Go vegan!: Warum wir ohne tierische Produkte glücklicher und besser leben (German Edition)
den Menschen Alternativen auf. Das hat auch bei mir selbst gewirkt.
Eine Szene ist mir stark in Erinnerung geblieben. Das war in Los Angeles und ich habe noch Fleisch gegessen. Die Vorstellung, vegan zu leben, war zu der Zeit noch etwas sehr Exotisches für mich. Damals hat mich ein junger Mann angesprochen, als ich gerade in einen Biosupermarkt gehen wollte. Er sagte zu mir: »Du bist jetzt schon sehr schön, aber wenn du dich vegetarisch ernähren würdest, dann wärst du noch viel schöner. « Er hat damals nicht nur meine äußere Erscheinung gemeint. Es war eher spirituell, also auf die innere Schönheit bezogen. Dieser Satz hat mich nachhaltig beeindruckt.
Ariane Sommer, Jahrgang 1977, war schon vieles: It-Girl, Moderatorin, Schauspielerin und Model. Mittlerweile lebt sie in Los Angeles und arbeitet als VIP-Reporterin und Autorin. Sie schreibt unter anderem für Gala, emotion und Die Welt .
Der Gaumenkrieger
D ie Rouladen meiner Mutter habe ich immer sehr gerne gegessen. Schön mit Klößen und Rotkraut und dunkler Soße; die waren unvergleichlich gut. Diesen Geschmack mag ich heute noch.
Als ich mit 15 Jahren beschloss, vegan zu werden, wusste meine Mutter nicht mehr, was sie für mich kochen sollte. Deshalb habe ich begonnen, selbst zu kochen.
Ich entdeckte, dass es in Polen und Tschechien sogenanntes texturiertes Sojaeiweiß in den verschiedensten Formen, Farben und Qualitäten im Supermarkt zu kaufen gab, Granulat für Bolognese, Würfel, Geschnetzeltes, Medaillons, Sojamilchpulver für den Kaffee. Das war gigantisch. Fleisch war damals im Ostblock einfach zu teuer. Mit diesem Sojaeiweiß hab ich schon früh experimentiert. Meine Mutter gab mir Tipps aus der klassischen gutbürgerlichen Küche, wie sich das Sojagranulat am besten würzen ließ.
Eines Abends habe ich meine Freunde zum Essen eingeladen und mit Mutters Hilfe ein veganes Gulasch zubereitet. Verraten hab ich das niemandem und meine Freunde hätten schwören können, dass sie gerade Fleisch gegessen hatten. Das war ein Aha-Erlebnis für mich. Damals habe ich verstanden: Es geht den Menschen gar nicht um das Fleisch an sich, sondern um die richtige Konsistenz und den guten Geschmack. Stimmen diese, dann vermisst niemand das Fleisch.
Etwa 1997 habe ich Frank Albrecht kennengelernt, einen Tierrechtler der ersten Stunde. Mit ihm war ich damals viel unterwegs. Wir haben zusammen Tierrechtsdemos veranstaltet und gegen die Eröffnung einer McDonald’s-Filiale in Senftenberg demonstriert. Wenn die Leute heute behaupten, die vegane Szene sei extrem, dann kann ich nur sagen, dass sich seit damals viel verändert hat. Die Veganer sind im Schnitt älter geworden und der Veganismus ist heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wir waren damals noch jung und wollten etwas bewirken. Du fängst an, dich mit dieser Thematik zu beschäftigen, du bekommst immer mehr Infos, du beginnst zu begreifen, was dein Konsum anrichtet, was du den Tieren und auch den Menschen antust. Und je mehr du das alles verstehst, umso frustrierter bist du, dass all die anderen Menschen sich nicht dafür interessieren. Wenn du dann auch noch ständig von den Menschen in deinem Umfeld angefeindet wirst, kann es schon mal vorkommen, dass du aggressiv reagierst.
Früher war die vegane Szene so klein, dass man sich kannte. Daran hat sich zehn Jahre lang nur sehr wenig geändert. Die Medien haben so gut wie nie über das Thema berichtet und wenn doch, dann in einem meist negativen oder abwertenden Sinne. Damals hatten wir das Gefühl, dass bei diesem Thema einfach nichts vorangeht. Deshalb war es für uns absolut legitim, Sabotageakte bei Schlachthäusern zu verüben oder Jägerstände zu zerstören. Wir hatten einfach das Gefühl, auf uns und unsere Wahrheit aufmerksam machen zu müssen.
Heute ist der Veganismus – wie gesagt – in der Gesellschaft verankert. Natürlich muss ich dazu anmerken, dass ich in Berlin lebe. Aber wenn der Veganismus in Berlin angekommen ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis er auch in kleineren Städten Fuß fassen wird. Heute wären die radikalen Aktionen von damals kontraproduktiv. Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir die Menschen an die Hand nehmen müssen, um ihnen zu zeigen, dass ein veganes Leben gar nicht so schwer ist. Mehr noch: wie vielfältig und wohlschmeckend die vegane Küche ist und dass man beim veganen Essen nicht auf den Genuss verzichten muss. Deshalb schreibe ich Kochbücher und habe schon
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