Go West - Reise duch die USA
dem Staunen nicht mehr heraus. Es war der absolute Luxus. Und wir gehörten für vierundzwanzig Stunden dazu. Unsichtbare Helfer hatten unsere Taschen bereits aufs Zimmer gebracht, und ein riesiger Blumenstrauß, eine Flasche Sekt und Obst standen bereit.
Eine nach der anderen duschten wir ausgiebig und machten uns zurecht. Schließlich standen wir im Zimmer und musterten uns gegenseitig.
»Geht doch, oder?«, fragte Liz und drehte sich posierend nach allen Seiten.
»Americas next Topmodel!«, antwortete Sandy grinsend. Unsere Klamotten waren zwar nicht von Lagerfeld, aber man würde uns schon nicht rausschmeißen. Als wir wieder ins Erdgeschoss fahren wollten, erwartete uns die nächste Überraschung.
» Good afternoon, Ladies «, begrüßte uns ein gut aussehender junger Mann, der eine Art Pagenuniform trug. »Mein Name ist Serge. Darf ich Ihnen einen Kaffee oder einen Tee anbieten und Ihnen zeigen, wo ich das Frühstück serviere?«
Wir guckten wohl ziemlich dumm aus der Wäsche, aber Serge ließ sich nichts anmerken. Er führte uns den Gang entlang zu einem Vorraum, in dem ein kleines Buffet aufgebaut war, auf dem Sherry, Portwein, Kaffee, Tee, Obst und Getränke standen. Serge öffnete eine der zu einer riesigen Terrasse führenden Glastüren und geleitete uns zu einem Tisch, von dem aus man einen fantastischen Blick auf das Hinterland und seitlich zum Meer hin hatte.
»Ich glaube es nicht …«, flüsterte Sandy mir zu. Serge bediente uns mit Tee und Gebäck und teilte uns mit, dass er unser persönlicher Butler sei und wir ihm jeden Wunsch mitteilen könnten. Er wies uns noch darauf hin, dass er uns hier auf der Terrasse am nächsten Morgen das Frühstück servieren würde, dann zog er sich in den Vorraum zurück und ließ uns allein.
»Das ist ein Traum«, murmelte Liz und breitete die Arme aus.
»Tausendundeine Nacht!«, fügte ich hinzu. »Goldene Wasserhähne, ein Butler, eine Terrasse nur für uns … fehlt nur noch ein Prinz!«
»Nein, drei!«, sagte Sandy lachend. Das Gefühl war unbeschreiblich. Wir schienen die einzigen Gäste zu sein, jedenfalls befand sich niemand außer uns hier draußen. Wir genossen es, kosteten es aus und wünschten, die Zeit möge anhalten, damit dieses Erlebnis nie aufhörte. Von Zeit zu Zeit kam Serge heraus und schaute nach uns. Dieser Nachmittag auf der Terrasse des Breakers ist auch einer der Momente, die ich in meiner Schatztruhe aufbewahre.
Auf dem Empfang am Abend kamen wir uns vor wie drei Außerirdische auf einem fremden Planeten. Es gab Champagner, Austern, Kaviar, allerlei Häppchen mit undefinierbarem Belag und Torten, die ausschließlich aus Zucker zu bestehen schienen. Man fragte uns zwar nicht, ob wir schon einundzwanzig wären, aber ich hielt mich trotzdem an Orangensaft. Heidi stellte uns diversen Menschen vor, deren Gesamteinkommen das Bruttosozialprodukt der Niederlande übertroffen haben dürfte. Da gab es einen Ölmagnaten griechischer Abstammung, der mit dröhnender Stimme seine Wichtigkeit betonte, eine alternde Schauspielerin, die von Filmen erzählte, die niemand kannte, und einen ordenbehängten General nahe der neunzig, der nicht aufhörte, die paar Brocken Deutsch, die er noch wusste, pausenlos zu wiederholen.
Wir waren so etwas wie die Attraktion des Abends, zwei Schülerinnen und eine Studentin, die in einer alten Karre auf Tour waren, und das ohne Breitlinguhr am Arm oder Armanibrille auf der Nase. Nach zwei Stunden hielten wir es nicht mehr aus und verabschiedeten uns artig.
»Puh«, machte Liz und wischte sich gespielt die Stirn ab. »Dieser geifernde Grieche hat mich dauernd mit den Augen ausgezogen.«
»Nicht nur dich«, sagte ich.
»Schade, kein Prinz dabei«, grummelte Sandy.
»Vielleicht sind sie alle am Strand?«
»Um die Uhrzeit?«
»Noch nie von Meerjungmännern gehört?«, fragte Liz neckisch und zog uns mit sich durch die Ausgangstür.
Das Hotel liegt direkt am Meer, und seine Lichter spiegelten sich glitzernd auf dem Wasser. Der Strand ist hier nicht sehr breit, zieht sich aber scheinbar endlos hin. Wir nahmen die Schuhe in die Hand und wanderten in den auslaufenden Wellen ein Stück in die Dunkelheit. Nach einer Weile drehte ich mich um und sah, wie sich die märchenhafte Silhouette des Breakers vom Nachthimmel abzeichnete. Ich blieb ein paar Sekunden lang stehen und nahm das Bild in mich auf. Eigentlich bin ich ja mehr für eine kleine Strandhütte mit Palmendach, aber ein Schloss am Meer ist auch nicht
Weitere Kostenlose Bücher