Gnosis
an, heftig zu zittern. «Nur so können Sie Ihrem sündigen Leben entkommen.»
Langsam hob er die Waffe an seinen Kopf.
«Los!»
Er kniff die Augen zusammen.
«LOS!»
Sein Finger schloss sich um den Abzug.
«NEIN!»
Laszlo stürzte herein, und sein Schrei kam eine Millisekunde bevor die Waffe des Priesters losging. Jill war kurz abgelenkt, sodass der Priester ihrem Willen entkommen konnte. Der Schuss dröhnte ohrenbetäubend in dem kleinen Raum, während die Kugel Pater Sullivans Kopf verfehlte und eine der Glasscheiben durchschlug. Einen Moment lang schien der Raum in ein Meer aus Farben getaucht, als bunte Scherben durch die Luft flogen.
Wütend wollte Jill nach Pater Sullivan greifen und warf sich über den riesigen Eichentisch. Der Priester ließ die Waffe fallen und wich entsetzt zurück. Er stolperte über den Rand des eingeschlagenen Fensters. Als er nach dem Rahmen griff, schnitt er sich die Finger an den gelben Splittern auf, und er taumelte hinaus in die kalte Morgenluft.
Ohne nachzudenken, schnappte sich Jill den Revolver vom Schreibtisch und fuhr herum, um den Mann zu töten, der sie um das gute Gefühl gebracht hatte, Pater Sullivans Tod zu spüren.
Sie richtete die Waffe auf Laszlos Kopf und drückte ab.
Laszlo stürzte sich auf sie. Er sah das Mündungsfeuer blitzen und spürte ein heißes Brennen, als die Kugel sein Ohr streifte. Dann lag Laszlo auf ihr.
Er packte Jill beim Handgelenk und schlug es an die Wand. Die Waffe fiel herunter, dann explodierte ihr Hass in Laszlos Hirn und drohte ihn von innen zu verbrennen.
Jills psychische Klauen krallten sich in ihn hinein, während ihre Daumen sich in seine Augen gruben. Er versuchte, ihre Finger wegzubiegen, doch die kreischenden Farben in seinem Kopf raubten ihm die letzte Kraft.
Die Fingernägel des Mädchens durchstachen Laszlos zusammengekniffene Lider, und er schrie so laut wie niemals zuvor. Es war ein scharfer, sengender Schmerz, als Jills Nägel immer tiefer in seine Augen schnitten, doch war das gar nichts gegen das quälende Blau und das unerträgliche Lila, mit dem sie sein Bewusstsein bombardierte.
Ihm blieb nur, ihr alles zurückzuschicken, und er drosch seinen ganzen Schmerz in Jill hinein, während sie ihre Nägel immer tiefer trieb. Beide schrien sie, sie teilten den mörderischen Schmerz Laszlos blutender Augen.
Seine körperliche Marter war ein Flüstern im Orkan, verglichen mit Jills psychischer Attacke. Er wollte loslassen, doch bedrängte er sie weiter. Er lenkte Jills Hass auf sie selbst zurück, denn er wusste, dass er sie nur mit Hilfe ihrer eigenen Kraft vernichten konnte.
Plötzlich spürte Laszlo, wie jemand ins Zimmer kam.
Darian.
Ein Farbenblitz – grell wie die Sonne – schlug in Jill ein, und sie brach besinnungslos zusammen. Mit ekelhaftem Schmatzen lösten sich Jills Daumen aus Laszlos Augenhöhlen, und Laszlo schrie vor Schmerz, da spürte er Darian an seiner Seite. Er wandte sich noch zu ihr um, doch er war zu schwach.
Er ließ los und stürzte wie Jill in einen tiefen Abgrund.
KAPITEL 56
Als Laszlo zu sich kam, konnte er die Augen nicht mehr öffnen. Er hob die Hände und ertastete einen dicken Verband. Nackte Angst ergriff ihn. Er versuchte, sich aufzusetzen, aber zwei kräftige Hände hielten ihn zurück. Darian. Plötzlich fiel ihm alles wieder ein.
«Wo ist Jill?»
«Alles erledigt.»
Laszlo atmete langsam aus. «Winter und Elijah?»
«Denen geht es gut», sagte Darian und rang mit den Tränen. «Schlaf … ich bin noch da, wenn du aufwachst.»
«Okay.» Schon schlief er fast wieder. «Okay …»
Als er aufwachte, hatte sich der Schmerz in seinen Augen etwas gelegt. Es war Nacht. Mit der Hand strich er über die weiche Decke. Vier andere waren im Zimmer, alle schliefen. Er konnte ihr Bewusstsein spüren, drei davon sehr deutlich, das vierte nur ganz schwach. Dann fühlte er noch etwas anderes – ein Nichts, eine Leere, wie ein schwarzes Loch im All. Er hörte, spürte, dass Darian aufwachte.
«Gab es Probleme?»
«Nein. Dietrich hat keine zwei Stunden gebraucht.» Bevor Laszlo die nächste Frage stellen konnte, sagte Darian: «Sie schläft noch. Sie weiß es noch nicht.»
«Ich werde es ihr sagen, wenn sie aufwacht.»
Es folgte ein Moment des Schweigens, dann sagte Darian: «Das ist gut.»
Ein Anflug von Verlegenheit und Trauer durchfuhr sie. Es roch nach Zartbitterschokolade. Laszlo streckte eine Hand aus, und Darian nahm sie.
«Was ist?», fragte er.
«Gerade
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