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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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hinunterschlenderte. Im Fahrstuhl lehnte sich Darian lässig an die Wand, lächelte und winkte in die Kamera. Selbst noch in erschöpftem Zustand blieb Darian eine echte Nervensäge.
    Zinser hatte nichts dagegen. Eben weil Darian so arrogant war, unterschätzte sie die Organisation. Und das war gut so. Zinser wandte sich zu Dietrich um.
    «Was sagen Sie zu dieser Sache mit dem Priester?»
    «Sie hat die Wahrheit gesagt, als sie ihre Eindrücke geschildert hat. Mehr kann ich dazu nicht sagen.»
    «Dann lassen Sie sich etwas einfallen!»
    «Es gibt keine Daten. Es könnte alle möglichen Gründe dafür geben.»
    «Ich sagte: Lassen Sie sich etwas einfallen!», bellte Zinser.
    Auf der Suche nach Inspiration blickte Dietrich zur Decke hoch, dann wieder zu Zinser.
    «Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstere wäre, dass es an dem Mann selbst liegt. Der Priester könnte eine ungewöhnliche Hirnchemie aufweisen, die für Darian schwierig zu entziffern ist. Es könnte seine Ernährung sein. Vielleicht ist er krank oder nimmt irgendwelche Medikamente. Das lässt sich ohne eingehende medizinische Untersuchung unmöglich sagen.»
    «Und die zweite Möglichkeit?»
    «Es könnte mit dem Gebäude zu tun haben, das die Übermittlung von Hirnwellen verhindert. Vielleicht gibt es dort, wo die Kirche steht, Störungen im magnetischen Feld.»
    «Aber wenn das der Fall wäre, hätte Darian auch das Mädchen nicht deuten können.»
    Dietrich zuckte mit den Schultern. «Wer weiß? Wir verstehen ja kaum, wie ihr Verstand arbeitet. Es gibt einfach noch nicht genügend Informationen.»
    «Bitte, Doktor!», sagte Zinser. «Sagen Sie mir, was Sie vermuten! Stellen Sie sich vor … Sie hätten eine Pistole am Kopf.»
    Dietrich verzog den Mund, und einen Moment dachte Zinser schon, er müsste gleich weinen. Sie hatte ihn schon einige Male so weit gebracht, dass ihm die Tränen kamen. Beim letzten Mal hatte er um Urlaub gebeten, um mit einem alten Kollegen an einem Projekt zu arbeiten. Sie hatte den Urlaub nicht genehmigt, und er hatte mit Kündigung gedroht. Als sie ihm klarmachte, dass dieser Schritt nicht in Frage kam, war er zusammengebrochen.
    Seitdem schienen ihm ständig die Tränen zu kommen. Seine Arbeit litt darunter nicht, und deshalb nahm sie seine Launen und Wutanfälle hin. Lieber sollte er etwas Dampf ablassen, als irgendetwas Drastisches zu unternehmen. Sie hatte sein Psychoprofil gelesen, und Selbstmord war nicht ausgeschlossen.
    Zinser biss die Zähne zusammen und wartete. Sie wusste, dass Dietrich ihr eine Antwort geben würde. So war es immer. Und selbst wenn er nur eine Vermutung anstellte, wäre es doch eine verdammt gute. Schließlich seufzte er.
    «Ich glaube nicht, dass es am Makroumfeld liegt. Darian sprach von einer Nonne. Hätte die Störung etwas mit der Geographie zu tun, hätte sie auch die Empfindungen der Nonne nicht wahrnehmen können. Und da sie die Emotionen des Priesters weder in seinem Büro noch im Keller erfassen konnte, bezweifle ich, dass das Gebäude eine Rolle spielt. Also liegt es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit an dem Mann selbst.»
    «Sie meinen, an seiner Physiologie.»
    «Vermutlich.» Dietrich schwieg einen Augenblick. «Es sei denn, es läge tatsächlich an seinem Glauben.»
    «Das kann nicht Ihr Ernst sein», sagte Zinser. «Sie meinen, Gott hätte ihn beschützt?»
    «Natürlich nicht», sagte Dietrich leicht gekränkt. «Aber wenn der Priester das geglaubt hat, könnte es ihm geholfen haben, Jill abzuwehren.»
    «Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden», sagte Zinser. «Es wird Zeit, Pater Sullivan einen Besuch abzustatten.»
    «Wollen Sie Darian noch einmal schicken?»
    «Nein», sagte Zinser. «Dafür brauchen wir sie nicht.»
    «Und wenn sich Pater Sullivan nun weigert, an unseren Tests teilzunehmen?»
    «Das wird er nicht.»
    «Aber … aber er ist ein Priester», sagte Dietrich.
    Zinser zuckte mit den Achseln. «Nicht meiner.»
     
    Pater Sullivan schreckte hoch, und grelles Licht blendete ihn. Er drehte den Kopf und versuchte, sich zu erinnern, wo er sich befand. Seine nackten Arme waren abgespreizt, als wäre er an ein Kreuz genagelt. Beide Arme steckten in Lederriemen. Auch seine Beine waren nackt und gefesselt. Ähnliche Riemen lagen um Knöchel, Hals und Taille.
    Aus dem Augenwinkel sah er eine weiße Gestalt – einen Mann im Arztkittel, der etwas auf ein Klemmbrett schrieb. Hin und wieder hielt der Arzt inne und betrachtete die piependen Monitore. Er sah Pater Sullivan

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