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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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…», sagte Pater Sullivan, sah Pater McKinney in die Augen. «Warum?»
    «Ich weiß nicht, wie …» Pater McKinney zitterte. «Ich habe Euch beobachtet … ich habe gesehen, wie Ihr das Mädchen geschlagen habt … und plötzlich kam so ein ungeheurer Zorn über mich. Es … es … es tut mir leid.»
    «Es war nicht Eure Schuld, John», sagte Pater Sullivan mit einem Blick auf das Ungeheuer. «Helft mir auf.»
    Pater McKinney zog Pater Sullivan so schnell auf die Beine, dass dem Älteren kurz schwindlig wurde. Finsteren Blickes betrachtete er das Ungeheuer, das sich in diesem Mädchen verbarg.
    «Dein wahres Ich zu zeigen, war ein Fehler.» Dann sagte er, zu Pater McKinney gewandt: «Für heute Abend soll es genug sein.»
    Als McKinney Pater Sullivan zur Tür half, schrie das Ungeheuer auf.
    «Pater, es tut mir leid! Ich wollte nicht … bitte, lasst mich nicht allein! Lasst mich n- …»
    Pater Sullivan schloss die schwere Tür, was die Schreie des Ungeheuers dämpfte. Er taumelte den Gang entlang, hielt sich die schmerzende Nase. Das Biest stieß ein grauenvolles Heulen aus. Pater McKinney blieb jäh stehen, doch Pater Sullivan ging weiter.
    Er wandte sich nicht um.

KAPITEL 8
     
     
    Vom ersten Moment an, als sie das Lehrerzimmer betrat, fühlte sich Laszlo zu ihr hingezogen. Ihre schokoladenbraune Haut schien zu schimmern, und das Licht flirrte förmlich auf ihren klaren Gesichtszügen. Und wie sie ging – kraftvoll, stolz und aufrecht, als gehörte ihr der Raum mit allem, was darin war.
    Als sie zwischen zwei abgewetzten, alten Sofas hindurchmanövrierte, folgten ihr fast alle Blicke. Sie war die Art Frau, die Männer begehrten und Frauen hassten. Und sie kam direkt auf ihn zu.
    «Laszlo Kuehl?», fragte sie.
    «Wie er leibt und lebt.»
    «Darf ich mich zu Ihnen gesellen?»
    Laszlo deutete auf den leeren Stuhl gegenüber. «Bitte.»
    Anmutig machte es sich die Frau auf dem harten Plastik bequem. Die Gespräche im Raum versiegten, und das gesamte Kollegium spitzte nicht eben unauffällig die Ohren.
    «Mein Name ist Darian Washington», sagte sie und reichte ihm die Hand. Laszlo ergriff sie. Ihre Haut war warm und weich. Sie drückte kurz zu, dann zog sie ihre Hand zurück. Es überraschte ihn, wie enttäuscht er war, als sie losließ.
    «Ich komme vom Bildungsministerium. Wir stellen landesweite Untersuchungen zur Begabtenförderung an, und ich möchte Sie fragen, ob ich unter Umständen bei Ihrem Unterricht dabei sein dürfte.»
    «Was genau untersuchen Sie?»
    «Lehrmethoden, Unterrichtsdynamik, Schülerleistung … und dergleichen.»
    «Wieso habe ich das Gefühl, dass Sie sich vor allem für ‹und dergleichen› interessieren?»
    «Weil Sie ein besonders einfühlsamer Mensch sind.»
    «Sie wollen mir vermutlich nicht anvertrauen, worum es bei ‹und dergleichen› geht, oder?»
    Darian lächelte, und Laszlo blickte tief in ihre braunen Augen. Etwas Katzenhaftes lag darin. Übermütig und doch konzentriert.
    «Lassen Sie mich bei Ihrem Unterricht dabei sein, und wir reden später beim Essen darüber», sagte sie.
    «Sie bezahlen?»
    «Noch besser: der Staat New York.»
    «Diese Steuerzahler muss man einfach gernhaben.»
    «Ausgezeichnet.» Darian erhob sich geschmeidig und schob ihren Stuhl zurück. «Dann sehen wir uns in der fünften Stunde.»
    Als sie draußen war, trat Bradford Pierce, der weißhaarige Mathematiklehrer, zu Laszlo.
    «Was hatte es denn damit auf sich?»
    «Ich bin mir nicht sicher», sagte Laszlo. «Aber ich freue mich schon darauf, es rauszufinden.»
     
    Wie üblich war Mr. Grimes als Letzter auf seinem Platz. Laszlo nickte Darian zu, die ganz entspannt hinten im Klassenraum stand.
    «Bevor wir anfangen, möchte ich Ihnen Miss Washington vorstellen. Sie wird heute zuhören, also geben Sie sich bitte Mühe, damit ich einen guten Eindruck hinterlasse.»
    Alle Schüler drehten sich um und musterten Darian. Die pubertierenden Jungen bestaunten Darians tadellose Figur im maßgeschneiderten, schwarzen Kostüm, während den Mädchen Argwohn und leise Bewunderung ins Gesicht geschrieben standen. Irgendwer stieß einen bewundernden Pfiff aus, und ein paar Jungs kicherten.
    «Mr. Grimes», sagte Laszlo. Er hatte den Übeltäter ausgemacht, ohne sich von Darian abzuwenden.
    «Was?», fragte Stevie Grimes und grinste wie ein Kater, der eben einen Wellensittich gefressen hatte.
    «Ein kleiner Rat», sagte Laszlo. «Legen Sie das Pokerspiel weg. Und wenn jetzt alle Miss Washington ausgiebig

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