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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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heißlaufen ließ, bevor der kritische Punkt erreicht war. An diesem Problem hatte Grimes gerade gearbeitet, als er das Land verlassen musste.
    Glücklicherweise war ein totaler Blackout genau das, was er haben wollte. Grimes konzentrierte sich auf den blinkenden Cursor. Er war bereit. Er ging den ellenlangen Code durch, betete, dass er alle Fehler ausgemerzt hatte, prüfte noch ein letztes Mal die Subprogramme.
    «Scheiß drauf», flüsterte er. «Entweder es klappt oder nicht.»
    Er schob den Cursor auf SENDEN, als auf SpyGurls Computer plötzlich eine AOL Instant Message erschien. Er bekam einen solchen Schrecken, dass er die Maus losließ.
    Zeile 1273. Achte Stelle. Mach aus Null eine Eins.
    Grimes war klug genug, den Hinweis nicht in Frage zu stellen. Er ging zu Zeile 1273, und da war der Fehler – nicht zu übersehen.
    Heißen Dank, antwortete Grimes, doch sein alter Kumpel hatte sich schon ausgeloggt.
    Er wandte sich wieder seinem Computer zu und klickte SENDEN. Die erste Nummer wurde gewählt, dann hörte er ein rauschendes Echo seiner eigenen Stimme, die sagte, man habe ihn entführt. Er hielt die Luft an, während er sah, wie sein hübscher, kleiner Virus hochlud. Als das Handy die siebenundneunzig Nummern im Adressbuch anrief, seufzte Grimes erleichtert.
    «Woher wusste der Typ, wie er dir eine Instant Message auf meinen Computer schicken kann?», fragte SpyGurl. «Und woher kannte er das Passwort?»
    «Sagen wir einfach: Mein Freund Caine kann so ziemlich alles.»
    «Wer ist Caine?»
    «Du würdest es mir nicht glauben, wenn ich es dir erzähle.»
    Ausnahmsweise stellte SpyGurl keine weiteren Fragen. Schweigend saßen sie da und sahen auf dem Bildschirm, dass sich der Virus wie ein Buschfeuer ausbreitete.

KAPITEL 22
31. DEZEMBER 2007 – 23:51 UHR (9 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Elijah versuchte, Winter zu folgen, doch das grellgrüne Entsetzen zwang seinen Willen nieder.
    Das schaffst du nicht. So viele Leute. Sie bedrängen dich. Sie zerquetschen dich.
    Elijah schnappte nach Luft.
    Alle Gedanken, alle Gefühle dieser Menschen lärmen in deinem Kopf. Die Kette wird dich nicht retten. Nicht hier. Nicht jetzt. Die Dämme werden brechen und alles wird auf dich einstürzen.
    Das Blut pochte in seinen Ohren.
    Die Irrenanstalt war gar nichts gegen das, was dich in der Menge erwartet. Alles voller Menschen. Diesmal gibt es kein Entrinnen. Niemand wird dich retten.
    Die Menge schloss sich um ihn und drängte ihn ab.
    Eine Million Menschen. Wohin das Auge blickt. Billionen pulsierender Farben.
    Plötzlich sah Elijah das grelle Leuchten eines Mannes, der reglos auf der Bühne stand. Jede nur erdenkliche Farbe leuchtete aus ihm. Das konnte nur einer sein. Valentinus.
    «Winter! Halt! Warte!», schrie Elijah in Panik.
    Winter lief weiter. Er versuchte, ihr zu folgen, aber da waren einfach zu viele Leute.
    Ihre Emotionen sind dein Tod. Um Mitternacht, wenn die Hölle losbricht, sind sie dein Tod.
    Mit aller Kraft riss er den Arm hoch, löste ihn aus der Menge.
    Ihr werdet sterben.
    Mit dem Ellbogen traf er jemanden am Kopf. Dann stieß er mit dem Gesicht gegen die Schulter eines Mannes, der einen ganzen Kopf größer war als er. Elijah fasste dem Mann an den Hals. Sofort sah Elijah seine Farben, und er hielt sich fest.
    Nicht ohnmächtig werden. Du wirst hinfallen, und sie trampeln dich tot.
    «Halten Sie die Frau fest!», schrie Elijah über das Tosen der Menge hinweg.
    Urplötzlich von unbändigem Verlangen erfüllt, streckte der Mann seinen Arm aus und berührte Winter am Kopf. Als die Verbindung hergestellt war, wurde Elijah von gleißendem Glücksgefühl ergriffen, einer Liebe, die reiner Euphorie näher war als alles, was er je empfunden hatte.
    Elijah wusste, wenn er in diesem Moment sein inneres Auge auf Valentinus richtete, hätte er jegliche Kontrolle über sich verloren. Doch alles hätte er dafür gegeben, sich ewig so zu fühlen. Er konzentrierte sich auf Winter und spürte, wie ihr Geist sich Valentinus zuwandte. Dann traf ihn ein dunkelroter Blitz. Brennender Hass.
    Elijah riss seine Hand zurück und unterbrach die Verbindung. Der Mann schrie vor Schmerz und hielt sich den Kopf. Tränen liefen ihm über die Wangen, und er verzog das Gesicht. Dann stolperte er und stürzte, fiel rückwärts hin. Verzweifelt suchte er Halt.
    Noch im Fallen griff er nach Elijahs Hand. Grelle Blitze von Trauer, Kummer, Elend und Entsetzen durchzuckten ihn. Und dann stürzte auch Elijah, und die

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