Gnosis
Nicht du wolltest mir Böses, nur der Dämon in dir.»
Sie blickte zu ihm auf, und Tränen liefen über ihre weichen, weißen Wangen.
«Wie kriege ich ihn … es … aus mir raus?»
«Gottvertrauen», sagte Pater Sullivan. «Und Gebete.»
«Warum ich, Pater?»
«Ich weiß es nicht», sagte Pater Sullivan und schüttelte den Kopf. «Aber die Bibel lehrt uns, dass Gott einen Plan verfolgt. Alles geschieht aus einem bestimmten Grund.» Pater Sullivan wartete. «Vergiss nicht: Die Schlacht gegen den Satan ist so alt wie die Welt. Es ist nicht nur dein Kampf. Es ist unser aller Kampf – der Kampf der Menschheit. Aber ich glaube, du kannst diesen Dämon vertreiben – wenn du es denn willst.»
«Das will ich, Pater!», stieß Jill hervor. «Mehr als alles andere auf der Welt!»
Pater Sullivan nickte, dann schlug er seine Bibel bei den Ephesern, Kapitel 6, auf.
«Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld behalten könnt. Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen.»
«Verstehst du, was das bedeutet?»
«Dass nur Gott allein mir helfen kann. Gott … und Gottvertrauen.»
«Das stimmt, Jill. Glaub an Ihn, und Er wird an dich glauben.»
Während der folgenden drei Stunden beteten die beiden kniend auf dem harten Steinfußboden. Wobei Pater Sullivan darauf achtete, dass er außer Reichweite blieb.
KAPITEL 10
«Bacon Cheeseburger, medium.»
«Für mich auch», sagte Laszlo und trank sein Bier aus, um mit Darian gleichzuziehen. «Und noch eine Runde.»
«Klar», sagte die Kellnerin und hetzte schon zum nächsten Tisch.
«Offenbar sind Sie keine Vegetarierin.»
«Sehe ich nicht aus wie ein Fleischfresser?», fragte Darian und zeigte ihre Zähne.
«Ehrlich gesagt: doch.»
Die Kellnerin kam mit zwei großen Gläsern Bier und ließ etwas davon auf den Tisch schwappen. Darian hob ihr Glas, nahm einen großen Schluck, dann leckte sie den Schaum von ihren Lippen. Als sie das Bierglas auf dem Tisch abgestellt hatte, holte sie ein Päckchen Zigaretten aus ihrer Handtasche. Sie steckte sich eine zwischen die Lippen und bot Laszlo die offene Packung an.
«Nein, danke», sagte er. «Ich versuch gerade, aufzuhören.»
«Jeder, wie er will.»
Darian riss ein Streichholz an und hielt die Zigarette in die Flamme. Dann nahm sie einen tiefen Zug. Fasziniert sah Laszlo ihr dabei zu. Als Naturwissenschaftler war er mit der chemischen Reaktion in ihrem Inneren wohlvertraut.
In Sekundenschnelle hatten die Lungen das Nikotin absorbiert, welches dann direkt ins Gehirn gelangte. Dort bewirkte es die Ausschüttung von Adrenalin (was Pulsfrequenz und Blutdruck erhöhte), Dopamin (was ihr ein Wohlgefühl bescherte) und Endorphinen (die ihre Schmerzrezeptoren blockierten). Er trank von seinem Bier und genoss das Rauchen indirekt.
Vor dreiundsiebzig Tagen hatte er seine letzte Zigarette geraucht, und kein Tag verging, an dem er nicht daran dachte. Dafür sorgte schon das Dopamin, das sich in seine Erinnerung eingegraben hatte.
«Also …», sagte Darian und tippte ihre Zigarette an den Aschenbecher. «Wie haben Sie Ihre Hochbegabten ausgewählt?»
Laszlo zog die Augenbrauen hoch. «Sie verschwenden keine Zeit, was?»
«Plaudern ist nicht so mein Fall.» Darian zuckte mit den Achseln. «Ich dachte, Ihnen geht es vielleicht genauso.»
«Ja, das stimmt auch», sagte Laszlo. «Ich dachte nur …»
«Okay. Lieblingsplatte: Horses von Patti Smith. Lieblingsbuch: Carrie von Stephen King. Lieblingsfilm: Alien. Ich interessiere mich nicht für Politik. Geboren und aufgewachsen in New Orleans. Jetzt Sie.»
«Okay», sagte Laszlo und blickte zur Decke. «Mal sehen … Lieblingsplatte: Quadrophenia von The Who. Lieblingsbuch: Wer die Nachtigall stört von Harper Lee. Lieblingsfilm … hm, das ist schwierig – Für eine Handvoll Dollar. Ein großartiger Clint Eastwood. Mitglied der Demokratischen Partei. Geboren und aufgewachsen in Brooklyn.»
«Sie sind also ein einzelgängerischer Idealist von unerschütterlichem Optimismus.»
«Und Sie sind eine einzelgängerische Schwarzseherin», erwiderte Laszlo, «von unerschütterlichem Pessimismus.»
«Sind wir nicht alle Einzelgänger?» Darian lächelte und nahm einen Schluck Bier. «Nachdem wir uns nun kennengelernt haben, kommen wir zur Sache: Für fünfzehn freie Plätze haben Sie mit mehr als zweihundert Schülern
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