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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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abermals ins Wasser beförderte.
    Prustend tauchte Hylas auf.
    Der Delfin nickte und klapperte mit dem Kiefer.
    Ärgerlich und bibbernd schwamm Hylas zur Planke zurück. »Das ist ganz und gar nicht lustig!«
    Der Delfin lächelte aufreizend. Er lächelte die ganze Zeit.
    Er hatte auch den Hai angelächelt, genau wie die anderen Delfine. Er lächelte einfach ständig.
    Plötzlich kam Hylas der Gedanke, dass das Tier womöglich gar nicht lächelte, sondern nur so aussah. Vielleicht war sein Mund einfach so geformt.
    Dann bedeutete dieses Geräusch, das wie ein Lachen klang, vielleicht auch etwas anders. Vielleicht war der Delfin wütend.
    Probeweise schlug Hylas mit der flachen Hand aufs Wasser und quietschte und klapperte mit dem Kiefer, um den Delfin nachzuahmen.
    Der Delfin wirkte überrascht. Er glitt an der Planke entlang und ließ mit einem mächtigen Schlag die Schwanzflosse aufs Wasser klatschen.
    Zum ersten Mal betrachtete Hylas das Tier eingehend und fand, dass die dunkelbraunen Augen klug und ein wenig verdutzt dreinblickten.
    »Tut mir leid«, sagte er.
    Der Delfin schwamm rastlos hin und her.
    Hylas überlegte. »Es tut mir leid, dass ich nach dir getreten habe«, erklärte er schließlich, »aber du hast mir Angst eingejagt. Was willst du?«
    Der Delfin kam heran. Hylas hätte sich gern vorgebeugt und seine Nase berührt, wagte es aber nicht.
    Das Maul des Tieres war geöffnet, er sah die stumpfe rosa Zunge mit dem sonderbar gekräuselten Rand. Die konisch geformten, weißen Zähne waren scharf, ein Biss würde ausreichen, um ihm die Hand abzutrennen.
    »Was möchtest du denn?«, wiederholte Hylas.
    Der Delfin glitt in die Wellen und war verschwunden.

A lles ging schief. Der Schwarm war zur Jagd aufgebrochen, aber der Delfin war nicht bei den anderen, denn er musste dem Jungen helfen – und der wehrte sich mit allen Mitteln. Warum bloß?
    Der Delfin sah ganz genau, wie er auf seinem winzigen Stück Stamm am Meeressaum dahintrieb und dabei diesen schrecklichen kleinen Stock in den Flossen hielt. Vor dem Stock hatte der Delfin Angst, er konnte hören, dass er noch schärfer war als Korallen. Trotzdem tat ihm der Junge leid.
    Wie alle Menschen war auch dieser Junge nicht für das Meer geschaffen. Sein Körper war platt wie der einer Flunder und auf seinem Kopf wuchs Seegras. Er hatte keine Flossen, sondern Beine wie eine Krabbe, allerdings bloß zwei. Im Unterschied zu Krabbenbeinen waren sie weich und leicht abzubeißen. Die Vorderflossen sahen noch schlimmer aus. Sie teilten sich am Ende in Wackelstäbchen, mit denen man kaum schwimmen konnte. Außerdem mochten Haie diese Stäbchen besonders gern.
    Der Gedanke an den Hai beunruhigte den Delfin. Er und der Schwarm hatten ihn ins Schwarze Unten gejagt und ihm dort so zugesetzt, dass er bestimmt nicht zurückkommen würde. Aber er war nicht der einzige Hai im Meer und der Junge eine leichte Beute.
    Irgendwie verstand der Junge nicht, dass der Delfin ihm helfen wollte. Als er es versucht hatte, war der Junge böse geworden und hatte ihn auf die Nase gehauen – und da war der Delfin ebenfalls böse geworden und sie hatten mit den Flossen auf die Wellen geschlagen und sich schlimme Dinge zugerufen.
    Enttäuscht war der Delfin vom Saum bis ins Blaue Tief getaucht und hatte nach Haien Ausschau gehalten. Er hatte aber keine entdeckt, und das war gut.
    Als er an den Saum zurückkehrte, rührte sich der Junge nicht mehr.
    Zuerst hatte der Delfin geglaubt, der Junge sei tot. Dann sah er die Beine zucken und begriff, dass er nur das tat, was Menschen machten, wenn sie innehielten. Es war beunruhigend, aber inzwischen wusste der Delfin, dass sie einfach nach Menschenart schliefen.
    Als er auftauchte, war der Junge aufgeschreckt und hatte ihm etwas in seiner komischen, plumpen Menschensprache zugerufen.
    Er spürte die Angst des Jungen durchs Wasser knistern und hörte sein winziges Menschenherz ängstlich pochen.
    Alles ging schief. Der Delfin hatte keine Ahnung, wie er dem Jungen die Angst nehmen sollte – und er fürchtete sich vor seinem Stock.

    Hylas vermisste den Delfin. Warum war er verschwunden? Was hatte er bloß verkehrt gemacht?
    Er konnte sich vor Hunger, Durst und Müdigkeit kaum noch auf der Planke halten, geschweige denn paddeln. Seine Lippen waren aufgesprungen, die Haut aufgedunsen und fahl, weil er sich schon so lange im Wasser befand. Der Wundschorf an seinem Arm hatte sich gelöst, die Verletzung pochte erneut. Es fiel ihm zusehends schwerer,

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