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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Rumpf, band ein Seil darum und warf das eine Ende zu ihr hinüber. Das war am schwierigsten, denn es gelang ihr nie, das Seil sofort zu erwischen. Und so musste sie hastig auf den Felsen herumkrabbeln, danach suchen und sich dabei beschimpfen lassen. Hatte sie das Seilende endlich gepackt, machte sich Hylas an den gefährlichen Übergang an Land, und daraufhin zogen sie das lose Holzstück mit vereinten Kräften vom Wrack zum Ufer herüber.
    Sie bargen auch drei Wachstafeln, die sie einschmelzen und zum Füllen undichter Stellen benutzen wollten, sowie vier Krüge, die, den Siegeln nach zu urteilen, Oliven enthielten.
    Am Abend waren sie zu erschöpft zum Streiten. Sie saßen benommen am Feuer und zupften Holzsplitter aus Armen und Beinen.
    Am darauffolgenden Tag schleppten sie alles zum Lager hinüber. Hylas beharrte darauf, das Floß an einer geschützten Stelle zusammenzubauen, damit man sie vom Meer aus nicht sehen konnte. Die Angst vor den Krähen verließ sie nie, immer wieder hielten sie Ausschau nach Schiffen am Horizont.
    Hylas wirkte grimmig entschlossen und unterbrach die Arbeit nur gelegentlich, um Fallen für Fische oder Vögel auszulegen. Woher sie das Trinkwasser holte, interessierte ihn anscheinend nicht mehr. Er nickte bloß, als sie die Grotte erwähnte, und überließ es Pirra, das Wasser zu holen.
    Besonders glücklich war sie darüber nicht, denn die Höhle jagte ihr Angst ein. Weiße Affodilbüschel, deren Stacheln länger als Pirras Beine waren, umwucherten den Eingang, und sie musste die Arme schützend vor die Brust legen und sich rückwärts in die feuchtkalte, gurgelnde Dunkelheit hineinzwängen. In der niedrigen Höhle schienen sie die massiven Steinwände schier zu Boden zu zwingen und sie konnte dort nur gebückt stehen. Ihr Stolz verbat es ihr jedoch, Hylas darum zu bitten, dass er Wasser holte. Das war das einzige Wissen, was sie ihm voraushatte.
    Trotzdem verstanden sie sich recht gut und Pirra fasste erneut Vertrauen. Vielleicht hatte sie Hylas zu Unrecht verdächtigt. Einmal warf er ihr ein Paar Sandalen zu, die er auf dem Wrack gefunden und für sie zurechtgeschnitten hatte. Er brachte ihr auch das Schwimmen bei, ließ sie in einen Gezeitentümpel springen und rief ihr Anweisungen zu, wie sie Arme und Beine bewegen sollte. Obwohl sie dabei so viel Salzwasser schluckte, dass ihr schlecht wurde, gelang es ihr nach einer Weile, sich über Wasser zu halten.
    In der vergangenen Nacht hatte Hylas einen Albtraum gehabt. Er hatte in seinem Unterschlupf um sich getreten und geschrien: »Issi! Scram! Scram, wo bist du?« Als sie ihn wach gerüttelt hatte, wirkte er längst nicht so unnahbar wie sonst. Auf ihre Frage, wer Issi sei, hatte er verwirrt blinzelnd erwidert, sie sei seine seit dem Angriff der Krähen verschwundene Schwester. Scram sei sein Hund gewesen, den sie getötet hatten. Pirra hatte Mitleid mit ihm gehabt, aber auch leisen Neid verspürt, weil er einen Hund besessen hatte. Sie war jedoch froh, dass er ihr von Issi erzählt hatte, und fragte sich fasziniert, wie es sein mochte, eine Schwester zu haben.
    Am dritten Tag bauten sie das Floß zusammen. Sie hatten neun Langhölzer, vier kürzere Planken und zwei klobige Hölzer geborgen, letztere gaben, laut Hylas, geeignete Rollen ab – was immer das bedeuten mochte. Zuerst legte er zwei Planken auf dem Boden aus, dann hievten sie gemeinsam die Langhölzer nebeneinander darauf. Die Langhölzer wurden fixiert, indem zwei weitere Planken quer darübergelegt und mit den beiden unten liegenden Planken fest verschnürt wurden.
    Das Zusammenbinden war schwierig. Sie mussten die Planken mit Steinen beschweren und sie dann so straff verschnüren, dass die Langhölzer dazwischen eingeklemmt wurden. Hylas musste zudem Kerben für das Seil schnitzen, das sonst verrutscht wäre. Auch mit dem Steuerruder kamen sie nicht zurecht, bis Pirra sich an das Bild einer ägyptischen Barke im Zimmer ihrer Mutter erinnerte und vorschlug, das Ruder an einem dreibeinigen Gerüst aus überkreuzten Stäben zu befestigen.

    Endlich war das Floß fertig.
    »Es sieht gut aus«, stellte Pirra stolz fest.
    »Müsste gehen«, sagte Hylas nur, der bereits die vorbereiteten, getrockneten Äschen einsammelte und die übrigen Vorräte auf dem Floß festband. Pirra fiel auf, dass er nur zwei der vier Krüge aus dem Wrack aufs Floß brachte. Die beiden anderen sowie den zweiten Trinkschlauch aus dem Frachtraum des Wracks ließ er an Land.
    Plötzlich begriff sie:

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