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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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vernarbten Nase – vielleicht der große Bruder – flitzte vorbei. Er hatte mit der Nasenspitze Seegras aufgeschaufelt und schleuderte es seiner Mutter zu. Sie fing das Büschel geschickt mit der Flosse und warf es über den Kopf des Jungtieres hinweg zu ihm zurück. Nachdem sie sich eine Weile damit vergnügt hatten, ließ der Narbennasige den kleinen Delfin das Seegras fangen. Jetzt war sich Hylas sicher: das musste der ältere Bruder sein. Als Issi noch klein gewesen war, hatte er sie auch manchmal gewinnen lassen, bis sie eines Tages dahinterkam und wütend wurde.
    Inzwischen war das Spiel der Delfine erschreckend wild geworden. Ihre schrillen Schreie und ihr starres Lächeln wirkten beinahe zornig. Hylas nahm allen Mut zusammen und versuchte, aus dem Kreis zu paddeln. Die Reaktion war beängstigend. Die Delfine schlossen ihren Ring noch dichter um ihn und schlugen mit den Schwanzflossen auf die Wellen. Das laute Klatschen beunruhigte ihn und sein Herz pochte. Warum waren sie aufgebracht? Was wollten sie von ihm?
    Endlich hörten sie damit auf, bildeten jedoch einen stetig enger werdenden Kreis um ihn, schnappten geräuschvoll mit den Kiefern und tauchten so nahe heran, dass er die Beine aus dem Wasser zog. Sie hatten ihn zwar vor dem Hai gerettet, wollten ihn aber offenbar nicht gehen lassen.
    Allmählich wurde Hylas vom Zusehen schwindlig, und er legte sich mit angewinkelten Beinen auf die Planke. Die Kräfte der Delfine, die unermüdlich ihre Kreise zogen, waren schier unerschöpflich …

    Als Hylas kurz vor Morgengrauen erwachte, waren die Delfine verschwunden.
    Er vermisste sie. Obwohl sie ihm Angst eingejagt hatten, fühlte er sich ohne den Schwarm einsam.
    Aber zum Glück hatte er sich unbemerkt dem Land genähert und konnte bereits Klippen und die Schaumköpfe der Brandungswellen erkennen. Trotzdem war er noch hoffnungslos weit entfernt und zu erschöpft, um bis zur Küste hinüberzupaddeln.
    Unter ihm wölbte sich plötzlich ein bleicher, grüner Rücken, durchbrach die Wellen und drehte sich dann mit einem gewaltigen Platscher auf den Bauch. Der Delfin streckte die vernarbte Nase aus dem Wasser und blickte ihn an.
    Hylas, der sich noch nie so sehr über den Anblick eines Lebewesens gefreut hatte, krächzte einen Gruß.
    Das Tier stieß einen schrillen Pfiff aus und tauchte ab.
    »Komm zurück, bitte! Schwimm nicht weg!«
    Der Delfin steckte den Kopf auf der anderen Seite der Planke aus dem Wasser, tauchte und war dann überraschend weit entfernt wieder zu sehen, wo er eifrig hin und her schwamm. Sein dunkelgrauer Rücken hellte sich zum Bauch hin auf. Bei den drei blassen Narben auf seiner Nase handelte es sich bestimmt um Bissspuren. Warum war der Delfin allein zurückgekommen? Wo waren die anderen geblieben?
    Dann steckte das Tier den Kopf unter Wasser, versetzte der Planke einen kräftigen Nasenschubser, und der überraschte Hylas stürzte kopfüber in die blaugrüne Unterwasserwelt.
    Während er zappelnd in die Tiefe sank, vernahm er geisterhafte Pfeiftöne und schnell aufeinanderfolgende, hohe Klicklaute, als wäre das Wasser lebendig. Im undurchdringlichen Blau glitt der Delfin heran, aus dem Blasloch stiegen silberne Luftbläschen auf. Obwohl das Tier kaum die Schwanzflosse bewegte, näherte es sich erstaunlich rasch. Je dichter es kam, desto lauter und schneller ertönten die Klicklaute.
    In panischer Angst trat Hylas Wasser, um aufzusteigen, aber der Delfin ließ ihn nicht entkommen, sondern wirbelte geschickt um den Jungen herum. Das rasche Klicken verschmolz zu einem schrillen, summenden Heulen und rief ein unangenehmes Prickeln auf Hylas’ Haut hervor. Er strampelte verzweifelt und traf dabei die feste Flanke des Delfins, der daraufhin verschwand. Prustend tauchte Hylas auf.
    Nur eine Armlänge entfernt nickte ihm der Delfin zu und gab ein quakendes Geräusch von sich, das verdächtig nach Gelächter klang.
    Schwer angeschlagen schwamm Hylas zur Planke zurück und krabbelte hinauf. »Was soll das?«, rief er. »Ich habe dir doch nichts getan!«
    Wieder war das quakende Lachen zu hören.
    »Ich habe überhaupt nichts gemacht!«
    Diesmal stieß der Delfin ein Pfeifen aus, das sonderbarerweise aus dem Blasloch ertönte.
    Wie sollte man ein Geschöpf verstehen, das nicht mal mit dem Mund redete?
    Der Delfin tauchte ab und schwamm auf ihn zu.
    Hylas wehrte ihn mit einem Schlag der flachen Klinge auf die Nase ab.
    Woraufhin sich der Delfin umdrehte und ihn mit einem lässigen Flossenschlag

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