Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
er. Lass mich einfach in die Arme des Meeres fallen und nie mehr erwachen.
    Stumm nahm er Abschied. Auf Wiedersehen, Telamon, tut mir leid, dass wir uns nicht mehr begegnen, so wie wir es geplant haben. Ich hätte dir so viel zu erzählen. Auf Wiedersehen, Ziegen. Tut mir leid, dass ich eine von euch nicht vor den Krähen schützen konnte. Ihr, die ihr überlebt habt, bleibt in der Wildnis und lasst euch nicht von Neleos fangen.
    »Tut mir leid, Scram«, murmelte er mit brennenden Augen und bekam plötzlich keine Luft mehr. »Tut mir leid, dass ich deinen Tod nicht rächen konnte.« Er atmete tief ein. »Issi, ich …«
    Der Name seiner Schwester wirkte wie ein eiskalter Wasserguss. Wenn er sich aufgab, war Issi ebenfalls verloren. Er war ihr großer Bruder und musste sie beschützen.
    Denn das hatte ihm seine Mutter aufgetragen – es war seine einzige Erinnerung an sie –, diese Bitte. Er lag in ein Bärenfell gekuschelt unter dem Sternenhimmel, Issi eng an ihn geschmiegt. Im Dunkeln hatte er das Gesicht seiner Mutter nicht erkennen können, aber er hatte ihre warme Hand auf seiner Wange gespürt und ihr langes Haar hatte ihn an der Nase gekitzelt. Dicht über ihn gebeugt, hatte sie geflüstert: »Was auch geschieht, beschütze deine Schwester …«
    Wenn er aufgab, war das nicht nur Issis Untergang, er entehrte dadurch auch das Andenken an seine Mutter. Etwas in seinem Innersten, ein harter, entschlossener, starker Kern, konnte das einfach nicht zulassen.
    Müde hievte er sich hoch, drosch wütend mit der Faust auf die Planke und paddelte weiter.
    Die Sterne funkelten. Der Bronzedolch schimmerte, schien ihn ermutigen zu wollen.
    Dann sah Hylas es plötzlich. Nicht weit entfernt glitt eine Rückenflosse durchs Wasser. Nun musste er sterben, obwohl er gerade beschlossen hatte, zu leben.
    Hylas zog die Beine auf die Planke und hörte kleine Wellen dagegenschwappen. Die Flosse ragte vor ihm aus dem Wasser und zog dann lässig einen weiten Kreis um ihn.
    Der Kopf des Hais hob sich für einen Moment aus dem Wasser und tauchte wieder ab. Mit einem Mal änderte die Flosse jedoch die Richtung und steuerte frontal auf die Planke zu.
    Hylas starrte auf seinen Feind, der jetzt abermals den Kopf aus dem Wasser hob. Sein Kiefer war weit aufgerissen, die spitzen Zahnreihen nach innen gebogen. Das schwarze Auge der Bestie bohrte sich in seines. Hylas riss den Dolch hoch, stieß zu und berührte dabei mit der Faust die körnige Granithaut des Ungeheuers. Dann drehte der Hai ab.
    Wieder umkreiste die Flosse ihn, doch kurz darauf war sie verschwunden. Hylas kauerte sich zusammen und sah sich suchend um.
    Diesmal schoss der Hai hinter ihm empor. Hylas holte weit aus, stach ins Leere und wäre beinahe von der Planke gerutscht. Der Hai entfernte sich ein Stück und umrundete seine Beute lauernd.
    Hylas wusste, was das bedeutete. Daheim in den Bergen verhielten sich Wölfe auf der Jagd ganz ähnlich. Der Hai prüfte, wie stark seine Beute war, und würde die Angriffe so lange wiederholen, bis Hylas zu schwach war, um sich zu wehren. Erst dann würde der Hai zuschlagen und ihn töten. Vermutlich stand der Bestie keine lange Geduldsprobe bevor.
    Plötzlich spürte Hylas etwas Glitschiges am Schenkel und schrie erschrocken auf.
    Doch es war bloß die auf den Wellen treibende Strähne des Keftiu. Er schleuderte sie mit der Klingenspitze von sich, und sie blieb wie eine Schlange auf dem schwarzen Wasser liegen.
    Er spähte angestrengt aus, konnte den Hai aber nirgends entdecken. Ein schimmernder Mondscheinstreifen lag wie ein Pfad aus flüssigem Silber auf den Wellen.
    Eine schwarze Flosse durchschnitt den Silberpfad, wendete und hielt auf die Planke zu. Stöhnend brachte Hylas seine Beine in Sicherheit.
    Weit entfernt leuchtete es seltsam blau.
    Der Hai kam stetig näher.
    Das Leuchten wurde heller, während es auf ihn zuraste, und Hylas’ Blick flog zwischen dem Hai und diesem Leuchten hin und her.
    Das Meer ringsum glühte mit einem Mal wie kaltes, blaues Feuer, während das Unbekannte pfeilgleich auf dem silbernen Mondscheinpfad heranschnellte. Hylas erkannte die schimmernde Rundung eines mächtigen Rückens – erst einen, dann einen zweiten und dritten. Sie schwammen auf ihn zu und durchpflügten die Wellen in einträchtigen Sprüngen.
    Eines der Geschöpfe löste sich mit einem gewaltigen Satz aus dem Wasser, ein riesenhafter Fisch aus nichts als reinem, blauen Licht. Er drehte sich zu Hylas um und tauchte in einer leuchtenden

Weitere Kostenlose Bücher