihre Lippen ab. »Er hat an gar nichts geglaubt. Sie wollen wissen, wie wir uns

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